Donnerstag, Oktober 3

Die israelische Armee gibt an, eine Kommandozentrale der Hamas bombardiert zu haben. Derweil wirft die Uno Israel vor, die Polio-Impfkampagne im Gazastreifen zu behindern.

Bei einem israelischen Luftangriff auf den südlichen Gazastreifen sind in der Nacht auf Dienstag offenbar Dutzende Menschen getötet worden. Nach Angaben der Hamas-Behörden, die sich nicht unabhängig verifizieren lassen, wurden mindestens 40 Palästinenser getötet und 60 weitere verletzt. Die israelischen Streitkräfte (IDF) gaben ihrerseits an, sie hätten eine Kommandozentrale mit mehreren hochrangigen Hamas-Führern angegriffen. Diese seien am Terrorangriff vom 7. Oktober beteiligt gewesen und hätten weitere Anschläge auf israelische Truppen und Zivilisten geplant. Auch dies lässt sich nicht überprüfen.

Der Angriff ereignete sich innerhalb eines Gebiets westlich von Khan Yunis, das von Israel als «humanitäre Zone» deklariert worden ist. Laut Augenzeugen schlugen mindestens vier Raketen ein, die zum Teil metertiefe Krater hinterliessen. Bilder und Videos in den sozialen Netzwerken zeigen, wie Hilfskräfte den Sand nach Opfern durchsuchen. Die IDF teilten mit, sie hätten «viele Schritte» unternommen, um den Schaden für Zivilisten zu begrenzen. Die von der Hamas publizierten Opferzahlen stimmten zudem nicht mit den Informationen der IDF überein.

Die IDF beschuldigten am Dienstag die Hamas, sich in der «humanitären Zone» zu verstecken und die palästinensische Zivilbevölkerung als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen. Die Hamas hingegen behauptete, es habe sich keines ihrer Mitglieder am Ort des Angriffs befunden. Bereits vor zwei Monaten hatte die israelische Luftwaffe einen Angriff auf einen umzäunten Komplex in der humanitären Zone ausgeführt, bei dem Mohammed Deif, der militärische Chef der Hamas, ins Visier genommen wurde. Bis heute ist unklar, ob Deif dabei tatsächlich getötet wurde.

In der von Israel deklarierten «humanitären Zone» im Gazastreifen leben mittlerweile Hunderttausende von Palästinensern, die vor den anhaltenden Kämpfen im Küstengebiet Schutz suchen. Die Lage der Menschen in der völlig überfüllten Zone ist prekär, die Gesundheitsversorgung ist katastrophal. Mitte August teilte das Palästinenserhilfswerk UNRWA mit, dass das Gebiet aufgrund zahlreicher israelischer Evakuierungsbefehle nur noch elf Prozent der Fläche des Gazastreifens umfasse. Inzwischen wurde die Zone wieder leicht erweitert, nachdem Israel Ende August mehrere Evakuierungsbefehle aufgehoben hatte.

Uno-Konvoi gestoppt

Derweil ist die Polio-Impfkampagne im Gazastreifen ins Stocken geraten, nachdem die israelische Armee am Montag einen Konvoi mit Mitarbeitern der Vereinten Nationen angehalten und vorübergehend festgesetzt hat. Die IDF gaben an, sie hätten Informationen erhalten, wonach sich «palästinensische Verdächtige» an Bord des Konvois geschlichen hätten. Laut dem UNRWA-Generalsekretär Philippe Lazzarini war der Konvoi von Soldaten mit vorgehaltener Waffe gestoppt worden, obwohl die Fahrt mit den IDF abgesprochen worden war. In der Folge hätten Bulldozer der israelischen Armee schwere Schäden an Uno-Fahrzeugen angerichtet.

Erst nach rund acht Stunden wurden der Konvoi und die Uno-Mitarbeiter wieder freigegeben, worauf diese laut Lazzarini in ihre Basis zurückkehrten. Es sei vorerst unklar, ob die Impfkampagne gegen Kinderlähmung in Nordgaza wie geplant fortgesetzt werden könne. «Dieser bedeutsame Vorfall ist der jüngste in einer Reihe von Übergriffen gegen Uno-Mitarbeiter», schrieb der UNRWA-Chef. Bereits vor zwei Wochen hatten israelische Soldaten zehn Schüsse auf ein Uno-Fahrzeug abgegeben. Israel kündigte daraufhin eine Untersuchung des Vorfalls an.

Die Uno verfolgt das Ziel, 640 000 Kinder in Gaza gegen Polio zu impfen, nachdem im August ein palästinensisches Baby durch das Virus teilweise gelähmt worden ist. Es handelte sich um den ersten Fall von Kinderlähmung im Gazastreifen seit 25 Jahren. In der Folge vereinbarten Israel und die Hamas vorübergehende Feuerpausen, um die Impfkampagne durchzuführen. Laut der Uno haben bereits 450 000 Kinder eine Schluckimpfung erhalten. Ab Dienstag hätte die dritte Phase der Kampagne im Norden des Gazastreifens beginnen sollen. Laut Experten müssen mehr als 90 Prozent der Kinder geimpft werden, um eine Ausbreitung der Krankheit zu verhindern.

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