Freitag, Oktober 25

Die Zahl der subventionierten Kita-Plätze soll erhöht werden. Profitieren sollen davon vor allem Eltern mit mittleren und tiefen Einkommen.

Wie weiter mit dem Kita-System in Zürich? Die grösste Partei der Limmatstadt, die SP, überbietet sich derzeit mit Vorschlägen dazu, wie die Politik den Kinderkrippen und den Eltern unter die Arme greifen könnte, die ihre noch nicht schulpflichtigen Kinder tagsüber fremdbetreuen lassen. Zwei Baustellen stehen dabei im Vordergrund. Erstens: Kita-Plätze sind teuer und werden daher bereits heute kräftig subventioniert. Zweitens: Mitarbeiterinnen privater Kindertagesstätten verdienen deutlich weniger als ihre Kolleginnen in städtischen Betreuungseinrichtungen. Kita-Betriebe haben Mühe, gutes Personal dauerhaft an sich zu binden.

Den zweiten Punkt will der sozialdemokratische Sozialvorsteher Raphael Golta mit einer eigenen Vorlage angehen: Die Stadt bezahlt ihren Kita-Fachpersonen durchschnittlich rund 6100 Franken pro Monat. In privaten Krippen erhalten Mitarbeiterinnen mit der gleichen Lehre knapp 5000 Franken. Noch grösser ist der Lohn-Gap zwischen städtischen und privaten Kitas auf Führungsebene: Kita-Leiterinnen verdienen bei der Stadt rund 9000 Franken, 2000 mehr als in privat betriebenen Tagesstätten.

Doch nicht mehr lange. Die Stadt will die Löhne in privaten Betrieben anheben, das städtische Lohnniveau dürfte zum neuen Standard werden. Finanziert werden sollen diese Zuschüsse komplett mit Steuermitteln. Der links-grün dominierte Gemeinderat hat Goltas Projekt im Sommer im Grundsatz zugestimmt.

Die SP ärgert sich über den eigenen Stadtrat

Doch die Sozialdemokraten im Gemeinderat sind mit dieser Massnahme allein noch nicht zufrieden, im Gegenteil. Sie wollen auch beim ersten Punkt «vorwärtsmachen»: bei den Kita-Plätzen beziehungsweise deren Subventionierung. Der Ärger über den eigenen Stadtrat war deutlich zu hören, als SP-Gemeinderat Marcel Tobler am Mittwoch im Stadtparlament das Wort ergriff und einen Vorstoss seiner Partei, der Grünen, und der Alternativen Liste vorstellte.

«Unser Anliegen hat eine lange Vorgeschichte», sagte Tobler. Man habe vor vier Jahren ein Postulat überwiesen, das die Kita-Kosten für Eltern hätte senken sollen. «Seither haben wir gewartet, Fristen erstreckt, anderes priorisiert – nichts ist passiert.» Das erwähnte Postulat wurde abgeschrieben. Nun versuchen es die SP und ihre Verbündeten mit einer parlamentarischen Initiative.

Konkret will die Vorlage Folgendes erreichen:

  • Der sogenannte Grenzbetrag für Eltern soll erhöht werden. Bisher müssen Paare, deren jährliches Gesamteinkommen minus Abzüge die Marke von 100 000 Franken übersteigt, für einen subventionierten Kitaplatz den Maximalbetrag bezahlen. Diese Grenze soll neu 140 000 Franken betragen. Es sollen also auch Haushalte mit höheren Einkommen Zugang zu subventionierten Kita-Plätzen bekommen.
  • Der Minimaltarif soll gesenkt werden. Das bedeutet: Eltern mit sehr niedrigen Einkommen werden zusätzlich entlastet. Sie bezahlen gemäss Vorlage 2 Franken oder mehr pro Betreuungstag und Kind. Heute liegt der Minimalbetrag, den Eltern trotz städtischen Subventionen selber bezahlen müssen, bei 12 Franken.
  • Das lineare Modell soll durch eines mit Progression ersetzt werden. Diese Änderung, die von der Mitte-Fraktion eingebracht wurde, ist nicht einfach zu beschreiben. SP-Gemeinderat Tobler versucht es auf Anfrage so: Die Erhöhung des Grenzbetrags werde nicht einfach Paare mit höheren Einkommen begünstigen. Vielmehr sollen durch diese Verschiebung am oberen Ende der Skala mittlere und tiefe Einkommen stärker entlastet werden als bisher. Die Verteilung der Subventionen werde sozialer ausgestaltet.

Der Vorstoss wurde vorläufig unterstützt. Das nötige Quorum erreichte das Anliegen am Mittwoch mühelos. Das Geschäft geht nun in die Sachkommission Sozialdepartement des Gemeinderats. Dort wird das Modell en détail durchgerechnet. Entscheidende Fragen können zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht beantwortet werden. Wie viel wird das Vorhaben kosten? Welche Familien würden tatsächlich von geringeren Kita-Kosten profitieren? Wird der Grenzbetrag am Ende tatsächlich bei 140 000 Franken oder vielleicht etwas tiefer liegen?

Die FDP reagiert zurückhaltend auf die Vorlage. Das bedeute aber nicht, dass man dagegen sei, Eltern mit kleinen Kindern zu entlasten, sagt Marita Verbali, die der zuständigen Kommission ebenfalls angehört. «Aber ein steuerbares Jahreseinkommen von 140 000 Franken finden wir zu hoch, um Subventionen für einen Kita-Platz zu bekommen.» Aber eben: Genaueres werde die Arbeit in der Kommission zeigen.

Die SVP hält nichts von noch mehr Staat

Mit der Senkung des Minimalbeitrags könne die FDP leben, sagt Verbali. Man habe zwar 6 Franken vorgeschlagen. Aber 2 Franken pro Tag und Kind könne man akzeptieren. Das Progressionsmodell hält die FDP-Vertreterin für eine gute Idee.

Ganz anderer Meinung ist die SVP. Bei der Vorlage der SP und ihrer Mitstreiter handle es sich um eine massive Ausweitung von staatlichem Aktivismus, der für die Steuerzahler teuer sein werde. «Plötzlich soll also auch der Mittelstand von subventionierten Kita-Plätzen profitieren. Statt den Staat auszubauen, sollten wir Steuern und Abgaben senken», sagt Samuel Balsiger, der Chef der SVP-Fraktion.

Ähnliches gelte im Kita-Wesen. Da gebe es viel zu viele staatliche Eingriffe, die den Betrieb der Kindertagesstätten verteuerten, sagt Balsiger. «Wir sollten die strukturellen Probleme der Kitas in Zürich lösen – und nicht noch mehr Steuer-Millionen einschiessen.»

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