Sonntag, September 29

Der Zürcher Sozialvorsteher Raphael Golta will die Kosten für den öffentlichen Verkehr senken. Profitieren sollen «Einkommensschwache». Ein verfehltes Manöver.

Zürich schwimmt im Steuergeld. Jahr für Jahr produziert die grösste Stadt der Schweiz satte Überschüsse. Ihr Eigenkapital ist auf mittlerweile 2,4 Milliarden Franken angewachsen. Die logische Folgerung – die Steuern zu senken – passt nicht ins rot-grüne Weltbild der Stadtregierung. Lieber sucht und findet sie immer neue Wege, noch mehr Geld zu verprassen.

Ein Meister dieses Fachs ist der SP-Sozialvorsteher Raphael Golta. Der Mann, dem eine linke Zeitung attestierte, «die aufregendste Sozialpolitik der Schweiz» zu betreiben, sprüht geradezu vor verschwenderischen Ideen. Seine neuste: ÖV-Gutscheine für «Einkommensschwache».

Die Begründung lautet wie immer: Zürich sei eine teure Stadt, die Lebenshaltungskosten seien zu hoch, es brauche dringend Abhilfe. Gleich argumentiert der Stadtrat, wenn es um Kinderkrippen, Wohnungen oder Energiepreise geht. Den sinnvollen Grundsatz, den wirklich Bedürftigen zu helfen, hat Rot-Grün dabei über Bord geworfen.

In den Genuss staatlicher Transferleistungen kommen mittlerweile breite Teile der Gesellschaft. Alles wird «vergünstigt», die Stadt wird zum sozialpolitischen Discounter – auf Kosten weniger potenter Steuerzahler. Das kann nicht das Ziel einer vernünftigen, nachhaltigen Sozialpolitik sein.

Kosten von bis zu 35 Millionen Franken

Im Fall der ÖV-Gutscheine lässt sich das exemplarisch zeigen. Als «einkommensschwach» definiert Raphael Golta grob all jene, die Anspruch auf Prämienverbilligungen haben. In Zürich ist das ein stattlicher Kreis. Insgesamt sind es rund 80 000 Personen, also ungefähr jeder fünfte Stadtbewohner. Es sind längst nicht alles Leute, die am Hungertuch nagen.

Die Gruppe, die sonst schon von staatlichen Zuschüssen profitiert, soll nun also auch noch günstiger Tram und Bus fahren können. Bis zu 55 Prozent der Kosten für ein Jahresabo der städtischen Zone 110 will Golta neu durch Steuergelder finanzieren lassen. Das führt zu wiederkehrenden Kosten von bis zu 35 Millionen Franken im Jahr. Richtig zu besorgen scheint das im politischen Zürich aber niemanden. Man hat es ja.

Dabei spielt es offenbar keine Rolle, dass mit der Sozialhilfe bereits heute für jene gesorgt ist, die sich namentlich den öffentlichen Verkehr nicht leisten können. Es braucht in diesem Bereich keine zusätzliche Umverteilungsaktion.

Populistische SP-Initiative

Bedenklich ist, dass Goltas Vorschlag im Vergleich zu jenem seiner Partei fast schon vernünftig anmutet. Die SP, die wählerstärkste Partei der Stadt, fordert mit einer Volksinitiative ein Billig-Abo für alle – nicht nur für Personen mit tiefem Einkommen.

Nur 365 Franken im Jahr oder 1 Franken pro Tag soll es kosten; heute sind es rund 800 Franken. Der für die Nutzer ohnehin schon viel zu günstige öffentliche Verkehr würde noch günstiger. Von Kostenwahrheit – auch nur im Ansatz – könnte überhaupt nicht mehr die Rede sein.

Die SP-Initiative käme die Steuerzahler noch deutlich teurer zu stehen als Genosse Goltas Gegenvorschlag: rund 140 Millionen Franken im Jahr. Zudem stellen sich rechtliche Fragen. Unterliefe die Stadt mit einem Billig-Abo für alle nicht die Tarifhoheit des Zürcher Verkehrsverbunds? Ein juristisches Hickhack wäre kaum zu vermeiden. Dass die SP ihre populistische Initiative nicht zurückzieht, ist unverständlich.

In einer Stellungnahme schreibt die Partei, dass es ihr mit dem Billig-Abo darum gehe, «den Mittelstand effektiv zu entlasten». Wäre es ihr mit dieser Ansage ernst, würde sie sich zusammen mit den bürgerlichen Kräften schon längst dafür einsetzen, die Steuern in der Stadt zu senken.

Doch soweit wird es nicht kommen. Steuergelder zu verteilen ist für Politiker wie Golta und seine SP nun einmal deutlich attraktiver, als haushälterisch damit umzugehen.

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