Samstag, April 19

Der chinesische Autohersteller BYD ist beim Bau von Akkus für Handys und Elektroautos führend. Mit einem neuen Akku will er die Konkurrenz in der E-Mobilität weit hinter sich lassen. Doch was kann die neue Batterie – und welche Voraussetzungen braucht es dafür?

Die Aussage sorgt für Staunen: Eine Antriebsbatterie für Elektroautos mit einer Reichweite von 500 Kilometern, die sich so schnell aufladen lässt, wie ein Benziner vollgetankt wird. Der chinesische E-Autobauer BYD will einen solchen Akku entwickelt und bis zur Marktreife gebracht haben. Doch für eine flächendeckende Einführung einer solchen Ladeleistung müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Die wichtigsten Antworten zum BYD-Wunder-Akku:

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1. Mit welcher Technik erreicht BYD die hohe Ladeleistung?

Der Hersteller stellte vor wenigen Wochen am Hauptsitz in Shenzhen eine neue Fahrzeugplattform namens Super E vor. Als Plattform gilt eine technische Basis wie in früheren Zeiten das Chassis. Heutzutage enthalten Plattformen das Fahrwerk, den Antriebsstrang und die wichtigsten Steuerelemente.

Die Super-E-Plattform ist mit den besonders schnell aufladbaren Batterien bestückt, dazu mit einem Elektromotor, der bis zu 30 000 Umdrehungen pro Minute schaffen soll, sowie neuen Siliziumkarbid-Hochleistungs-Chips, mit denen die elektronische Steuerung der Batterie-Aufladung schneller und präziser vonstattengeht. Die Siliziumkarbid-Chips sind derzeit aber noch deutlich teurer als herkömmliche Chips.

BYD spricht von einem flüssigkeitsgekühlten Megawatt-Ladesystem, verwendet jedoch eine vergleichsweise günstige Zellchemie aus Lithium-Eisenphosphat (LFP). Diese lässt normalerweise geringere Ladegeschwindigkeiten zu als eine Chemie aus Nickel-Mangan-Cobalt (NMC). Zwischen Anode und Kathode verfügt die LFP-Batteriezelle gemäss BYD über ultraschnelle Ionen-Kanäle, die den Widerstand innerhalb der Batterie um 50 Prozent reduzieren sollen.

Der Batterie-Experte Maximilian Fichtner, Leiter der Feststoffchemie am Helmholtz-Institut Ulm, erklärt, warum dies für hohe Ladegeschwindigkeiten wichtig ist: «Je geringer der Innenwiderstand einer Batterie ausfällt, desto weniger Wärme wird beim Beladen erzeugt, wenn der Akku von starken Strömen durchflossen wird.» Dazu sei es notwendig, die Pfade der Ladungsträger im Inneren der Elektrode zu optimieren.

«Dies geschieht üblicherweise durch konstruktive Massnahmen, um die Wege des Stroms kurz zu halten», sagt Fichtner. «Weiter kommen besonders angepasste dünne Schichten zum Einsatz, welche die Körner des Speichermaterials ummanteln und die wie eine Autobahn für Li-Ionen und den elektrischen Strom wirken. Dadurch können die Ladungen schneller ins Speichermaterial transportiert werden.»
Wie BYD die erwähnten Ionen-Kanäle in der Batterie herstellt, behält der Autobauer allerdings vorerst noch für sich.

Zur Unterstützung schneller Ladevorgänge arbeitet an Bord der BYD-Modelle ein Siliziumkarbid-Chip der nächsten Generation, der mit einer Spannung von bis zu 1500 Volt funktioniert. Das gab es bisher noch nicht in der Autoindustrie.

Mit der neuen Fahrzeugplattform soll ein maximaler Ladestrom von 1000 Kilowatt (1 MW) möglich werden, was im Idealfall Ladegeschwindigkeiten von bis zu zwei Kilometern Reichweite pro Sekunde ermöglichen soll. Damit wäre die BYD-Fahrzeugbasis das am schnellsten ladende E-Auto-System auf dem Markt für Grossserien-Stromer.

BYD verspricht 400 Kilometer Reichweite in nur fünf Minuten Ladezeit. Das Betanken eines Autos mit Verbrennungsmotor dauert inklusive Zahlungsvorgang etwa gleich lange. Damit wäre ein BYD schneller aufladbar als etwa ein Tesla an einer seiner Supercharger-Ladestationen.

Doch läuft BYD Gefahr, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Denn die vom Hersteller angegebenen Zahlen beziehen sich auf den chinesischen Verbrauchszyklus, der deutlich weniger anspruchsvoll als etwa der amerikanische EPA-Zyklus oder der in Europa übliche WLTP ist.

Ausserdem steht die volle Ladeleistung von bis zu 1000 kW laut BYD nur dann zur Verfügung, wenn gleichzeitig mit zwei Ladesteckern an den beiden Ports am Auto geladen wird. Mit einem Stecker sollen noch 800 kW möglich sein.

2. Wie betriebssicher ist die neue BYD-Batterie?

Noch ist nicht bekannt, wie sich der neue Wunder-Akku bei längerer Benutzung verhält. Bei hohen Ladeleistungen besteht zumindest ein Risiko, dass die Batteriekapazität und die Batterielebensdauer über längere Zeit abnehmen. Zudem können grosse Ladeleistungen zu Überhitzung des Akkus führen und Schaden verursachen.

3. Welche Fahrzeuge erhalten die neue Batterie?

BYD bringt auf Basis der Super-E-Plattform die Mittelklasse-Limousine Han L und das SUV Tang L auf den chinesischen Markt. Beide Modelle sind mit mehr als fünf Metern Länge grosszügig bemessen und in China zu Preisen ab 270 000 Yuan (31 300 Franken) erhältlich. Ob und wann die beiden Fahrzeuge auch in Europa an den Start gehen, ist noch nicht bekannt. Die Preise dürften jedoch aufgrund von Zöllen deutlich höher liegen.

4. Gibt es genügend Strom für solch hohe Ladeleistungen?

Die bestehenden Stromnetze sind für Ladeleistungen von einem Megawatt bis jetzt nicht geeignet. BYD plant zwar mehr als 4000 neue Ladestationen für besonders schnelles Aufladen der Batterie auf chinesischem Boden, dürfte jedoch auf eine eigene Stromversorgung setzen. Andere chinesische Autohersteller, die ebenfalls an hohen Ladeleistungen arbeiten, unter ihnen Xpeng, verlassen sich auf eigene Stromspeicher an den Ladestationen, um eine Unterversorgung in den Stromnetzen auszugleichen.

5. Wie schlägt sich die neue BYD-Batterie im Vergleich zur Konkurrenz?

Tesla braucht für 275 Kilometer 15 Minuten Ladezeit, der kommende Mercedes CLA soll in zehn Minuten 325 Kilometer Reichweite nachladen können.

Näher dran an den BYD-Werten ist die chinesische Konkurrenz von Li Auto, deren Akkus des Herstellers CATL im SUV C10 eine Ladezeit von zwölf Minuten für 500 Kilometer Reichweite schaffen sollen. Auch hier müssen jedoch noch die verschiedenen Ladezyklen bereinigt werden, um einen echten Vergleich unter den Herstellern heranziehen zu können.

6. Setzt die neue BYD-Batterie der Reichweitenangst ein Ende?

Der BYD-Chef Wang Chuanfu teilte bei der Vorstellung der neuen Fahrzeugplattform mit, dass die Sorge um die nächste Lademöglichkeit weiterhin ein Thema bleiben werde, selbst wenn sich die Elektroauto-Technologie weiterentwickelt. Die Kunden wollen insbesondere beim Nachladen nicht stundenlang warten oder – noch schlimmer – bei Ladestationen ankommen, die besetzt oder defekt sind.

Durch die sehr kurzen Ladezeiten könnten BYD und andere Hersteller mit ähnlicher Technologie die Reichweitenangst bei Elektroautos zumindest lindern und damit ein klassisches Argument gegen Elektroautos entkräften. Derzeit aber ist die neue Technologie nur für China geplant.

7. Werden andere vielversprechende Technologien wie Feststoffbatterien nun überflüssig?

Feststoffbatterien, die ohne flüssige Elektrolyte in den Zellen auskommen, gelten grundsätzlich als sicherer, da bei ihnen im Unterschied zu herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien keine Brandgefahr besteht. Feststoff-Akkus arbeiten zudem unter hohen Betriebstemperaturen sicherer, ein Auslaufen des Elektrolyts ist nicht möglich.

Der Nachteil der Feststoffbatterien besteht in den hohen Herstellungskosten, was eine Grossserien-Fertigung bisher verhinderte. Zudem sind solche Akkus bei tiefen Temperaturen deutlich weniger leistungsfähig und müssen stärker beheizt werden als herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien wie die neuen BYD-Akkus.

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