Mark Zuckerbergs Tech-Konzern ist von seinen Kritikern schon mehrfach abgeschrieben worden – und bleibt doch unglaublich profitabel. An neuen Gefahren mangelt es aber nie.
Ärger mit Regulatoren und im Werbemarkt, problematische Chatbots und enorme Ausgaben für KI: Einmal mehr zweifelte die Wall Street daran, dass Meta im heutigen Umfeld noch lange Erfolg haben kann. Und einmal mehr hat sie der Firmenchef Mark Zuckerberg an diesem Mittwoch eines Besseren belehrt.
Das Werbegeschäft ist eine Goldmine
Der Tech-Konzern, der vor allem ein gigantischer Werbevermarkter ist, hat nach Börsenschluss in den USA einen Quartalsumsatz von 42,5 Milliarden Dollar rapportiert. Der Markt hatte bloss 41,3 Milliarden Dollar erwartet. Das etablierte Erfolgsmodell – die Nutzer so lange wie möglich auf Instagram und Facebook zu halten, ihre Daten auszuwerten und ihnen dann passende Werbung vor die Nase zu setzen – hat noch immer ausnehmend gut funktioniert.
Die Mathematik hinter dem Wachstum ist recht simpel: Meta erhöhte die Zahl der ausgespielten Werbungen gegenüber dem Vorjahresquartal um 5 Prozent und den Preis pro Werbung um 10 Prozent. Zuckerberg sagte im Gespräch mit Finanzanalysten, dass die KI-Instrumente des Unternehmens den Kunden zusehends dabei hälfen, Werbung effizienter auszuspielen.
Er skizzierte eine Zukunft, in der Meta dank KI solche Werbekampagnen von A bis Z planen und umsetzen kann, inklusive der kreativen Arbeit. Für Werber eine beunruhigende Nachricht; behält Zuckerberg recht, könnte Meta bald auch ihrer Branche gefährlich werden.
Meta pumpt jedenfalls weiter viel Geld in seine Ambition, ein führendes KI-Unternehmen zu werden: Im ganzen Jahr will man 64 bis 72 Milliarden Dollar für Infrastruktur ausgeben, vor allem für Rechenzentren, in denen die immer grösser werdenden KI-Modelle trainiert und später angewendet werden. Daneben geraten die 4,2 Milliarden Dollar, die Meta im ersten Quartal in der Sparte Reality Labs mit VR-Brillen, dem Metaverse und anderen ambitionierten Zukunftsprojekten verloren hat, fast zur Randnotiz.
Trotz diesen enormen Investitionen blieben im ersten Quartal 16,6 Milliarden Dollar Reingewinn in der Kasse liegen – auch das eine erfreuliche Überraschung für die Anleger. Die Zahlen belegen einmal mehr, wie erfolgreich die Werbemaschine Meta derzeit funktioniert.
Unsicherheit im Werbemarkt
In den Tagen zuvor hatten die Konkurrenten Alphabet (Google) und Snap (Snapchat) über eine schwächelnde Nachfrage im Werbemarkt berichtet. Das ist insbesondere auf die beiden chinesischen Onlinehändler Temu und Shein zurückzuführen, die in den USA mit viel Lärm auf ihre Billigprodukte aufmerksam gemacht hatten. Beide leiden massiv unter Trumps Zollpolitik; am Freitag läuft eine Ausnahmeregelung aus, dank welcher Temu und Shein fast alle Waren zollfrei in die USA exportieren konnten.
Die beiden Händler schalten deshalb schon jetzt viel weniger Werbung auf amerikanischen Plattformen. Die Aktie von Snap ist am Mittwoch um mehr als 12 Prozent abgestürzt, weil das Unternehmen wegen der hohen Unsicherheit die Gewinnprognose zurückgezogen hat.
Die Meta-Finanzchefin Susan Li bestätigt, dass einige asiatische Exporteure ihre Werbeausgaben wegen der auslaufenden «De minimis»-Regel reduziert hätten. In den meisten anderen Werbesegmenten sehe man aber auch im April eine «gesunde» Entwicklung. Meta glaubt, dass sein Werbegeschäft weiter wachsen wird und sich auch vom Handelsstreit nicht gross bremsen lässt.
Die Regulatoren bleiben hart
Eine zweite Quelle der Unsicherheit bilden die Regulatoren in Europa und den USA. Meta wurde vergangene Woche von der EU-Kommission mit 200 Millionen Euro gebüsst, weil es Personendaten über seine Plattformen hinweg ausgetauscht hat und seine Nutzer auf unlautere Weise gedrängt haben soll, diesem Transfer zuzustimmen.
Solche Bussen ist Meta mittlerweile gewohnt; bereits im vergangenen November erhielt der Konzern aus Brüssel eine Strafe von 800 Millionen Euro auferlegt, weil er gegen Kartellvorschriften verstossen hatte. Das Unternehmen geht gegen beide Bussen gerichtlich vor, muss sich bis zu einem finalen Entscheid aber an schärfere Regeln halten.
Wie genau diese aussehen, verhandelt Meta derzeit mit der EU-Kommission. Li prognostizierte aber, dass europäische Nutzer von Facebook und Instagram wohl ein «materiell schlechteres Erlebnis» haben würden. Sie könnten deshalb weniger lange auf den Plattformen verweilen, was die Werbeeinnahmen aus Europa gefährdet – immerhin ein Sechstel von Metas Umsatz.
Trumps Team ist nicht besänftigt
Auch in den USA selbst steht Meta unter Druck. Mark Zuckerberg hat seit der Wahl von Donald Trump die Nähe des Präsidenten gesucht und unter anderem eine Million für dessen Wahlfeier gespendet – und sich erhofft, dass Trump ihn im Gegenzug vor aufsässigen Regulatoren in Europa und Amerika schütze; bisher erfolglos.
Die amerikanische Wettbewerbsbehörde FTC führt seit 2020, also seit Trumps erster Amtszeit, ein grosses Verfahren gegen Meta: Das Unternehmen habe mit dem Kauf von Whatsapp und Instagram ein illegales Monopol aufgebaut, lautet der Vorwurf. Andrew Ferguson, der dank Trump zum FTC-Chef aufgestiegen ist, will dieses Verfahren weiterführen.
Ferguson wirft dem Unternehmen vor, im Wahljahr 2020 konservative Stimmen systematisch unterdrückt zu haben. Nach dem Sturm aufs Capitol im Januar 2021 verbannte der Konzern Donald Trump bekanntlich sogar von Facebook und Instagram, weil er dort seine Anhänger angestachelt und die Lüge verbreitet habe, die Wahl gegen Joe Biden eigentlich gewonnen zu haben. Fergusons Kritik teilen viele im Trump-Lager; Zuckerberg konnte sie auch mit seiner Charmeoffensive bisher kaum milde stimmen.
Mitte April hat in Washington das Gerichtsverfahren begonnen, nachdem sich Meta und die FTC nicht hatten einigen können. Sollte der Tech-Konzern verlieren, müsste er im schlechtesten Fall Whatsapp und Instagram wieder verkaufen, was Metas Geschäftsmodell im Kern erschüttern würde. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg.
Fragwürdige Sex-Chats
Meta hat sich derweil als KI-Firma neu erfunden; die entsprechenden Modelle werden in alle Plattformen und Produkte eingewoben, am Dienstag hat man zudem eine eigenständige Meta-AI-App veröffentlicht. Der Chef Zuckerberg will um jeden Preis vermeiden, dass man den Anschluss an die anderen Tech-Firmen verliert. Zuckerberg setzt dafür auf KI-Bots, welche die Nutzer mit lustigen und natürlichen Konversationen bei der Stange halten.
Auch sexuell aufgeladene Gespräche lässt Meta zu. Und wie das «Wall Street Journal» nach einer grossen Recherche am Wochenende berichtete, soll das Unternehmen weniger Vorkehrungen gegen eine missbräuchliche Verwendung dieser Bots getroffen haben als andere grosse Tech-Konzerne. Die Folge sei, dass die KI auch mit Minderjährigen Sex-Chats führe oder sich in Dialogen auf Wunsch der Nutzer selbst als minderjährige Person ausgebe.
Die Recherche zeitigte bisher noch keine Folgen für den Konzern. Ein Meta-Sprecher nannte die Tests der Zeitung «manipulativ und nicht repräsentativ», dennoch hat das Unternehmen offenbar gewisse Änderungen an den Bots vorgenommen. Gemäss dem «Journal» lässt die KI immer noch gewisse dieser fragwürdigen Chats zu.
Mark Zuckerberg will jedoch vermeiden, dass Meta wegen zu einschneidender Regeln mit der Konversations-KI den nächsten grossen Trend verschläft, wie es ihm bei der Videoplattform Tiktok passiert ist. Der Grund ist einfach: Meta lebt davon, dass seine Nutzer stundenlang durch Instagram scrollen und sich dabei unzählige Werbungen anschauen. Wenn diese Nutzer auf eine unterhaltsamere Plattform abwandern, fällt das Geschäftsmodell in sich zusammen. Aber noch sind diese Sorgen hypothetischer Natur – wie Meta mit seinen Quartalszahlen gerade einmal mehr bewiesen hat.