Die Republikanerin verlor nach einem giftigen Wahlkampf in den Vorwahlen gegen Donald Trump – nun sagt sie, sie werde für ihn stimmen. Für einflussreiche Republikaner ist sie die Wunschkandidatin als Trump-Vize.
Nikki Haley und Donald Trump hatten sich während der republikanischen Vorwahlen im Frühjahr kaum etwas geschenkt. Die ehemalige Gouverneurin von South Carolina und Uno-Botschafterin unter Präsident Trump schlug zunehmend kritischere Töne gegenüber ihrem früheren Chef an. Trump verbreite «Chaos, wohin er trete», er sei «entfesselt» und «reduziert». Damit spielte Haley auf das hohe Alter des Mitbewerbers an. Sie sei «durchgeknallt» und habe ein «Vogelhirn», konterte Trump.
Als Nikki Haley diesen Mittwoch an der konservativen Denkfabrik Hudson Institute in Washington auftrat, wählte sie ihre Worte sorgfältig. Sie werde, sagte sie, bei den kommenden Präsidentschaftswahlen ihre Stimme für Donald Trump abgeben. Als Wählerin verlange sie eine starke Sicherheitspolitik, Schuldenabbau und einen funktionierenden Grenzschutz. «Trump ist als Präsident nicht perfekt gewesen, aber Biden ist eine Katastrophe.»
Trump als das weniger schlimme Übel zu bezeichnen, ist in republikanischen Reihen derzeit die schwächste Form der Unterstützung für den Präsidentschaftskandidaten. Statt zu versprechen, Trump mit allen Kräften zu unterstützen, fordert Haley diesen denn auch auf, mehr für die Millionen von Wählern zu tun, die in den Vorwahlen für sie gestimmt hätten. Diese Stimmen müsse er sich erst verdienen, sagte sie herausfordernd.
Achtungserfolg bei den Vorwahlen
Die 52-jährige Republikanerin führte in den Vorwahlen einen erstaunlich hartnäckigen Wahlkampf. Auch als längst klar war, dass sie keine Chance gegen Trump hatte, blieb sie im Rennen. Erst am 9. März, nach dem «Super Tuesday», dem Grosswahltag in fünfzehn Gliedstaaten, gab sie auf. Im Gegensatz zu anderen gescheiterten republikanischen Mitbewerbern verzichtete sie zunächst darauf, Trump ihre Unterstützung zuzusichern. Auch am Mittwoch vermied sie es, das gängige Zauberwort «endorsement» zu artikulieren.
Nikki Haley holte in den republikanischen Vorwahlen rund 20 Prozent der Stimmen. Bemerkenswert ist, dass sie als «Zombie-Kandidatin» in den weiterhin laufenden Vorwahlen immer noch bis zu einem Fünftel der Stimmen holt, wie kürzlich in Indiana und Nebraska. Vor allem bei republikanischen Wählern in den Vorstädten geniesst Haley Rückhalt.
Haley geniesst die Gunst der Geldgeber
Viele Republikaner hoffen, dass Nikki Haley den Weg ins Weisse Haus doch noch schafft, als Vizepräsidentin von Donald Trump. Die Chefredaktion des «Wall Street Journal» schreibt in einem Leitartikel, dass Trump/Haley geradezu ein Traumteam wären. Zusammen könnten sie die Partei einen und die Nachfolge von Trump aufgleisen, der bei einer Wahl laut der Verfassung nur noch eine Amtszeit regieren dürfte.
Hinzu käme: Haley geniesst die Gunst wichtiger republikanischer Geldgeber, die sie als Zentrum-Republikanerin schätzen. Zu ihren Geldgebern gehörte beispielsweise das einflussreiche Koch-Netzwerk. An einem Event in Charleston versammelte sie vor einer guten Woche rund 100 Geldgeber, um ihnen für die Unterstützung ihrer Kampagne zu danken.
Es ist allerdings unklar, ob hinter den Kulissen ernsthafte Verhandlungen stattfinden oder ob ein Trump/Haley-Ticket nicht bloss der Wunschtraum gemässigter Republikaner ist. Jedenfalls senden weder Haley noch Trump derzeit Signale aus, die konkret auf eine gemeinsame Kandidatur hinweisen. Nikki Haley gilt jedoch schon jetzt als republikanische Kandidatin für die Präsidentschaftswahlen 2028. Die Entscheidung, dem Ruf der Partei zu folgen und den diesjährigen offiziellen Kandidaten zu unterstützen, könnte sich dabei als nützlich erweisen.
Donald Trump hat unlängst Gerüchte dementiert, er könnte Haley zu seiner Vizepräsidentin erküren. «Nikki Haley wird nicht für das Amt des Vizepräsidenten in Betracht gezogen, aber ich wünsche ihr alles Gute!», postete er auf dem sozialen Netzwerk Truth Social.