Kim Jong Un unterstützt Wladimir Putin offenbar mit weiteren Truppen. Trotz substanziellen Verlusten an Menschenleben lohnt sich die Schützenhilfe für den nordkoreanischen Diktator.

Nach Informationen des südkoreanischen Geheimdienstes hat Nordkorea Anfang Februar neue Soldaten in der von der Ukraine eroberten russischen Region Kursk stationiert. Die genaue Grösse des Detachements werde noch untersucht, teilte der Geheimdienst mit. Medien hatten zuvor von 1000 bis 3000 Soldaten berichtet. Damit würde Nordkorea die hohen Verluste ausgleichen, die das bisherige Kontingent bereits erlitten hat.

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Der ostasiatische Verbündete Russlands hatte im vergangenen Jahr schätzungsweise 11 000 bis 12 000 Kämpfer entsandt. Der südkoreanische Geheimdienst schätzt, dass mindestens 300 Nordkoreaner getötet und 2700 verwundet wurden. Aufgrund der Verluste nahmen die nordkoreanischen Einheiten offenbar ab Mitte Januar vorübergehend nicht mehr an Kampfhandlungen teil. Dies scheint sich im Februar geändert zu haben.

Das ukrainische Nachrichtenportal «Euromaidan Press» meldete am 26. Februar, dass die Befreiung eingekesselter nordkoreanischer Truppen in Kursk durch russische Soldaten gescheitert sei. Die Nordkoreaner hätten so erschöpft gewirkt, dass die ukrainischen Streitkräfte jederzeit mit ihrer Kapitulation gerechnet hätten. Die Zahl der betroffenen Soldaten wurde in dem Bericht nicht genannt.

Trotz den Verlusten an Menschenleben lohnt sich die Schützenhilfe für Nordkorea in mehrfacher Hinsicht. So sammelt das eigene Militär, das zu Hause oft für Feldarbeit, Ernte und Bauarbeiten eingesetzt wird, Kampferfahrung in einem modernen Drohnenkrieg. Zudem liefert Russland im Tausch gegen Waffen, Munition und Menschenleben auch Energie, Nahrungsmittel und Know-how für die Waffenentwicklung Nordkoreas.

Soldaten systematisch in die Irre geführt

Noch ist die Kampfkraft der Truppen umstritten. Aber langsam wächst die Erfahrung der Ukraine. Nun durfte sogar die südkoreanische Zeitung «Chosun Ilbo» zwei verwundete Nordkoreaner in der Ukraine interviewen. Es handelt sich um einen 26-jährigen Scharfschützen mit Nachnamen Ri und einen 21-jährigen Infanteristen, der als Baek identifiziert wurde. Der Scharfschütze Ri hatte zuvor zehn Jahre gedient, sein jüngerer Kamerad vier Jahre. Nach ihren Angaben waren sie im Oktober und November in Russland eingesetzt. Anfang Januar gerieten sie in Kriegsgefangenschaft.

Bisher waren Beobachter davon ausgegangen, dass es sich bei den entsandten Soldaten um Elitetruppen handelt. Doch offenbar wurden auch Mitglieder des Reconnaissance General Bureau eingesetzt, das die Geheimoperationen Nordkoreas leitet.

Nach Aussagen von Ri wurde er als Student nach Russland geschickt. Doch nach einer militärischen Ausbildung in der ostsibirischen Hafenstadt Wladiwostok sei er an die Front gebracht worden. Auch dort gingen die Lügen weiter. Nordkoreanische Aufpasser erzählten den Truppen, auf ukrainischer Seite würden südkoreanische Soldaten mit Drohnen gegen sie kämpfen. Doch Südkorea unterstützt die Ukraine weder mit Personal noch direkt mit Waffen.

Klarheit herrschte allerdings in ihrem Auftrag: In Kursk selbst wurde ihnen gesagt, ihre Aufgabe sei es, die Region zu befreien und die dortigen Atomanlagen zu schützen. Doch für Ri war der Einsatz schon nach dem ersten Gefecht vorbei. Schwer verwundet wurde er von ukrainischen Soldaten gefangen genommen.

Im Interview sagte er, dass sich einige seiner Kameraden mit Handgranaten selbst getötet hätten, um nicht lebend in die Hände des Feindes zu fallen. Denn das gelte in Nordkorea als Verrat. Er hätte sich auch umgebracht, aber er hatte keine Handgranate mehr.

Der jüngere Baek bekannte, dem Geheimdienst anzugehören. Er gab an, dass die Versorgung der Truppe ausreichend gewesen sei. Die hohen Opferzahlen bezeichnete er als natürlichen Preis des Krieges. Im Gegensatz zu Ri, der in Südkorea Asyl beantragen will, plant Baek, wenn möglich nach Nordkorea zurückzukehren, seinen zehnjährigen Wehrdienst zu beenden, zu studieren und ein Geschäft zu führen. Doch bis dahin werden noch viele Nordkoreaner fallen.

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