Aufgeschreckt durch die jüngsten Wahlergebnisse, haben zwanzig Rapper Frankreichs einen Protestsong gegen die rechtsextremen Parteien veröffentlicht. Im kämpferischen Flow gibt es Aufrufe zu Gewalt und sonderbares ideologisches Treibgut.

«No pasarán» – sie werden nicht durchkommen. Das war der antifaschistische Slogan der Republikaner im spanischen Bürgerkrieg. «No pasarán» ist jetzt auch der Titel eines knapp zehnminütigen Rap-Tracks, der für Aufregung sorgt im französischen Wahlkampf.

Unter der Führung des Unternehmers und Modedesigners Ramdane Touhami und des Hip-Hop-Produzenten DJ Kore haben sich rund zwanzig mehrheitlich gestandene Rapper zusammengetan, um einen Protestsong zu veröffentlichen. Mit «No pasarán» reagieren sie auf die Ergebnisse nach dem ersten Wahlgang der französischen Parlamentswahlen.

Gegen den Chauvinismus

Der Grossteil der involvierten Musiker hat selbst einen Migrationshintergrund und fürchtet nun eine neue Welle von Chauvinismus und Rassismus. Zweck der Hip-Hop-Koproduktion, die am 1. Juli veröffentlicht wurde, ist also der Kampf gegen die Parteien am rechten Rand. Man will jene jungen Franzosen zum Wählen motivieren, die bis jetzt inaktiv geblieben sind – umso mehr, als viele Jungwähler ihre Stimme beim ersten Wahlgang dem Rassemblement national (RN) gegeben haben. Die Aktion ist auch ein Wohltätigkeitsprojekt: Die Einnahmen aus Streaming und Verkäufen kommen der Stiftung Abbé Pierre zugute.

«No pasarán» hat sofort für Empörung im rechten Lager gesorgt. Denn gleich zu Beginn droht der algerisch-französische Rapper und Comedian Fianso dem Vorsitzenden des RN Jordan Bardella mit dem Tod: «Jordan, t’es mort, Jordan, t’es mort». Es bleibt nicht die einzige Gewaltandrohung, auch rechtsnationalistische Persönlichkeiten wie Marine Le Pen oder Éric Zemmour geraten in die Schusslinie expliziter Attacken. Und der Rapper Ashe 22 verkündet: «Si les fachos passent, j’vais sortir un big calibre» – wenn die Faschisten gewinnen, werde ich eine grosskalibrige Waffe auspacken.

Marine Le Pen und Jordan Bardella haben sich auf X persönlich zu dem Rapper-Protest geäussert. Sie hoffe, der Staatsanwalt werde sich der Schandtat annehmen, meinte die eine. Die mentale Verfassung der Linken sei immer toxischer, fand der andere. Und er machte den Medien den Vorwurf, gewaltverherrlichende, misogyne und antisemitische Stellen als «Punchlines» zu verharmlosen, die zur Sprache des Hip-Hops gehörten, aber nicht konkret verstanden werden sollten.

NO PASARÁN - 20 rappeurs en 9'43 contre les fachos (Clip officiel)

Gewiss darf man im Rap längst nicht alles wörtlich verstehen. Es geht um Zuspitzung und Übertreibung. Das erklären in «No pasarán» einige Rapper auch selber. Von «oralen Famas» und «verbalen Kalaschnikows» spricht Seth Gueko, ein Rapper mit italienischen und russischen Wurzeln – mit diesen Waffen wolle er die Flamme des Front national bekämpfen. Und Akhenaton aus Marseille, sozusagen der Star der Aktion, erklärt, es gehe ihm nicht um einzelne Kandidaten, sondern um eine Idee, die man bekämpfen müsse.

Frommer Wunsch

Im kämpferischen Flow der unterschiedlichen Rapper, die der Reihe nach eine Strophe zum Besten geben, schwimmt allerdings viel irritierendes Treibgut mit. Akhenaton und seine Kollegen Demi Portion und Costa nehmen die Gelegenheit wahr, um Palästina ihre Unterstützung zu versichern – «vive la Palestine d’la Seine au Jourdain», rappt Letzterer. Alkpote lobt nicht nur den Military-Chic von Ramsan Kadyrow, er droht auch dem prominenten liberalen Imam Hassen Chalghoumi. Schliesslich werden auch Verschwörungstheorien bemüht und rechte Politiker als Illuminati bezeichnet oder als bluttrinkende Freimaurer: «Espèce de franc-maçon, tu te nourris du sang qu’tu consommes», rappt Cocein.

Das Rassemblement der Rapper solle nicht national sein, sondern rational, reimt zwar der kamerunisch-französische Rapper Pit Baccardi. Das aber erweist sich als allzu frommer Wunsch.

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