Donnerstag, Oktober 10

Zukäufe bieten Firmen Chancen auf ein schnelles Wachstum. Aber es kann auch viel schiefgehen, wie etliche Fehlgriffe zeigen.

Durch Übernahmen demonstrieren Unternehmen Stärke am Markt: Seht her, wir können es uns leisten, einen Konkurrenten zu schlucken.

Akquisitionen sind zudem oft der einfachste Weg, um zu wachsen. Aus eigener Kraft die Verkäufe zu steigern, ist in der Regel mit deutlich mehr Zeitaufwand verbunden. Ein weiterer Vorteil von Zukäufen ist, dass sie einem Unternehmen ermöglichen, Synergien auf der Ertrags- und der Kostenseite auszuschöpfen. Gemeinsam mit der neuen Tochterfirma lassen sich zusätzliche Kunden bedienen. Und Fixkosten können auf eine grössere Organisation verteilt werden.

Tückisches Timing

Doch bei allen Vorteilen, die Übernahmen bieten, beherrschen nur wenige Unternehmen diese Disziplin. Geschickt zu akquirieren, ist eine Kunst, denn vieles kann schieflaufen. Die Tücken liegen besonders im Timing. Allzu oft wechseln Firmen den Besitzer, wenn es ihnen am besten läuft. Entsprechend hoch sind die bezahlten Preise. Dies freut die Verkäufer, bildet für Käufer aber ein grosses Risiko. Weitere Fallstricke birgt die Zusammenführung oft unterschiedlicher Firmenkulturen. Und vielfach werden auch schlicht die Qualitäten übernommener Unternehmen überschätzt.

Wie schwer sich auch Schweizer Konzerne mit Akquisitionen tun, zeigt sich zurzeit gleich an mehreren Beispielen. Den wohl spektakulärsten Flop der letzten Jahre im Industriesektor leistete sich der Stahlhersteller Swiss Steel. Anleger reiben sich verwundert die Augen darüber, wie er den insolventen französischen Konkurrenten Ascometal übernehmen konnte und es zugleich in mehr als sechs Jahren nicht schaffte, diesen zu sanieren.

Abermillionen von Euro für nichts ausgegeben

Höchstwahrscheinlich war die Übernahme von Anfang an ein Fehler. Doch wieso zog das Management nicht schon früher die Reissleine? Jüngst sind die Produktionsstätten der abermals konkursiten Firma im Besitz der italienischen Stahlgruppe Marcegaglia und einer britischen Investmentgesellschaft gelandet. Die neuen Eigentümer trauen sich offenbar zu, damit doch noch etwas Anständiges zu bewerkstelligen. Bei Swiss Steel bleibt die bittere Erkenntnis zurück, rund 400 Millionen Euro zum blossen Stopfen von Verlustlöchern ausgegeben zu haben.

Kein Glück mit einer bedeutenden Akquisition war bis anhin auch dem früheren Mischkonzern SIG beschieden. Die Traditionsfirma, die sich schon in den nuller Jahren auf die Herstellung von Abfüllanlagen für Getränkekartons konzentriert hatte, beschloss 2022, in einen verwandten Zweig, in grossvolumige Getränkeverpackungen für Gastronomiebetriebe, zu diversifizieren. Doch nun leidet dieses Geschäft, dessen Erwerb SIG knapp 1,4 Milliarden Euro kostete, unter stark rückläufigen Einnahmen. «Es lag deutlich unter unseren Erwartungen», erklärte das Management vor zwei Wochen.

Den Ausgang im Auge behalten

Offen ist, wie viel Geduld der Konzern für seine neue Einheit aufbringen wird. Im Moment scheint er daran zu glauben, das Geschäft wieder auf Kurs bringen zu können.

SIG tut gut daran, den Ausgang im Auge zu behalten, falls es mit dem Turnaround nicht klappen sollte. Vorbildlich handelt diesbezüglich die Medizintechnikfirma Straumann. Sie veräussert ein vor vier Jahren erworbenes defizitäres Berliner Startup-Unternehmen mehrheitlich an einen Konkurrenten aus Spanien. Die Ankündigung löste diesen Mittwoch am Aktienmarkt grosse Erleichterung aus.

Im Fall von Straumann wissen Anleger indes auch, dass das Unternehmen seit Jahren viel Geschick darin beweist, sein Angebot für Zahnärzte durch Zukäufe zu vergrössern und stärker als der Gesamtmarkt zu wachsen. Einer solchen Firma verzeiht man auch einen Misstritt.

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