Sonntag, November 24

In seinem ersten Kochbuch, «Wäärli guät», verknüpft der Food-Influencer und ehemalige Souschef eines Zwei-Sterne-Restaurants persönliche Anekdoten mit bodenständigen Rezepten. Ein erster Blick in das Werk – und drei Rezepte zum Nachkochen.

Er ist den meisten mittlerweile ein Begriff – Noah Bachofens Gesicht ist derzeit auf vielen Bildschirmen zu sehen, ob auf dem Handy oder im linearen Fernsehen. Nach einigen Jahren als Souschef im Restaurant «Magdalena» in Rickenbach, dem ersten vegetarischen Zwei-Sterne-Restaurant der Schweiz, füttert er nun als einer der erfolgreichsten Food-Influencer der Schweiz fast 160 000 Follower mit kreativen, aber zugänglichen und vor allem zeitgeistigen Rezepten, Trends aus der Szene und Kochtricks für zu Hause. Hin und wieder wird auch ein Restaurant oder ein Take-away getestet.

Dabei ist Bachofen, dessen Nachname seinen beruflichen Werdegang durchaus geprägt haben könnte, wie er sagt, immer am Puls der Zeit: Eröffnen in Zürich unzählige Smash-Burger-Läden, verrät Bachofen als einer der Ersten auf Instagram, welche er am besten findet. Seine Follower pilgern nach. Das erste pflanzliche Steak von Planted segnet Bachofen geschmacklich ab, Hunderttausend schauen zu. Mit 6 Millionen Views bleibt sein erfolgreichstes Video aber jenes, in dem er Rivella statt klassischen Weisswein ins Käsefondue kippt. Nun bringt Bachofen in seinem neuen und ersten Kochbuch «Wäärli guät» seine 60-Sekunden-Videos erstmals zu Papier.

Buchtipp

«Wäärli guät. Rezepte mit Tiefe und Twist» von Noah Bachofen

Mit rund 50 Rezepten auf 216 Seiten, AT-Verlag, 39 Franken.

«Es muss richtig geil schmecken»

«Wäärli guät» ist der Ausdruck, den Glarnerinnen und Glarner benutzen, wenn ihnen etwas so richtig schmeckt. Da ist Noah Bachofen aufgewachsen, im Netstal bei Glarus. Etwas weiter weg, im Restaurant Sonne in Elm bei Glarus, hat er seine Kochlehre gemacht. Die Verbundenheit zu seiner Heimat – «nicht gerade eine internationale Metropole», wie er schreibt – ist auf vielen der insgesamt 216 Seiten des Kochbuches herauszuspüren. Bachofen erzählt augenzwinkernd von seinen jungen Jahren, als er den Kühen beim Grasen zusah, oder vom ersten Besäufnis am Klöntalersee. Ihm widmet er ein ganzes Kapitel, ebenso dem Ziger (den er übrigens auch am liebsten ins Fondue mischt).

Von seiner Lehre in der einfachen Glarner Beiz sind seine Rezepte im Kochbuch aber ebenso beeinflusst wie von seiner Zeit im «Magdalena». Bodenständige Klassiker wie Käsespätzle, Käse-Ei-Dreiecks-Sandwichs, Kartoffelsalat und Tiramisu gehören in sein Erstwerk ebenso wie raffiniertere Rezepte, etwa Ossobuco oder dunkle Schoggimousse mit Fleur de Sel und Olivenöl. Alles Gerichte, die bei Bachofen und seiner Frau daheim auf den Tisch kämen, wenn sie Besuch haben oder sie sich selbst etwas Gutes tun wollten.

«Noch zu Beginn der Arbeit an diesem Buch im Sommer 2023 war ich überzeugt davon, dass jedes Rezept einen Twist haben müsse, etwas Überraschendes, Beeindruckendes und im besten Fall Sensationelles», reflektiert Bachofen im Buch. «Inzwischen sehe ich das wesentlich entspannter und habe nur noch einen Anspruch: Es muss richtig geil schmecken.» So eignen sich seine Rezepte ebenso für Küchen-Rookies wie für ambitionierte Hobbyköchinnen und -köche.

Hier geht es zum ersten Rezept aus «Wäärli guät»:

Die meisten Gerichte kommen fleischlos aus. Schliesslich hat Noah Bachofen im «Magdalena» gelernt, wie man das Beste aus der vegetarischen Küche holen kann. Missionarisch-moralisierend kommt das nicht daher – im Gegenteil: Mit Carrot Dogs, in dem die Karotte die Wurst ersetzt, vegetarischer Bolognese oder Auberginenschnitzel serviert Bachofen herzhaften Comfort-Food, der kein tierisches Produkt vermissen lässt.

Hier geht es zum zweiten Rezept aus «Wäärli guät»:

Wobei . . . An Butter kommt man nur schlecht vorbei (er empfiehlt übrigens die Gotthard-Butter aus Airolo). «Fürchte dich nicht vor Fett», gehört schliesslich zu den zehn Geboten des Koches, der nicht selten ein Stück Brot mit einer tüchtigen Schicht Butter jedem anderen Essen vorzieht. Denn Bachofen weiss: Köchinnen und Köche verwenden ungefähr dreimal so viel Butter zum Braten oder für eine Sauce wie jene, die privat in der Küche stehen. Auch Salz kommt nicht an den Pranger: Mutiges Salzen gehöre zu den paar Prinzipien, die er in der Gastronomie gelernt habe und seine Art zu kochen noch immer prägten.

Auch für dunkle Kapitel Platz

Diese Nonkonformität und Lockerheit zieht sich durch das gesamte Buch. Anekdoten aus seinem Leben, wie über seine ersten Küchenblamagen im Restaurant Sonne – etwa die Verwechslung von Brokkoli mit Blumenkohl oder Pfirsichen mit Zwetschgen –, geben dem Buch eine erfrischende Note. Und machen den Koch mit seinen Rezepten für jeden zugänglich. Selbst für diejenigen, die beim Anbraten von Zwiebeln schon ins Schwitzen geraten.

Hier geht es zum dritten Rezept aus «Wäärli guät»:

In «Wäärli guät» geht es aber nicht nur um Klamauk. Bachofen spricht offen über die Schattenseiten der Gastronomie; von Stress, unregelmässigen Arbeitszeiten mit Wochenend- und Abendschichten, vom disziplinierten Abarbeiten von Task-Listen. Und über sein Burnout im Sommer 2022. Das sei der Moment gewesen, der ihm nicht nur gezeigt habe, dass ihn die Gastronomie auf lange Sicht nicht glücklich mache, sondern auch, dass er viel zu viel Stress in seinem Leben gehabt habe.

Die Einsicht fiel in die Zeit, in der er seine ersten nennenswerten Erfolge auf Social Media verzeichnen konnte. Eine Social-Media-Karriere sei nie der Plan gewesen – die Sternegastronomie zu verlassen, um wieder in einem Altersheim oder einem Spital zu kochen, aber auch nicht. «Auf einmal hatte ich etwas, das mir helfen konnte, aus der beruflichen Sackgasse herauszukommen», schreibt Bachofen.

Neben den unterhaltenden Geschichten, inspirierenden Rezepten, tollen Illustrationen und dem grafischen Konzept von Bobi Bazooka sind es auch solche Kapitel, die «Wäärli guät» zu einem Kochbuch machen, das in jedem Küchenregal einen Platz verdient hat: weil es für die heutige Zeit relevante Geschichten erzählt. Nicht nur kulinarische.

Exit mobile version