Freitag, April 18

Die Importabgaben werden ab nächster Woche fällig. Noch fällt die Antwort der EU auf die Zölle der USA moderat aus. Der Staatenbund möchte weiter verhandeln.

Die EU möchte zwar einen Zollkrieg mit dem grossen Verbündeten USA unbedingt vermeiden. Dessen Importabgaben will sie aber auch nicht einfach so hinnehmen, zumal schon auf 70 Prozent der europäischen Exporte in die USA Zölle von 20 oder 25 Prozent anfallen. Betroffen sind Ausfuhren von 380 Milliarden Euro.

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Die EU hat sich deshalb Zeit gelassen mit einer Antwort auf Donald Trumps Zölle. Mitarbeiter der Kommission nennen dieses Vorgehen «strategische Geduld». Am Mittwochnachmittag haben alle Mitgliedsländer ausser Ungarn aber einem Vorschlag der Kommission zugestimmt.

Die Massnahmen:

  • Ab dem 15. April wird die EU auf amerikanische Waren schrittweise Zölle zwischen 10 und 25 Prozent erheben. Betroffen sind Landwirtschaftsgüter und Textilien, aber auch legendäre Produkte wie die Motorräder von Harley-Davidson. Das ist die Gegenmassnahme der EU auf jene Zölle, welche die USA auf Stahl und Aluminium verhängt haben.
  • Eine zweite Liste mit Produkten wird am 16. Mai in Kraft treten, eine dritte am 1. Dezember. Dann sind Massnahmen vorgesehen, welche die USA stark schmerzen dürften. So sind Zölle auf Sojabohnen geplant, deren Exportwert 2024 rund 2,4 Milliarden Dollar betrug. Die Kommission sagt, man nehme die Massnahmen jederzeit zurück, wenn es ein faires Verhandlungsergebnis gebe.

Grundsätzlich richten sich die Massnahmen der EU gleichsam nach dem kleinen Einmaleins des Handelskriegs, das mittlerweile alle Länder anwenden: Man treffe mit Zöllen erstens strukturschwache Gegenden, deren Wirtschaft von wenigen Produkten abhängt. Zweitens sind Trumps Republikaner idealerweise in diesen Regionen stark vertreten: Die Direktbetroffenen sollen bei einflussreichen Politikern gegen die Abgaben protestieren. Drittens sollte es in dem Land, das die Zölle einführt, Ausweichmöglichkeiten geben. Eine Maschine von Harley-Davidson mag der Herzenswunsch von manch einem Motorradfan sein. In Europa gibt es zu ihr jedoch Alternativen.

Die EU scheut die Eskalation und verzichtet auf Whiskey-Zölle

Insgesamt fallen die gegen amerikanische Produkte gerichteten Zölle der EU moderat aus. Die Strategie des Staatenbundes unterscheidet sich darin stark von jener Chinas. Die asiatische Grossmacht hat auf die Zölle der USA jeweils rasch mit Gegenaktionen reagiert. Mittlerweile ist das Klima zwischen den Regierungen der beiden Länder vergiftet. Die EU hält die USA immer noch für ihren natürlichen Verbündeten, während China die Weltmacht als Konkurrenten sieht, von dem man gegängelt wird.

Die Zurückhaltung der EU hängt nicht nur mit dem Widerwillen zusammen, eine Zollspirale in Gang zu setzen. Für den Staatenbund ist es auch schwierig, unter den Mitgliedsländern einen Konsens in der Zollpolitik zu finden. In der EU herrscht das Sankt-Florian-Prinzip: Der Handelskrieg soll das eigene Haus möglichst verschonen.

Ursprünglich wollte die EU zum Beispiel amerikanischen Bourbon-Whiskey mit einem Zoll belegen. Trump drohte darauf, europäischen Wein ins Visier zu nehmen.

Das löste in Frankreich, Spanien und Italien einen Schock aus. Nun verzichtet die EU darauf, Bourbon-Whiskey auf die Liste zu setzen. Weitere Produkte sind davon entfernt worden, so dass die Zölle nicht mehr auf einen Warenwert von 26 Milliarden Euro anfallen wie einmal angekündigt, sondern auf 22 Milliarden Euro.

Die EU rätselt weiterhin über Trumps Motive

Wie es weitergeht, hängt nun davon ab, welche Absichten die USA gegenüber ihrem wichtigsten Handelspartner verfolgen. Darüber rätseln die Verantwortlichen in der EU immer noch. Wenn es Trump letztlich darum geht, die USA zu «reindustrialisieren», werden ihn die Aktionen der EU nicht so rasch von seiner Zollpolitik abbringen. Denn in diesem Fall haben die Zölle den Zweck, europäische Firmen dazu zu zwingen, in den USA zu produzieren.

Falls Trump die EU dagegen zu niedrigeren Zöllen oder höheren Militärausgaben bewegen will, wären Gespräche möglich. Immerhin hat die EU den USA angeboten, Einfuhrabgaben auf Industriegüter ganz abzuschaffen.

Streitpunkt Landwirtschaft

In diesem Fall würden die USA wohl aber auch auf Zollsenkungen bei Agrargütern drängen. Aber darauf wird sich die EU kaum einigen können. Hier kollidieren vor allem die Wirtschaftsinteressen der USA und Frankreichs. Amerikas Farmer möchten gerne mehr Rindfleisch nach Europa exportieren. Die einheimischen Politiker unterstützen diesen Wunsch.

Frankreichs Bauern und Politiker sind aber gegen eine solche Marktöffnung. Sie lehnen bereits das Handelsabkommen mit dem Mercosur ab, dem die grossen Agrarexporteure Brasilien und Argentinien angehören. Aus Lateinamerika wird zwar nur wenig zusätzliches Rindfleisch in die EU gelangen, aber Frankreichs Bauern ist bereits das zu viel.

Aber auch in anderen Ländern hat eine Handelsliberalisierung im Bereich Landwirtschaft einen schweren Stand. Österreichs Regierungskoalition ist in dieser Frage gespalten. Skeptisch sind auch die Regierungen Polens und der Niederlande.

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