Sonntag, April 27

Die weltpolitischen Unsicherheiten und der Abfluss von Werbeerträgen wirken sich auch auf die NZZ-Gruppe aus. Doch die Strategie, verlässliche Orientierung zu bieten, zahlt sich aus.

Wenige Geschäftsfelder haben sich in den vergangenen Jahrzehnten so sehr verändert wie die Medienbranche. Geblieben ist die traditionelle Generalversammlung der Aktionäre der AG für die Neue Zürcher Zeitung, die jeweils am Samstag vor dem Sechseläuten in Zürich stattfindet und von einem Bankett gekrönt wird, an dem dieses Jahr über 1000 Aktionäre und Gäste teilgenommen haben. Der Chefredaktor Eric Gujer hielt dabei in seiner traditionellen Rede dem helvetischen Sonderfall den Spiegel vor, der keiner mehr ist, weil auch hierzulande (und besonders in Städten wie Zürich) das heilige Triumvirat von überbordender Bürokratie, Betreuung und Bevormundung herrscht.

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Verzerrte Konkurrenz durch generative Sprachmodelle

Die Verwaltungsratspräsidentin Isabelle Welton konnte zuvor an der 157. Generalversammlung berichten, dass es der NZZ 2024 anders als manchen Konkurrenzunternehmen gelungen sei, das Geschäftsjahr ohne Entlassungen und einschneidende Sparprogramme erfolgreich abzuschliessen. Allerdings sei das Geldverdienen mit Medieninhalten im digitalen Raum nach wie vor schwierig und die Zahlungsbereitschaft bei einem grossen Teil der Bevölkerung gering. In diesem Umfeld setze die NZZ darauf, durch sorgfältige Recherche, eigene Analyse und Einordnung Orientierung zu bieten. Wie das vergangene Jahr gezeigt habe, sei zum Glück eine steigende Anzahl Leser bereit, für diesen Mehrwert zu zahlen.

Damit die Monetarisierung von Medieninhalten gelinge, brauche es aber auch die richtigen politischen Rahmenbedingungen. Problematisch sei die ungefragte Übernahme von Medieninhalten durch generative Sprachmodelle wie Chat-GPT oder Perplexity, ohne dass diese dafür eine Entschädigung zahlten. Das müsse sich ändern, fordert Welton. Hingegen wiederholte sie die ablehnende Haltung der liberalen NZZ gegen direkte Subventionen an private Medien. Wichtig sei jedoch, die Rolle der Konkurrenz durch die öffentlichrechtliche SRG zu klären.

Man sehe die Digitalisierung als Chance, betonte auch der CEO Felix Graf. Auch wenn die Konkurrenz im Digitalen gross sei, könnten so neue Kunden einfacher angesprochen werden. Und in einer Welt voller mit künstlicher Intelligenz generierter Inhalte und auf Zuspitzung ausgerichteter Algorithmen der Tech-Plattformen gewännen hoffentlich Faktentreue und eigene Einordnung an Bedeutung – also das, wofür die NZZ stehe.

Gleichzeitig hat allerdings die Digitalisierung auch dazu geführt, dass drei Viertel der Gelder aus dem Werbemarkt an die grossen Tech-Unternehmen gehen, deren Plattformen keine Verantwortung für ihre Inhalte übernehmen.

Umso wichtiger war, dass es 2024 zum sechsten Mal in Folge gelungen ist, den Rückgang der Erträge aus dem Werbemarkt durch Wachstum im Nutzermarkt zu kompensieren. Eine wichtige Rolle spielte dabei das kräftige Umsatzwachstum von 11 Prozent in Deutschland. Und dank der Erweiterung des digitalen Angebots – allem voran dem Ausbau des Premium-Abonnements «NZZ Pro» – erhöhte sich der durchschnittliche Umsatz pro Digital-Abonnent um 9 Prozent.

2025 wird ein schwieriges Jahr

Mit neuen Formaten erfreulich entwickelte sich auch das Konferenzgeschäft. Neu ist das Unternehmen NZZ zudem seit Juni 2024 mit 25 Prozent grösster Aktionär der in der Schweiz führenden Firma für Aussenwerbung APG. Die NZZ verspricht sich davon eine substanzielle Stärkung ihrer Position in den Werbemärkten und einen neuen Ertragsstrom.

Dass es neue Erträge brauche und die NZZ weiter wachsen müsse, betonte die Verwaltungsratspräsidentin Welton. Denn um zu bestehen, müsse die NZZ immer wieder substanzielle langfristige Investitionen in die Technologie und die Redaktion tätigen können. Das dazu notwendige Wachstum solle primär durch eigene Initiativen generiert werden, erläuterte Welton. Gleichzeitig wies sie die Aktionäre warnend darauf hin, dass 2025 wegen der konjunkturellen und technologischen Unwägbarkeiten ein speziell hartes Jahr werden dürfte.

Wiederwahl der Verwaltungsratspräsidentin

Am Samstag stimmten die Aktionärinnen und Aktionäre der AG für die Neue Zürcher Zeitung allen Anträgen des Verwaltungsrats mit klarem Mehr zu. Ausgeschüttet wird erneut eine Dividende von 200 Franken pro Aktie. Ein Antrag auf eine höhere Dividende wurde von über 85 Prozent der Aktionäre abgelehnt. Isabelle Welton wurde mit über 95 Prozent der Stimmen für eine weitere vierjährige Amtszeit in den Verwaltungsrat gewählt. Sie ist seit 2013 Mitglied und seit 2023 Präsidentin des Verwaltungsrats. Mit Dank verabschiedet wurden der Finanzchef Jörg Schnyder und der Informatikleiter Andreas Bossecker, die die Geschäftsleitung der NZZ nach über 15- beziehungsweise 10-jähriger Tätigkeit verlassen werden. Sie werden ersetzt durch Christian Arnold als Finanzchef und Volker Dietzel als IT-Chef, die beide bereits seit längerem für die NZZ tätig sind.

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