Donnerstag, Oktober 3

Der Bund doktert schon viel zu lange an einer Regel für Bagatellfälle in Spitälern herum.

Die Notfallstationen der Spitäler sind gedacht für die harten Fälle. Für Patienten mit allergischen Schocks, schweren Verbrennungen oder Verdacht auf Herzinfarkte. Für Notfälle eben.

Doch die Realität ist heute oftmals eine andere. Die Stationen werden genutzt wie Arztpraxen. Ausgestattet mit der Grundversicherung, suchen Patienten sie mit den kleinsten Wehwehchen auf. Das Fieberthermometer zeigt erhöhte Temperatur an, oder es kratzt im Rachen – schon stehen sie in der Aufnahme.

Der Service ist ansprechend und bequem. Die Stationen sind mit Profis besetzt und rund um die Uhr geöffnet. 365 Tage im Jahr.

Für die Spitäler sind die vielen Bagatellfälle jedoch ein Ärgernis. Während der Corona-Zeit riefen sie die Bevölkerung eindringlich dazu auf, die chronisch überfüllten Notfallstationen möglichst zu meiden.

Der Ärger ist verständlich, denn das Problem besteht seit vielen Jahren – und es hat sich verschärft. Die Zahl der Konsultationen in Notfallstationen von Spitälern stieg schweizweit von 2007 bis 2022 um 900 000 auf insgesamt 2,2 Millionen pro Jahr. Gerechnet auf 1000 Einwohner nahm die Zahl von 170 auf 250 jährlich zu.

Unterschiedliche Erhebungen zeigen, dass 50 bis 80 Prozent der Patienten, die das Spital aufsuchen, sich auch problemlos bei einem Hausarzt hätten behandeln lassen können. Ein Missstand, der behoben werden muss.

Denn die vielen falschen Notfälle überlasten nicht nur die Spitalinfrastruktur, sie verteuern auch das ohnehin schon teure Gesundheitssystem. Das Bundesamt für Statistik rechnet mit Kosten von durchschnittlich 420 Franken pro ambulanter Konsultation. Beim Hausarzt ist es halb so viel.

Die Idee, die am Montag im Zürcher Kantonsrat – einmal mehr – diskutiert wurde, ist demnach überfällig. Bürgerliche Politiker fordern eine Gebühr für unnötige Konsultationen. Die Rede war von einem Betrag von 50 Franken. Die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli zeigt sich offen für eine solche Lösung.

Bevor sich in Zürich etwas tut, braucht es aber eine rechtliche Grundlage auf nationaler Ebene. Der Bund hatte es in den letzten Jahren nicht besonders eilig, eine solche zu schaffen. Bereits seit 2017 liegt in Bern die Idee dazu vor, eingebracht von einem GLP-Nationalrat. Man hat viel Zeit verloren. Nun soll im Herbst endlich eine Vernehmlassung zu einer solchen Gebühr starten. Es ist höchste Zeit.

Denn die starke Vermutung lautet: Wer weiss, dass er unter Umständen einen zusätzlichen Betrag zahlen muss, überlegt es sich zweimal, ob er mit seinen Halsschmerzen vorher nicht zuerst bei seinem Hausarzt, in der Permanence oder Apotheke anklopfen soll. In Zürich kann er sich für eine Erstberatung zum Beispiel auch kostenlos an das Ärztefon oder vergleichbare Services seiner Krankenkasse wenden.

Das Prinzip ist bekannt aus anderen Lebensbereichen. Als Migros, Coop und andere Lebensmittelhändler im Jahr 2016 begannen, 5 Rappen für Plastiksäcklein zu verlangen, sank die Nachfrage um rund 85 Prozent. Eine kleine Gebühr zeigte eine grosse Wirkung. Die beiden Fälle sind natürlich nicht 1:1 vergleichbar. Und es ist auch klar, dass die Umsetzung eine Regelung für Härtefälle beinhalten sollte.

Neben der Notfallgebühr ist ein zusätzlicher Effort in der Kommunikation nötig. Die Spitäler können selber etwas tun, indem sie aktiver als heute auf Alternativen zur Notfallstation hinweisen.

Gerade Ausländerinnen und Ausländer, die aus ihren Herkunftsländern andere Gesundheitssysteme gewohnt sind, fahren auch bei kleineren Problemen zu oft direkt ins Spital. Um das zu verhindern, braucht es gezielte Aufklärung in diesen Gruppen.

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