Sonntag, Januar 12

Richard Schäli ist erst 18-jährig, aber bereits ein gefragter Finanzberater. Jetzt lanciert er eine Konferenz mit globalen Koryphäen.

«Eigentlich bin ich ein ganz normaler Schüler», sagt Richard Schäli, der das Gymnasium in Zug besucht. «Ich führe ein gewöhnliches Leben: In der Schule dreht sich mein Alltag zum grossen Teil um Hausaufgaben und Prüfungen – wie bei allen anderen auch.»

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Allerdings: Daneben hat der Gymnasiast Schäli noch ein zweites, ziemlich aussergewöhnliches Leben. In diesem pflegt er Beziehungen zu hochkarätigen Persönlichkeiten rund um den Globus. Dazu zählt etwa der brasilianisch-schweizerische Investor Jorge Paulo Lemann. Der 85-Jährige hat ein riesiges Konsumgüterimperium aufgebaut, zu welchem der weltgrösste Bierkonzern gehört. Sein Vermögen wird auf 20 Milliarden Franken geschätzt.

«Jorge Paulo ist nicht nur mein wichtigster Mentor», sagt Schäli, «er steht mir auch persönlich sehr nahe – und ist für mich wie ein Grossvater.» In diesem zweiten Leben beschäftigt sich der Teenager mit Börsenstrategien, die er mit reichen Anlegern teilt. Die investierten Gelder erreichen bereits eine zweistellige Millionensumme. Die Zeitschrift «Forbes» hat ihn zu den 30 wichtigsten Persönlichkeiten unter 30 Jahren im deutschsprachigen Raum gewählt.

Kürzlich hat Richard Schäli seine Volljährigkeit erreicht. Den 18. Geburtstag feierte er im italienischen Monza, wo er unter anderem mit dem Ferrari-Rennpiloten Carlos Sainz zusammentraf. So selbstverständlich er sich heute unter Prominenten bewegt: Entstanden ist das eindrückliche Netzwerk aus einer Verkettung von Zufällen.

Am Anfang steht eine Schülerzeitung

Schäli war 11 Jahre alt, als er mit der Familie für Skiferien im Oberengadin weilte. Im kleinen Ort Champfèr besuchten sie ein Restaurant, in welchem sich auch Jorge Paulo Lemann aufhielt. Dass der Schüler den Milliardär überhaupt erkannte, hatte einen speziellen Grund: Er verdiente sich ein zusätzliches Sackgeld, indem er eine
Schülerzeitung produzierte.

«Zufälligerweise hatte ich kurz zuvor einen Artikel über die reichsten Personen der Welt geschrieben, unter anderem über Lemann.» Nun stand der porträtierte Unternehmer plötzlich in echt vor ihm. Schäli war begeistert und sprach – entgegen dem dringenden Rat seines Vaters, der selbst in der Finanzbranche tätig ist – den Milliardär an, woraus sich eine Freundschaft entwickeln sollte.

Hier kam eine weitere Leidenschaft ins Spiel, die der Schüler schon früh entwickelt hatte, nämlich jene für die Börse. «Weil ich mich so sehr für Aktien interessierte, nahmen die Finanzthemen in meiner Zeitung immer mehr Platz ein.» Dabei bewies Schäli ein bemerkenswertes Gespür für die Trends an den Märkten. Um dieselbe Zeit nämlich lancierte eine bekannte Handelsplattform ein Börsenspiel, das sich über ein ganzes Jahr erstreckte. Schäli erreichte den ersten Platz.

Das Talent blieb auch Lemann nicht verborgen. «Ich war 12 Jahre, als die Idee entstand, meine Aktienempfehlungen in Form eines handelbaren Zertifikats an der Börse von Stuttgart zu kotieren. Da ich minderjährig war, lauteten die Dokumente auf den Namen meiner Mutter», schmunzelt Schäli. Anfänglich zeigte der Kurs steil nach oben, rasch entstand ein Gewinn von 60 Prozent. Dann aber drehte der Trend: «Das war eine brutale Erfahrung für mich: Nachdem sich der Wert halbiert hatte, mussten wir das Zertifikat einstellen.»

Er habe teures Lehrgeld für seine Unerfahrenheit gezahlt. Vor allem die Aktie der chinesischen Kaffeekette Luckin Coffee war ein Desaster. Wegen eines Betrugsskandals stürzte der Kurs ab, doch Schäli hatte es verpasst, rechtzeitig die Reissleine zu ziehen. Er erinnere sich noch genau an das Telefonat, als er Lemann den Misserfolg beichten musste: «Seine Reaktion hatte mich total überrascht. Er meinte, aus Fehlern lerne man und ich solle meine Anlagestrategie neu aufsetzen – doch diesmal richtig.»

Warren Buffett als Vorbild

Statt sich zu verzetteln, fokussiere er jetzt auf wenige ausgewählte Firmen, die er nach dem Vorbild Warren Buffetts mittels einer Value-Strategie auswähle. Die Hauptversammlung der Investoren-Legende besuche er seit Jahren regelmässig. Seit der Neuausrichtung hätten Anleger, die seinen Börsentipps folgten, die Rendite des Schweizer Marktes übertroffen.

Neben der Schule und der Börsenanalyse findet Schäli Zeit für weitere Projekte. So betreut er mit Partnern die Internet-Site Moneyhaxx, welche Jugendlichen Tipps für den Umgang mit Geld vermittelt. Kurze Videos warnen etwa davor, sich zu verschulden. Zudem zog er, als er noch keine 16 Jahre alt war, für ein Semester nach Singapur, um dort Mandarin zu lernen.

Sein jüngstes Projekt ist sein vielleicht grösstes: Erstmals veranstaltet er in diesem Monat eine eigene Konferenz unter dem Namen Camp Corvatsch – es ist eine Art Mini-WEF für die Generation Z. «Das Konzept besteht darin, aufstrebende Unternehmer zwischen 17 und 23 Jahren mit globalen Top-Shots zusammenzubringen.» Die Teilnehmerzahl sei eng begrenzt und der Anlass dadurch umso exklusiver.

Beim Planen kam dem 18-Jährigen sein Netzwerk zugute, zu welchem etwa John Elkann aus der Agnelli-Familie gehört. Dieser präsidiert den Autohersteller Stellantis. Entstanden ist eine Teilnehmerliste, welche mehrere Milliardäre sowie Koryphäen aus der Finanzindustrie und dem Silicon Valley umfasst. Die Namen der Teilnehmer sind nicht öffentlich, und mehrere angefragte Personen erklären, sie wollten ihr Engagement im privaten Rahmen behalten.

Eine Ausnahme macht der 68-jährige Amerikaner Brad Jacobs: «Ich wünschte, ich hätte zu Beginn meiner Karriere ein Mentoring-Programm wie Camp Corvatsch gehabt. Dann wäre ich wahrscheinlich erfolgreicher gewesen.» Jacobs hat in seinem Leben nicht weniger als acht Firmen gegründet und sechs davon an die Börse gebracht. «Forbes» schätzt sein Vermögen auf 9 Milliarden Dollar.

Das Netzwerk macht den Unterschied

Schäli erklärt, er habe Hunderte potenzielle Teilnehmer angeschrieben und sich mit 200 persönlich ausgetauscht, um das Wochenend-Retreat in den Engadiner Bergen zu verwirklichen. Für ihn sei es eine der wichtigsten Lektionen: «Wer die richtigen Kontakte besitzt, kommt im Leben viel schneller ans Ziel. Deshalb will ich dazu beitragen, dass auch Jungunternehmer von einem besseren Netz profitieren können.»

Was auffällt, ist die Nonchalance, mit der Richard Schäli seine Ideen realisiert. Ist das typisch für die Denkweise seiner Generation Z? Das Multitasking, mehrere Projekte parallel zu verfolgen, passe durchaus zur Einstellung seiner Altersgruppe, meint er. Hinzu komme eine ausgeprägte Ungeduld: «In unserer Generation wollen wir, dass alles möglichst schnell passiert – langfristiges Denken ist weniger unsere Stärke.»

Die heutige Hyperkonnektivität sehe er aber primär als Chance: «Die enorme digitale Vernetzung ist ein unglaublicher Game-Changer: Noch nie konnte man so gezielt an Informationen herankommen und so effizient arbeiten.» Schäli räumt indes ein, seine Generation wirke bisweilen etwas rastlos. Auch er selbst müsse aufpassen, sich nicht zu verzetteln.

Seine nächsten Schritte allerdings hat er fix geplant: Derzeit bewirbt er sich bei verschiedenen amerikanischen Eliteuniversitäten, wo er nach Erreichen der Matura im Sommer studieren will. «Mein Ziel ist es, dass ich mit 30 Jahren das Fundament aufgebaut habe, um daraus mein Lebenswerk zu errichten.» Fest stehe für ihn zudem, dass sich seine Tätigkeit um die Finanzmärkte drehen werde. Als 18-Jähriger hat er erstaunlich klare Vorstellungen davon, wo er hinwill im Leben.

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