Freitag, Oktober 4

In Beirut kam es in der Nacht auf Freitag erneut zu besonders schweren israelischen Luftangriffen. Einige davon sollen dem designierten Hizbullah-Führer Hachem Saffiedine gegolten haben. Derweil verbreitet das iranische Regime martialische Töne.

In der Nacht auf Freitag hat erneut eine Reihe schwerer Explosionen die libanesische Hauptstadt Beirut erschüttert – wo das Grollen der israelischen Bomben, die jede Nacht auf den südlichen Vorort Dahiye fallen, inzwischen genauso zum furchteinflössenden Alltag gehört wie das Surren der stets präsenten Kampfdrohnen Israels. Die Explosionen liessen die Erde erzittern und lösten eine gewaltige, orange schimmernde Rauchwolke aus. Wie viele Opfer es dabei gab, ist unklar.

Laut Medienberichten und Gerüchten in den sozialen Netzwerken galt der Angriff Hachem Saffiedine – der offenbar demnächst die Nachfolge seines Cousins Hassan Nasrallah hätte antreten sollen. Der Hizbullah-Chef war vor knapp einer Woche bei einem gewaltigen Angriff der israelischen Luftwaffe auf einen Kommandobunker im Süden von Beirut getötet worden.

Israel Bombardement geht unvermindert weiter

Ob Saffiedine tatsächlich das Ziel war und überhaupt getroffen wurde, ist nicht klar. Laut der libanesischen Zeitung «L’Orient Le Jour» weiss offenbar nicht einmal der Hizbullah selbst, ob sein designierter Anführer überhaupt noch am Leben ist oder nicht. Wäre Saffiedine tot, dann hätte die Miliz innerhalb von weniger als einer Woche zum zweiten Mal ihren wichtigsten Kadermann verloren.

Derweil gehen die israelischen Bombardements mit unverminderter Heftigkeit weiter. Dahiye, die dicht bebaute, vom Hizbullah kontrollierte Vorstadt von Beirut, ist inzwischen praktisch jede Nacht Ziel heftiger Angriffe. Doch mittlerweile fallen die Bomben auch anderswo. So kam es sowohl im Sunniten-Viertel Cola als auch nahe dem Zentrum von Beirut zu Luftangriffen. Zudem bombardierten die Israeli den Grenzübergang zu Syrien, der zuletzt von Zehntausenden Flüchtlingen genutzt worden war – laut Israel wurde dieser vom Hizbullah genutzt, um iranische Waffen ins Land zu schmuggeln.

Auch Israels Bodenoffensive im Süden schreitet voran. Laut israelischen Angaben sollen dabei in den letzten zwei Tagen rund 250 Hizbullah-Kämpfer entweder aus der Luft oder am Boden getötet worden sein. Die Miliz schweigt bisher zu eigenen Verlusten, gab aber an, ihrerseits 17 israelische Soldaten getötet zu haben. Alle Angaben lassen sich nicht überprüfen. Israel hat bisher den Tod von neun eigenen Soldaten vermeldet. Am Freitag wurden zudem zwei israelische Soldaten bei einem Drohnenangriff einer irakischen Miliz auf den Golanhöhen getötet. 20 weitere Soldaten wurden verletzt.

«Der Hizbullah leistet wichtige Dienste»

Die libanesische Regierung in Beirut versucht derweil mit verzweifelten Appellen, die weitere Zerstörung ihres Landes zu verhindern, scheint jedoch machtlos. Weder der Hizbullah noch Israel scheinen derzeit an einem Ende der Kämpfe interessiert, auch wenn Libanons Aussenminister kürzlich in einem Interview mit CNN behauptete, Hizbullah-Chef Nasrallah habe kurz vor seinem Tod einem begrenzten Waffenstillstand zugestimmt. Aus anderen Quellen gibt es dafür bisher keine Bestätigung.

Eine Waffenruhe dürfte angesichts der zunehmenden Ausweitung des Konflikts derzeit kaum mehr zu erreichen sein. Stattdessen bereiten sich die Kriegsparteien offenbar auf einen langen Krieg vor. Israel hat nach dem iranischen Raketenangriff Vergeltung geschworen. Die Iraner wiederum sandten am Freitag ihren Aussenminister nach Beirut, der dort nochmals betonte, sein Land unterstütze einen koordinierten Waffenstillstand in Gaza und in Libanon.

In Teheran allerdings herrscht eine andere Rhetorik. Dort leitete der iranische Revolutionsführer Ali Khamenei zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder das Freitagsgebet. Dabei kündigte er mit dem Sturmgewehr in der Hand an, die von Iran angeführte «Achse des Widerstands», zu der auch der Hizbullah gehört, werde nicht aufgeben und am Ende gewinnen. Obwohl der Hizbullah gerade seine schwerste Krise erlebt, sagte Khamenei: «Indem er nicht nur Gaza, sondern auch die al-Aksa-Moschee verteidigt, leistet der Hizbullah einen wichtigen Dienst an der gesamten islamischen Welt.» Israel werde niemals siegen.

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