Samstag, November 30

«Bis dass der Tod euch scheidet» kann aus finanzieller Sicht eine schlechte Entscheidung sein. Und doch spricht einiges für die Ehe.

Menschen heiraten, manche gleich mehrere Male. Die einen tun es aus Liebe, die anderen der Kinder wegen. Doch auf die romantische Geste des Ehegelübdes folgt bald die nüchterne Realität der Steuererklärung. Denn verheiratet sein kostet. Für ein frisch getrautes Paar ändern sich nach der Hochzeit die finanziellen Umstände teilweise radikal. Und nicht immer sind sie rosig.

Die folgenden neun Gründe zeigen, warum sich heiraten nicht lohnt – und in welchen (tragischen) Fällen eine Ehe doch die bessere Wahl ist. Der Einfachheit halber gehen wir von einem Paar ohne Kinder aus.

Sie bleiben unabhängig

Die meisten Menschen haben in ihrem Leben, vielleicht unwissentlich, bereits einmal in einem Konkubinat gelebt. Denn als Konkubinatspaar gilt schon, wer eine Beziehung führt und sich die Wohnung teilt.

Konkubinatspaare stehen Ehepaaren in ihrer Zweisamkeit in nichts nach, bleiben in einigen Aspekten aber selbständig. Das Einkommen und das Vermögen bleiben grundsätzlich im eigenen Besitz. Das Gesetz betrachtet Konkubinatspaare als zwei einzelne Personen, während Ehepaare auch juristisch zu einer Lebensgemeinschaft zusammenschmelzen.

Verheiratete Paare müssen finanzielle Entscheidungen darum gemeinsam treffen. Das kann zu Konflikten führen, besonders wenn ein Partner Risiken eingeht oder Ausgaben tätigt, die der andere nicht unterstützen will. Wer in einem Konkubinat lebt, entscheidet (zumindest in der Theorie) selbst, was sie oder er mit dem Geld anfangen möchte. Anders gesagt: Unverheiratete sind unabhängiger.

Sie entgehen der Heiratsstrafe (denn noch gibt es sie)

Am ehrlichsten sagt es der Volksmund: Wer heiratet, wird bestraft. Die Heiratsstrafe ist ein steuerliches Phänomen, bei dem verheiratete Personen auf Bundesebene höhere Steuern zahlen als zwei unverheiratete Personen mit demselben Einkommen. Dieser Umstand ergibt sich aus dem progressiven Steuersystem, das in der Schweiz angewendet wird: Je mehr jemand verdient, desto höher ist der Grenzsteuersatz.

Serie: «Geld und Trennung: Wenn sich die Wege scheiden»

Wenn sich Paare trennen, belastet das die Betroffenen nicht nur auf der menschlichen Ebene, sondern auch finanziell. Kommt es zum Streit ums Geld, bleiben am Ende oft nur Verlierer. Die NZZ geht in einer neuen Serie der Frage nach, wie sich Paare bei einer Trennung richtig verhalten – und welche Vorkehrungen sie treffen können, um einen ruinösen Konflikt zu vermeiden.

Wenn zwei Personen heiraten, rechnen die Behörden ihre Einkommen zusammen und besteuern die Summe. Im Konkubinat lebende Paare reichen ihre Steuererklärungen dagegen getrennt ein. Ihr Einkommen und ihr Vermögen werden unabhängig voneinander besteuert.

Wenn nur ein Partner verdient oder ein Gehalt massiv höher ist als das andere, kann die Doppelbesteuerung von Vorteil sein; es kommt zum sogenannten Heiratsbonus. Als Faustregel gilt: Falls zwei Personen ein Einkommen von je 75 000 bis 125 000 Franken erzielen, werden sie nach der Heirat mehr Steuern bezahlen als vorher.

Möglich, dass die Heiratsstrafe bald abgeschafft wird: Der Bundesrat hat im Februar seinen Vorschlag zur Individualbesteuerung vorgelegt. Dieser will, dass Ehepaare zwei getrennte Steuererklärungen ausfüllen – um wie unverheiratete Paare besteuert zu werden.

Sie erhalten eine höhere AHV-Rente

Wem die Heiratsstrafe nicht abschreckend genug ist, sollte an den Ruhestand denken. Unverheiratete pensionierte Paare haben Anspruch auf zwei volle Renten. Wenn beide Partner regelmässig Beiträge an die Sozialversicherungen gezahlt haben, haben sie beide mindestens Anspruch auf die Minimalrente. Diese beträgt derzeit je 1225 Franken. Haben beide sehr gut verdient, erhalten sie unter Umständen die Maximalrente von je 2450 Franken.

Verheiratete Paare müssen mit weniger auskommen. Die Rente von Ehepaaren ist auf 150 Prozent der Maximalrente pro Person beschränkt. Wenn sie in ihrem Erwerbsleben immer sehr gut verdient haben, erhalten sie anstelle von zwei vollen Renten (4900 Franken) also nur die eineinhalbfache Maximalrente (3675 Franken). Anders formuliert: Verheiratete haben eine um bis zu 25 Prozent tiefere Rente als Unverheiratete.

Die Mitte-Partei fordert die Abschaffung des Rentendeckels. Ende März hat sie dafür eine Volksinitiative eingereicht.

Eine Hochzeit ist teuer

Für manche Menschen soll die Hochzeit der schönste Tag des Lebens werden. Doch mit den Erwartungen steigt das Budget. Einladungen verschicken, Lokalitäten besuchen, ja auch das Erstellen einer Website inklusive App gehört heute zum Standardprogramm. Die Vorbereitungen fressen Zeit, die bekanntlich Geld ist. Alternativ kann das Paar die Arbeit auslagern. Lucia Lazzaro ist Präsidentin des Verbands unabhängiger schweizerischer Hochzeitsplaner. Laut ihr machen die Kosten für einen Wedding-Planner 10 bis 15 Prozent des Gesamtbudgets aus.

Hinzu kommen die eigentlichen Kosten für die Hochzeit: Essen und Trinken, Miete, Ringe, Blumen, Musik, Fotografie. Lazzaro sagt: «Die meisten Paare geben für ihre Hochzeit zwischen 20 000 und 100 000 Franken aus.»

Eine Scheidung auch

«Bis dass der Tod euch scheidet» gilt heute nicht mehr. Laut dem Bundesamt für Statistik lassen sich zwei von fünf Ehepaaren scheiden. Zu einer vernünftigen Finanzplanung gehört also auch die Möglichkeit, dass man sich trennt.

Je hässlicher die Scheidung, desto höher die Rechnung. Der grösste Posten sind die Anwälte. Ihr Honorar bemisst sich unter anderem nach dem Zeitaufwand, der Komplexität des Falls und der finanziellen Situation der Klienten. In der Schweiz werden Honorare meist auf Stundenbasis abgerechnet. Je nach Kanton und Qualifikation verrechnet ein Anwalt zwischen 200 und 600 Franken pro Stunde.

Bei Paaren, die sich gegen einen Ehevertrag entschieden haben, gilt der ordentliche Güterstand. Dieser sieht vor, dass das voreheliche Eigentum und Vermögen auch nach der Trennung im Besitz der jeweiligen Person bleibt. Dasselbe gilt für Erbschaften und Schenkungen, die nach der Heirat entstehen. Das Geld, das ein Paar während seiner Ehe verdient hat, wird bei der Gütergemeinschaft je zur Hälfte geteilt. Das kann für den Partner, der weniger verdient, von Vorteil sein. Derjenige, der mehr verdient, hat das Nachsehen.

Sie haften nicht für Schulden

Schulden können eine Beziehung belasten. Generell haften Personen in einem Konkubinat jedoch nicht für die Schulden ihres Partners. Das gilt auch für finanzielle Verpflichtungen, die während des Zusammenlebens gemacht werden. Ein bisschen anders sieht es bei verheirateten Paaren aus. Sind die Schulden bei Anschaffungen für den gemeinsamen Haushalt entstanden, haften Ehegatten mit ihrem gesamten Vermögen. Eine Ausnahme sind Geschäftsschulden: Sie können bei einer Gütertrennung von dieser Regelung ausgenommen sein.

Sie sparen sich die Formalitäten

Spätestens nach den Flitterwochen folgt der bürokratische Teil einer Ehe. Namensänderung (ein Thema für sich), neue Pässe, neue Führerscheine, neue Mail-Adressen, gemeinsame Krankenkassen, gemeinsame Konten: Eine Heirat bringt Formalitäten mit sich. Konkubinatspaare sparen sich den Aufwand und die Bearbeitungsgebühren.

Frauen entgehen der Ehefalle

Die Zeiten, in denen eine Frau ohne die Zustimmung ihres Mannes weder arbeiten noch ein Bankkonto eröffnen durfte, sind zum Glück vorbei – wenn auch erst seit relativ kurzer Zeit: Im Jahr 1981 wurde das Prinzip der rechtlichen Gleichstellung von Frau und Mann in der Bundesverfassung verankert, und seit dem Jahr 2000 ist es möglich, sich trotz Widerstand des anderen Partners scheiden zu lassen.

Untersuchungen zeigen jedoch, dass Ehepaare tendenziell immer noch eine traditionellere Arbeitsteilung aufrechterhalten als unverheiratete Paare: Männer sind für den Grossteil des Einkommens verantwortlich, während Frauen mehr Haus- und Betreuungsarbeit leisten. Nun basiert die Ehe zwar auf einem Vertrag, den beide Partner freiwillig schliessen. Bei einer Scheidung kann er für die Frau aber zur Falle werden, denn die Gesetze bieten keinen Schutz des Lebensstandards. Bei einem beruflichen Zurückstecken der Frau impliziert dies in der Regel einen dauerhaft tieferen Lebensstandard – oft bis zum Tod.

Der Konkubinatsvertrag kann’s auch

Wer nicht heiratet, für das Leben mit seinem Partner aber doch einige Punkte festhalten will, kann einen Konkubinatsvertrag aufsetzen. Über dessen Inhalt können Paare weitgehend frei entscheiden: Sie können eine Inventarliste führen, die Hausarbeit regeln und festhalten, welche Unterhaltszahlungen ein Partner bei einer Trennung oder im Todesfall erhält. Laut Luka Dunjic, Jurist bei der Rechtsschutzversicherung Axa-Arag, ist es auch möglich, dass sich Paare bereits während der Beziehung finanziell ausgleichen. «Gerade in einem Konkubinat sollten beide Personen ihre persönliche Vorsorgesituation kennen und sich vertraglich absichern», sagt er.

Der Konkubinatsvertrag ist genauso verbindlich wie ein Ehevertrag: Wer sich nicht daran hält, kann vor Gericht gezogen werden.

Was für die Ehe spricht

Ist ein Konkubinat die bessere Ehe? Finanziell betrachtet durchaus – solange alles in Ordnung ist. Unter gewissen Umständen ist eine Heirat aber sinnvoller. Weil Konkubinatspaare laut Gesetz Einzelpersonen sind, steht ihnen kein sozialer und rechtlicher Schutz zu. Das ist besonders in der tragischsten aller Fälle entscheidend: wenn der Partner stirbt.

Im Todesfall hat der Konkubinatspartner keinen Anspruch auf Leistungen aus der ersten Säule oder der Unfallversicherung. Sie oder er erhält keine Witwen- oder Witwerrente. Auch bei der zweiten Säule, der Pensionskasse, ist der unverheiratete Partner im Nachteil, weil ihr oder ihm grundsätzlich keine Hinterbliebenenrente zusteht. Konkubinatspaare können sich zwar gegenseitig begünstigen, ob die Leistungen ausgezahlt werden, hängt jedoch von der jeweiligen Kasse ab. Pensionskassen haben laut Gesetz die Möglichkeit, nicht aber die Pflicht, sogenannte Lebenspartnerrenten auszuzahlen.

Und auch beim Erbrecht hält das Konkubinat nicht mit der Ehe mit, denn Konkubinatspartner sind keine gesetzlichen Erben. «Wenn sich unverheiratete Paare in ihren Testamenten nicht begünstigen, gehen sie leer aus», sagt der Jurist Dunjic. In jedem Fall bleiben die Pflichtteile an Kinder oder andere Verwandte bestehen. Erbt der hinterbliebene Partner dennoch, muss er in den meisten Kantonen eine Erbschaftssteuer zahlen, während Ehegatten grundsätzlich steuerbefreit sind.

Im schlimmsten Fall steht der unverheiratete überlebende Partner ohne Mittel da. Besitzen zwei Konkubinatspartner gemeinsam eine Immobilie und stirbt einer von ihnen, kann es vorkommen, dass der überlebende Partner das Eigenheim verkaufen muss, um die Erben des Verstorbenen auszuzahlen.

Was ist nun besser: das Konkubinat oder die Ehe? Beides ist akzeptiert, doch gleichgestellt sind die Paare nicht. Unverheiratete tragen rechtlich höhere Risiken, dafür sind Verheiratete finanziell schlechtergestellt. Eines gilt für beide Formen des Zusammenlebens: Liebe bewegt sich immer auch zwischen Soll und Haben.

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