Samstag, Dezember 21

Bis heute ist unklar, wann der Mond entstanden ist. Die Datierung seines Gesteins liefert widersprüchliche Aussagen. Das könnte daran liegen, dass das Gesicht des Mondes in jungen Jahren gestrafft wurde.

Als die Erde vor 4,54 Milliarden Jahren entstand, gab es noch keinen Mond. Unser Heimatplanet zog einsam seine Kreise um die Sonne. Dann aber krachte es gewaltig. Ein Protoplanet von der Grösse des Mars schlug auf der Erde ein. Aus dem Material, das durch die Kollision ins Weltall geschleudert wurde, formte sich der Mond.

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Wann das geschah, ist umstritten. Manche Forscher datieren das Alter des Mondes auf 4,35 Milliarden Jahre, andere argumentieren, unser Begleiter sei deutlich älter. In der Fachzeitschrift «Nature» stellt eine Forschergruppe nun ein Modell vor, das diesen Widerspruch auflöst. Demnach hat der Mond eine Art Facelifting hinter sich, das ihn 80 bis 160 Millionen Jahre jünger aussehen lässt, als er ist.

Der Mond stand uns einst sehr nahe

Laut der Kollisionstheorie entstand der Mond in mehreren Etappen. Das heisse Material, das durch den Aufprall aus der Erde herausgeschlagen wurde, ballte sich zu einem neuen Himmelskörper zusammen. Der Mond kreiste damals in einem Abstand von 20 000 bis 30 000 Kilometern um die Erde und erschien 15 bis 20 Mal so gross wie heute.

Anfangs bestand der Mond aus einem Kern, der von einem Ozean aus flüssigem Magma bedeckt war. Im Laufe der folgenden Jahrmillionen begann dieser Magma-Ozean abzukühlen. Es bildeten sich ein fester Mantel und eine Kruste aus Mondgestein. Gleichzeitig entfernte sich der Mond immer weiter von der Erde. Dabei wurde seine anfänglich kreisförmige Umlaufbahn elliptischer.

Zur Datierung dieser Ereignisse verwenden Forscher radioaktive Isotope, die im Mondgestein eingeschlossen sind. Diese Isotope zerfallen mit einer bekannten Halbwertszeit. Misst man, wie viel heute noch von ihnen übrig ist, lässt sich berechnen, wann das Gestein aus dem Magma-Ozean ausgefroren ist. Denn mit dem Erstarren des Magmas endete der Austausch radioaktiver Isotope mit der Umgebung. «Zu diesem Zeitpunkt begann die geologische Uhr zu ticken», erklärt Thorsten Kleine. Der Mitautor der Studie ist Direktor am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen.

Die meisten Gesteinsproben vom Mond deuten darauf hin, dass unser Begleiter vor 4,35 Milliarden Jahren entstanden ist und rasch erkaltete. Der Mond wäre demnach 190 Millionen Jahre jünger als die Erde. Für ein junges Alter spricht auch, dass der Mond verhältnismässig wenige Einschlagkrater besitzt.

Allerdings gibt es schon seit geraumer Zeit Zweifel an dieser Datierung. So hat man in dem Mondgestein, das die Apollo-Astronauten zur Erde zurückgebracht haben, kristallisierte Mineralien gefunden. Diese sogenannten Zirkone sind extrem selten. Vor allem aber sind sie älter als 4,35 Milliarden Jahre. Wie diese widersprüchlichen Beobachtungen unter einen Hut zu bringen sind, war bisher rätselhaft.

Der Mond wird kräftig durchgewalkt

An diesem Punkt setzt die Arbeit von Kleine, Francis Nimmo von der Universität von California in Santa Cruz und Alessandro Morbidelli vom Observatoire de la Côte d’Azur an. Aufgrund von Modellrechnungen postulieren die drei Forscher, dass der Mond kurzzeitig starken Gezeitenkräften ausgesetzt war, als er ungefähr 120 000 Kilometer von der Erde entfernt war. Das entspricht einem Drittel seines heutigen Abstands. Die Gravitationskräfte von Sonne und Erde walkten den bereits erkalteten Mond durch. Wie ein Teig, den man kräftig knetet, wärmte er sich auf.

Die Hitze sorgte dafür, dass sich der Mantel des Mondes teilweise verflüssigte. Der Erdtrabant hatte zu diesem Zeitpunkt Ähnlichkeit mit dem Jupitermond Io, der zu den vulkanisch aktivsten Himmelskörpern im Sonnensystem gehört. Die Hitze blieb nicht auf das Innere beschränkt. Durch Röhren stieg heisse Lava an die Oberfläche und brachte die Kruste des Mondes lokal zum Schmelzen.

Innerhalb kurzer Zeit wurde das gesamte Gestein, das sich bis dahin gebildet hatte, aufgeschmolzen. Dadurch sei die geologische Uhr auf null zurückgestellt worden, sagt Kleine. Diese Uhr zeige deshalb nicht das Alter des Mondes an, sondern die Zeit, die seit dem letzten Aufschmelzen des Mondes vergangen sei.

Nur einige Zirkone blieben übrig. Diese hitzebeständigen Kristalle überlebten das Facelifting des Mondes und lassen deshalb Rückschlüsse auf sein ungefähres Alter zu. Genau lasse sich das Alter noch nicht eingrenzen, sagt Kleine. Vermutlich sei der Mond jedoch vor 4,43 bis 4,51 Milliarden Jahren entstanden.

Der Vorschlag der drei Forscher versöhnt die unterschiedlichen Ansichten über das Alter des Mondes. Darüber hinaus kann er erklären, warum der Mond trotz seinem hohen Alter relativ wenig Krater besitzt. Der Grund ist, dass die bestehenden Krater durch die aufsteigende Lava wieder aufgefüllt wurden. Auch diese Uhr begann also erst zu ticken, als die Kruste des Mondes vor 4,35 Milliarden Jahren ein zweites Mal erstarrte. «Alles passt nun gut zusammen», fasst Kleine die Vorzüge der neuen Erklärung zusammen.

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