Sonntag, Januar 19

Wieder ein Doppelerfolg in der Abfahrt: Marco Odermatt gewinnt in Wengen vor Franjo von Allmen – das könnte der Anfang eines grossen Zweikampfs sein.

Hier ein Rekord und dort einer, das ist die Bilanz der Lauberhornabfahrt, Ausgabe 95. Marco Odermatt gewann sie vor Franjo von Allmen. Ein Schweizer Doppelerfolg, schon wieder, zum vierten Mal in Serie. Jetzt auch am Lauberhorn, am wichtigsten Berg des Skilandes, vor 40 000 Zuschauern. So viele Leute waren noch nie ans Lauberhorn geströmt. So, wie noch nie zwei Schweizer Abfahrer in Wengen auf die Ränge eins und zwei fuhren. So, wie sie noch nie vier Doppelerfolge in Serie feierten.

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Seit dem 18. Januar ist das alles anders. Es ist einer dieser Tage, von dem noch eine Weile die Rede sein wird, doch beinahe wäre er vom Winde verweht worden. Früh am Morgen zitterten die Organisatoren um ihr Rennen, weil der Guggiföhn über den Berg raste, 140 Kilometer pro Stunde schnell. Mit ihm kennen sie sich in Wengen eigentlich aus, er hat ihnen über die Jahre immer wieder das Leben schwer gemacht. Aber an diesem Tag kam er überraschend, selbst für den Meteorologen, den sie am Lauberhorn seit vielen Jahren beschäftigen.

Der Guggiföhn blies Schnee auf die Piste, liess Bahnen stillstehen und den Zeitplan durcheinanderkommen. Und er blies einfach immer weiter, auch dann, als der Mittag immer näher rückte und damit das Rennen. Schliesslich hatte er doch noch ein Einsehen. Um 12 Uhr 45, eine Viertelstunde später als geplant, stiess sich Miha Hrobat oben auf dem Lauberhorn aus dem Starthaus.

Odermatts eindrückliche Reaktion

Der Slowene legte eine feine Fahrt in den Schnee, das zeigte sich bald, lange sass er im Zielraum von Wengen in der Leaderbox. Aber dann tauchte Franjo von Allmen dort auf, der junge Berner Oberländer, und wenig später gesellte sich Marco Odermatt zu ihm. An den beiden Schweizern gab es an diesem Tag am Lauberhorn kein Vorbeikommen. Odermatt distanzierte von Allmen um vier Zehntel, er zeigte eine makellose Fahrt.

Für Odermatt war es bereits der dritte Sieg am Lauberhorn, auch das ist ein Rekord, zumindest in der Weltcup-Ära. Der 27-Jährige teilt ihn sich unter anderem mit Beat Feuz, dem Abfahrer, der vor zwei Jahren zurückgetreten ist. Es war einst der Berner gewesen, der Odermatt «den ganzen Abfahrtssport» gezeigt hatte, so formulierte der Sieger das nach dem Rennen. Dass er jetzt den Rekord mit ihm teile, sei «sehr schön», so Odermatt, der im erfolgreichen Schweizer Speed-Team mittlerweile selbst eine Rolle einnimmt wie Feuz früher, sein Know-how mit den Jungen teilt.

Am Freitag, im Super-G, hatte Odermatt zu den Geschlagenen gehört; er verlor eine Sekunde auf den Sieger von Allmen und fuhr auf den siebten Rang, was für den Dominator einer Enttäuschung gleichkam. Am Samstag reagierte der 27-Jährige wie ein Champion, und als er im Ziel abschwang, zeigte sein Jubel, dass dieser Sieg für ihn ein besonderer war.

Gleich vor Odermatt war Franjo von Allmen ins Rennen gegangen, der junge Berner Oberländer, der in diesen Tagen in Wengen regelrecht zu schweben scheint. Von Allmen übertrumpfte Hrobats Bestzeit um zwei Zehntel, aber diesmal hatte er die Führung nur kurz inne. Das ändert nichts daran, dass seine Lauberhorn-Bilanz mit zwei Podestplätzen erstaunlich ist. Nach dem Sieg am Freitag war viel auf den 23-Jährigen eingeprasselt, doch er erzählte am Samstag nach dem Rennen, er habe trotz allem «geschlafen wie ein Baby». Von Allmens Unbekümmertheit ist gerade eine seiner grössten Waffen.

Der Stolz des Präsidenten

Der Schweizer Doppelerfolg bei der Abfahrt in Wengen ist die bisherige Krönung einer aussergewöhnlichen Saison. Das Schweizer Team ist seit vielen Jahren nicht mehr so dominant aufgetreten. Vier Abfahrts-Doppelerfolge hintereinander feierten die Schweizer Männer noch gar nie, selbst in den goldenen 1980er Jahren nicht.

Urs Lehmann erlebte diese Zeiten noch als aktiver Rennfahrer; als Präsident von Swiss Ski hat er den gegenwärtigen Aufschwung mitgeprägt. Man ernte jetzt, was man mit der Arbeit in den letzten Jahren angestossen habe, sagte Lehmann – und merkte an, man erlebe gerade «eine der erfolgreichsten Phasen in der Geschichte des Schweizer Schneesports».

Nach dem Rennen standen Odermatt und von Allmen gemeinsam beim Fernsehinterview. Es sei unglaublich, was der junge von Allmen heute wieder geleistet habe, sagte Odermatt. Er halte natürlich noch dagegen, solange er das könne, fügte er mit einem Schmunzeln an. Schon in Val Gardena hatte Odermatt vor von Allmen gewonnen. Vielleicht nimmt hier gerade eine Rivalität ihren Anfang, die schon am nächsten Wochenende in Kitzbühel ihre Fortsetzung findet und später an der WM in Saalbach – und die den Skizirkus noch viele Jahre prägen wird. «Hoffen wir es», sagte von Allmen.

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