Die jüngsten Zahlen beweisen es: Der Sportartikelhersteller Nike wächst nicht mehr.

Nike und Adidas, das sind zwei epische Rivalen. Lange Zeit waren sie ein Paar wie Wein und Bier, Sonne und Mond, Berge und Meer: ungleich zwar, aber alternativlos. Doch diese Zeiten sind vorbei, Nike und Adidas haben Gesellschaft erhalten. Heute kämpfen sie mit anderen Marken um Anteile im begehrten Laufschuh- und Lifestyle-Markt. Die Konkurrenten heissen On, Hoka oder New Balance. Und der Verlierer heisst, zumindest derzeit: Nike.

Das amerikanische Unternehmen hat am Donnerstag die Zahlen zum abgelaufenen Geschäftsjahr 2023/24 vorgestellt. Der Umsatz stagnierte mit 51,4 Milliarden Dollar, im vierten Quartal ging er sogar leicht zurück und enttäuschte damit die Erwartungen der Analysten. Da half es auch nicht, dass Nike den Jahresgewinn von 5,7 Milliarden Dollar um zwölf Prozent steigern konnte. Grund dafür waren nicht bessere Verkaufszahlen, sondern ein milliardenschweres Sparprogramm.

Die Zahlen veranlassten Nike zu einer Korrektur für das laufende Jahr. So rechnet das Unternehmen damit, dass der Umsatz um einen mittleren einstelligen Prozentsatz zurückgehen wird. Der Finanzchef von Nike, Matthew Friend, sagte an der Analysten-Konferenz, man habe eine nachlassende Nachfrage bei Lifestyle-Produkten festgestellt. «Wir ergreifen deshalb aggressive Massnahmen, um die Bestände zu reorganisieren.»

Den Anlegerinnen und Anlegern passten die Neuigkeiten aus den USA nicht. Die Nike-Aktie rutschte im nachbörslichen Handel um mehr als 12 Prozent ab.

Der Strategiewechsel braucht Zeit

Nike, die weltweite Nummer eins vor Adidas, stagniert seit längerem. Vor allem in den USA kämpft das Unternehmen gegen die stärker werdende Konkurrenz. Da ist zum Beispiel New Balance: Lange Zeit ein Sneaker-Label für Mütter und Väter, ist die Firma heute bei Jüngeren äusserst beliebt. Auch kleinere Konkurrenten wie Hoka oder On gewinnen laufend Marktanteile. Die von Roger Federer unterstützte Zürcher Firma On etwa überstieg im Jahr 2022 beim Umsatz erstmals die Milliardenmarke, 2023 stiegen die Verkäufe nochmals um weitere 47 Prozent auf 1,79 Milliarden Franken.

Und auch der ewige Konkurrent Adidas macht es derzeit besser: Mit den Retromodellen «Samba» und «Gazelle» schafften es die Deutschen, die Trennung vom Rapper und Designer Kanye West zu überwinden.

Nike hingegen hat einen grossen Teil des Jahres damit verbracht, eine neue Strategie umzusetzen, die auf den Verkauf in Nike-eigenen Läden und den digitalen Vertrieb setzt. Laut der «Financial Times» ist dies eine Kehrtwende. Bereits vor der Pandemie gab es eine Umstrukturierung, damals setzte man noch auf den Einzelhandel, also Sportgeschäfte, die unter anderem Nike-Artikel verkaufen. Jetzt aber, sagt der Finanzchef Matthew Friend, wolle sich Nike auf «den gesamten Markt» konzentrieren anstatt nur auf einen Verkaufskanal.

Nike ist bei den Läufern nicht mehr dabei

Nike hatte in den vergangenen Jahren seinen Schwerpunkt auf den Lifestyle-Bereich verlagert. Man konzentrierte sich unter anderem auf die Veröffentlichung von Turnschuhen in limitierter Auflage, ähnlich, wie das Adidas mit der Yeezy-Reihe machte. Doch dann kam die Pandemie. Fitnesscenter wurden geschlossen und gemeinsames Sporttreiben verboten. Mehr Menschen entdeckten das Laufen. Und die Laufklubs, früher ein Ort für Elite-Läuferinnen und -Läufer, öffneten sich für neue Mitglieder.

Für die Vertreter der Laufschuhmarken sind diese Klubs ein wichtiger Absatzkanal: Sie treten als Sponsor auf und bieten den Läufern die neuen Modelle vergünstigt zum Testen an. Die Firma On hat dafür sogar eigene Laufklubs gegründet.

Nike hingegen ist bei den Läufern weniger präsent. Man habe die Kategorie der Laufschuhe vernachlässigt, sagte der Nike-CEO John Donahoe dem «Wall Street Journal» im April. Man wolle die Anstrengungen nun verdoppeln, um den Markt wieder stärker zu beherrschen.

Dazu bietet sich nun eine Chance. In einem Monat finden in Paris die Olympischen Spiele statt. Wenige Tage vor der Eröffnungsfeier wird Nike seine neue Kollektion herausbringen. Im Vorfeld haben die Amerikaner bereits eine Reihe von futuristischen Schuhen für die verschiedenen Sportarten vorgestellt. Sie sollen, passend zum Zeitgeist, mithilfe von künstlicher Intelligenz entwickelt worden sein.

Ob das etwas bringt, werden die Wettkämpfe zeigen. Nike jedenfalls muss weiter um den Titel kämpfen.

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