Freitag, April 18

Die Universitäten Bern und Basel sollen nach dem Willen der Studierenden vollständig fleischlos werden. An der Uni Luzern ist ein entsprechender Versuch krachend gescheitert.

Der Trend zur fleischlosen und veganen Ernährung, bis vor wenigen Jahren noch ein absolutes Nischenphänomen, ist in der Schweiz kaum aufzuhalten. In den letzten fünf Jahren hat die Zahl der Personen, die sich vegan oder vegetarisch ernähren, laut einer Umfrage um 40 Prozent zugenommen. Dabei gilt: Je jünger, desto häufiger stösst Vegetarisches und Veganes auf Anklang. Jede siebte Frau zwischen 14 und 34 Jahren ernährt sich gemäss der Umfrage komplett fleischlos.

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An den Universitäten wird dieser Trend offensiv befeuert, wie Beschlüsse der Studierendenschaft der Universität Bern (SUB) und des Studierendenrats der Universität Basel zeigen. Sie stimmten in den vergangenen Tagen Anträgen zu, wonach in den Kantinen der Unis nur noch pflanzlich basierte Speisen angeboten werden sollen. Das geht aus einem Instagram-Post hervor, den die Organisation Plant-Based Universities publiziert hat.

Die Beschlüsse sehen ein mehrstufiges Vorgehen vor. Zunächst verpflichten sich die SUB und der Studierendenrat, im Rahmen ihrer eigenen Events auf vegane Kost zu setzen. Über mehrere Jahre hinweg sollen schliesslich die Speisepläne der Uni-Mensas auf vegane Ernährung umgestellt werden. Die Uni Basel soll 2030 vegan sein, für Bern gibt es kein fixes Datum. In Basel viel der Entscheid mit 52,38 Prozent Zustimmung allerdings knapp aus, wie der Studierendenrat auf Anfrage mitteilt. Die SUB war nicht erreichbar.

Für die Verpflegung an der Uni Bern ist die Zürcher ZFV-Gruppe zuständig, die in der ganzen Schweiz über 200 Mensen, Cafeterias und Kantinen betreibt. In Basel wird die Mensa von der SV-Gruppe betrieben. Der Vertrag mit diesem Anbieter wurde von der Uni kürzlich aufgelöst. Mit den Mensabetreibern und den Universitäten soll nun das Gespräch gesucht werden. Dass vegetarische und vegane Ernährung an Hochschulen aus politischen Gründen gefördert werden soll, zeigte sich an der Uni Basel bereits 2022. Damals erhöhte die Unileitung auf Druck der Studierenden die Preise für Menus mit Fleisch.

Plant-Based Universities (PBU) ist eine international geführte Kampagne von Studierenden, die Universitäten dazu verpflichten will, ihre Verpflegung vollständig auf pflanzliche Produkte umzustellen. Dies, um der Klima- und Umweltkrise entgegenzuwirken. Die Initiative wurde Ende 2021 von der Organisation Animal Rising ins Leben gerufen. Animal Rising ist eine britische Tierschutzbewegung mit dem Ziel, einen gesellschaftlichen Wandel hin zu Tierrechten und einer pflanzenbasierten Ernährung zu erzwingen. Gegenwärtig ist PBU gemäss eigenen Angaben an 80 Hochschulen inner- und ausserhalb Grossbritanniens tätig.

Fleischesser vor die Tür gesetzt

In der Schweiz ist PBU ausser in Basel und Bern auch an der ETH Zürich, der EPF Lausanne, der ZHAW sowie an der Zürcher Hochschule der Künste aktiv, wie Chantal Senn, die nationale Koordinatorin PBU Schweiz, auf Anfrage erklärt. Die Studierendenräte der Universitäten von Bern und Basel sind allerdings die ersten in der Schweiz, die entsprechende Beschlüsse gefasst haben.

Ganz neu sind solche Versuche allerdings nicht. In den letzten Jahren prägte der Verein Sentience Politics die Debatte um die fleischlose Ernährung. Sentience Politics lancierte verschiedene Vorstösse und Initiativen, um die vegane Ernährung und tierfreundliche Produktion zu fördern. Sie lancierte 2018 die eidgenössische Volksinitiative zur Abschaffung der Massentierhaltung, die vier Jahre später mit 63 Prozent Nein-Stimmen verworfen wurde. Wegen eines starken Rückgangs an Spendegeldern ist es um die Organisation allerdings ruhig geworden. Zur schweizweit geführten Debatte hat sie aber entscheidend beigetragen.

So hat die Universität Luzern bereits hinter sich, was in Bern und Basel geplant wird: Vor fünf Jahren führte die ZFV-Gruppe in der Mensa der Innerschweizer Hochschule ein «in erster Linie vegan-vegetarisches Verpflegungskonzept» ein. Die Fleischesser unter den Studierenden wurden zu Beginn des Herbstsemesters 2021 buchstäblich vor die Tür gesetzt. Sie konnten sich in einem Food-Truck auf dem Vorplatz der Uni mit Bratwurst und Schnitzel verpflegen.

Damals war die Sache ein gefundenes Fressen für die Medien. Die Tamedia-Zeitungen schrieben vor einem «Menu-Diktat», mit dem die Uni Luzern provoziere. Das «Zofinger Tagblatt» wurde grundsätzlich, indem es die Frage aufwarf: «Sind wir auf dem Weg zum totalitären Staat?» «Schneidet sich die Uni Luzern ins eigene Fleisch?», wollte die «Bauern-Zeitung» wissen. Umgehend wurde die Sache zum Politikum. Auch der Schweizerische Bauernverband war von der Aktion überhaupt nicht begeistert.

«Mehr pflanzliche Menus? Ja! Nur pflanzliche Menus? Besser nicht»

Ein SVP-Parlamentarier und Landwirt verlangte vom Luzerner Regierungsrat, dass er den Entscheid rückgängig machen solle. Wenn diese Entwicklung so weitergehe, würden bald auch die Mensen der Luzerner Kantonsschulen fleischlos sein, befürchtete der Kantonsrat Toni Graber und forderte: «Wehret den Anfängen!» Die Luzerner Regierung erklärte sich allerdings für nicht zuständig in Ernährungsfragen und sprach der Unileitung das Vertrauen aus. Der Regierungsrat zeigte sich überzeugt, dass weiterhin ein «ausgewogenes Ernährungsangebot» sichergestellt sei.

Auch jetzt sorgen die Beschlüsse aus Basel und Bern bereits für Diskussionen. Bemerkenswert ist insbesondere ein Tweet der grünen Nationalrätin Meret Schneider auf X, die selber auf tierische Produkte verzichtet. Sie hält das Vorgehen für «keine gute Idee». Es verhärte Fronten, zementiere das Narrativ des Kulturkrieges und führe zu mehr Widerstand gegen eine angeblich sinnvolle Sache: «Mehr pflanzliche Menus? Ja! Nur pflanzliche Menus? Besser nicht.»

In Luzern meldeten sich 2020 kurz vor dem Semesterstart auch die angeblich Bevormundeten zu Wort. In einem offenen Brief schrieben die Studierenden und Unimitarbeitenden an die Luzerner Regierung: «Ein Mensa-Essen am Mittag kommt gut ohne Fleisch aus. Denn gerade, wenn es günstig sein soll, ist es schwierig, dass das Fleisch aus der Region kommt.» Man setze auch in Sachen Verpflegung auf die Unabhängigkeit der Hochschule von der Politik und befürworte den Verzicht auf Fleisch in der Mensa.

Das Experiment einer fleischlosen Mensa wurde nach zwei Wochen allerdings wieder abgebrochen. Verantwortlich dafür war das Phänomen, das im Herbst 2021 alles dominierte: die Corona-Pandemie. Der von Studierenden stark nachgefragte Food-Truck musste weichen – weil vor dem Hauptgebäude der Uni Luzern ein Covid-Testcenter installiert wurde.

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