Sonntag, November 24

Dubai ist bekannt für seine Rekorde. Und die angrenzenden Wüsten. Das grösste Museum zur Geschichte der Offroader passt daher ganz gut ins Emirat. Ein Augenschein.

Grösster Wolkenkratzer, grösste Shoppingmall, grösstes Aquarium. Dubai steht für Rekorde. Der Burj Khalifa mit 828 Metern ist das höchste Gebäude der Welt und blickt von allen Himmelsrichtungen aus der imposanten Skyline Dubais heraus. Eine Stadt der Extreme.

Dubai als ein Emirat in den Vereinigten Arabischen Emiraten mit 3,5 Millionen Einwohnern ist auch bekannt für Luxusläden, ultramoderne Architektur und ein pulsierendes Nachtleben – und für seine Auto-Enthusiasten. Sagenumwoben sind die Sammlungen einiger Scheichs mit ihren Hunderten von Supersportwagen. Oder Offroadern.

Scheich Hamad besitzt eine Obsession für überdimensionierte Allradler, aber auch für historische Fahrzeuge. Diese ist so gross, dass er ihnen ein eigenes Museum gebaut hat: das Offroad History Museum, rund 80 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Das erste Allradauto der Welt von 1909 steht darin, aber auch gleich das zweite.

Manche Autos wirken wie aus «Gullivers Reisen»

Direkt an der Hauptstrasse E 55 liegt der Eingang. Kurz vor der Schranke steht der riesige Jeep: 6,5 Meter – so hoch wie ein Einfamilienhaus. Die gigantische Nachbildung eines Willys Jeep aus dem Zweiten Weltkrieg ist seit 2010 das grösste motorisierte Fahrzeug der Welt, mit Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde. Das Auto hat der Scheich selbst entworfen und nur für sich bauen lassen. Die genauen technischen Daten des Jeeps sind nicht bekannt. Über die Kosten schweigt er zwar, aber allein die riesigen Reifen kosten rund 40 000 Dollar – pro Stück.

Etwas weiter lockt ein überdimensionierter Hummer H1 als Fotomotiv. Das Einzelstück liess sich Scheich Hamad nach seinen Vorstellungen gross ins Blech biegen. Schon das Original mit 4,7 Metern Länge, 2 Metern Höhe und 2,2 Metern Breite ist nicht gerade klein. Diese XXL-Interpretation ist dreimal so gross wie ein normaler Hummer H1 und hat das 27-fache Volumen.

Der «H1 X3»-Monstertruck mit einer Höhe von 6,6 Metern, einer Breite von 6,1 Metern und einer Länge von 14 Metern ist so gross, dass er zwei Stockwerke und ein Gästeschlafzimmer beinhaltet – Weltrekord für den grössten existierenden Hummer. Um das Auto fahren zu können, muss der Pilot eine Leiter besteigen.

Um den Monstertruck überhaupt fortzubewegen, arbeiten vier Dieselmotoren im Auto – einer für jedes Rad. Damit wird der Hummer H1 zwar nicht zum Rennwagen, aber mit bis zu 32 km/h kann das überdimensionierte Auto auf extrabreiten Strassen unterwegs sein.

Allein dieser Anblick ist spektakulär, aber was sich hinter dem Eingang versteckt, sprengt den Rahmen gewöhnlicher Automuseen. Mehr als 530 Allradfahrzeuge sind hier zu sehen, jedes ein Unikat, das die Geschichte des Allradantriebs zelebriert. Die Modelle sind nach Themen, Marken oder Baureihen sortiert.

Rekordwagen und modifizierte Fahrzeuge stehen gleich im Eingangsbereich im ersten Gebäude, darunter einige skurrile automobile Kreationen. Wie das grösste SUV, ein silberfarbener Fünfachser. Der Dhabiyan misst satte 10,8 Meter Länge und wurde aus mehreren verschiedenen Nutzfahrzeugen und einem Militärlastwagen zusammengeschraubt.

Die Fahrerkabine stammt von einem Jeep Wrangler, das Heck von einem Dodge Dart, die Front von einem Ford-Pick-up-Truck. Unter der langen Motorhaube steckt ein Militärtruck des amerikanischen Herstellers Oshkosh inklusive Caterpillar-Dieselmotor mit sechs Zylindern, 15,2 Litern Hubraum und rund 600 PS. Für einen kurzen Ritt durch die Dünen schalten sich die Gänge automatisch durch ein Fünfgang-Getriebe, bei hartem Gelände hilft eine Untersetzung.

Das Kuriositätenkabinett umfasst ausserdem einen Lamborghini LM002. Vom ersten Lamborghini-Geländewagen mit einem 4,8-Liter-V12 des Supersportwagens Countach entstanden zwischen 1986 und 1993 nur 301 Fahrzeuge. Ähnlich selten ist das SUV Safari, ein Geländewagen des Schweizer Herstellers Monteverdi. Zwischen 1976 und 1982 liess Peter Monteverdi seinen Geländewagen in Italien bauen. Die genaue Stückzahl ist zwar nicht bekannt, aber nur wenige von den Autos haben überhaupt bis heute überlebt.

Neben den Allrad-Exoten zeigen sich in der Halle ausserdem etliche Monstertrucks, ein Cadillac Eldorado Cabrio mit seltenem Allradantrieb, ein Nissan Patrol mit vier Achsen und ein Monstertruck auf Basis einer Mercedes-E-Klasse des Typs W124. Zwischen 1987 und 1995 baute Mercedes-Benz die Limousine mit Allradantrieb, wenn auch nur mit «normaler» Bodenfreiheit.

Viel zu profan für den Scheich: Er legte die Karosserie deutlich höher, montierte grössere und breitere Reifen – und fertig war ein bequemes Sandspielzeug. Aber auch reine Sammlerstücke wie ein Ford Modell T mit Allradantrieb besitzt Scheich Hamad. Von dem Modell T, gebaut zwischen 1908 und 1927, stellte Ford zwar rund 15 Millionen Fahrzeuge her. Aber der Prototyp des Scheichs ging nie in Serie und ist deshalb ein Einzelstück.

Im Freigelände fällt der Blick auf ein riesiges Amphibienfahrzeug. Der Larc LX 52 mit 265 PS misst 19,1 Meter Länge und ist 5,8 Meter hoch. Damit ist er der grösste Allradwagen der Welt. Keine Einzelanfertigung, sondern ein «Serien»-Fahrzeug der amerikanischen Armee, immerhin gebaut von 1952 bis 2001. Keine Ahnung, wo die Amerikaner noch in den 2000er Jahren damit landen wollten.

Im zweiten Gebäude stehen Armee- und Militärfahrzeuge nach Marken, Modellen und Ländern sortiert. Diverse britische Land-Rover-Modelle sind neben Rolls-Royces parkiert, daneben viele Fahrzeuge aus russischer Produktion wie von UAZ und GAZ. Dahinter reihen sich Militärfahrzeuge aus amerikanischer Produktion, etwa von AMC und Jeep. Sogar ein Luftlande-Paket eines Willys Jeep in einer Holzkiste zum Selbstbauen steht in einer Ecke.

Das grösste Gebäude der öffentlichen Sammlung beherbergt zivile Allradfahrzeuge der vergangenen Jahrzehnte, wieder ordentlich nach Marken und Modellen aufgereiht, wie unter anderem von Dodge, Jeep, International, Land Rover, Toyota, Nissan, Suzuki, Mercedes, GM, Ford, General Motors. Darunter befinden sich Premieren-Fahrzeuge, wie das erste exportierte G-Modell von Mercedes 1979, viele Spezialumbauten von Land Rover und Range Rover. Fans von Allradfahrzeugen werden darunter Modelle entdecken, die sie vorher noch nicht kannten.

Auf der anderen Seite des riesengrossen Gebäudes warten zivile Trucks, aber auch Feuerwehrwagen und militärische Sonderfahrzeuge auf die Besucher. Verschiedene Unimog-Modelle dürfen da nicht fehlen. Mehr hat die Welt des Allradantriebs kaum zu bieten.

Scheich Hamad bin Hamdan Al Nahyan ist Mitglied der herrschenden königlichen Familie der Vereinigten Arabischen Emirate. Seine Familie regiert Abu Dhabi seit mehr als drei Jahrhunderten und kontrolliert über 95 Prozent der Ölvorkommen der VAE. Da kann man auch ein paar Autos mit grossen Motoren sammeln oder einfach ganz grosse Autos. Platz, Treibstoffverbrauch oder Geld spielen hier nicht wirklich eine Rolle. Wie der Sultan von Brunei ist auch Scheich Hamad ins Auto vernarrt. Im Laufe seines Lebens hat er Hunderte von seltenen und skurrilen automobilen Kreationen angehäuft.

Der Scheich liebt Regenbogenfarben und Rekorde

Bekannt wurde der Scheich schon in den 1990er Jahren, als er Mercedes bat, eine Flotte von S-Klassen in allen Regenbogenfarben zu bauen. Seitdem ist er in der Autoszene auch als «Regenbogen-Scheich» bekannt. Scheich Hamad nimmt den Spitznamen offenbar ernst: Mehrere Wände sind in seinem Museum an verschiedenen Stellen mit Regenbogen-Wandmalereien versehen, ebenso wie viele Türen seiner Autos.

Skurril? Sicher. Und doch ist der Scheich nahbar. Bei unserem spontanen Besuch bittet er uns direkt in sein Museum hinein – nachdem wir uns den überdimensionierten Jeep angeschaut haben. Gleichzeitig entschuldigt er sich bei uns, dass er keine Führung geben kann – er müsse leider weiter. Wir erfahren noch: Seine riesige Autosammlung hat er auf vier Museen in den Emiraten und in Marokko verteilt.

Den Guinness-Weltrekord für die grösste Sammlung von 4×4-Fahrzeugen hält natürlich er, mit 718 Autos. Wahrscheinlich sind es aber mehr, so genau weiss er es gerade nicht. Das pyramidenförmige Emirates National Auto Museum mit mehr als 200 Exponaten nennt er ebenfalls sein eigen. Das Museum befindet sich in al-Dhafra, rund 45 Kilometer südlich von Abu Dhabi.

Seine Liebe zu Offroadern geht so weit, dass sich in seiner umfangreichen Autosammlung nur ein einziger Sportwagen, jedoch kein Supersportwagen befindet: ein alter Porsche Boxster der ersten Generation.

Die genauen technischen Daten des Riesen-Jeeps im Eingangsbereich sind nicht bekannt. Hinter dem riesigen Kühlergrill kann man aber, wenn man ganz genau hinschaut, einen relativ kleinen Antrieb erkennen. Scheich Hamad scheint das nicht zu stören. Hauptsache, er konnte damit einen Rekord brechen.

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