Freitag, März 21

Erstmals wird eine Frau Präsidentin des Internationalen Olympischen Komitees. Problematisch ist nicht nur ihre politische Tätigkeit. Ihre Pläne, wie den grossen Herausforderungen des Sports zu begegnen ist, sind viel zu vage.

Das Anbiedern machtversessener Männer bei Russlands Langzeitherrscher Wladimir Putin begann nicht mit Donald Trump. Sportfunktionäre haben in dieser unseligen Disziplin eine Pionierrolle inne. Wichtige Protagonisten aus dem Internationalen Olympischen Komitee (IOK) und vom Weltfussballverband Fifa zelebrierten und normalisierten eine klebrige Nähe zu Putin und weiteren Autokraten, bevor es zur Mode wurde.

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Am Donnerstag hätte das IOK die Gelegenheit gehabt, mit der Wahl von Sebastian Coe zum Präsidenten eine Zeitenwende einzuleiten. Der Brite hatte als oberster Leichtathletik-Funktionär mit sportlichen Massnahmen rigoros auf das russische Staatsdoping und den Ukraine-Krieg reagiert. Letztlich lag es nahe, dass sich die IOK-Mitglieder gegen den früheren Olympiasieger entscheiden würden – nicht nur wegen des von Trump geprägten Zeitgeists: Coe liess andere Funktionäre schwach aussehen. Aus machtpolitischer Perspektive war das schlecht.

Statt Coe wird in den nächsten acht Jahren mit Kirsty Coventry erstmals eine Frau das IOK präsidieren. Coventrys Aufstieg zur wichtigsten Vertreterin des organisierten Sports ist ebenfalls eine Zäsur, und das nicht nur wegen ihres Geschlechts. Mit erst 41 Jahren vertritt sie eine jüngere Generation, zudem stammt sie aus Afrika.

Doch bereits hier beginnen die Probleme. Coventry ist bis heute Sportministerin in Simbabwe. Nach den dortigen Wahlen im Jahr 2023 urteilten Beobachter, die Regierung des südafrikanischen Staates habe durch Gewalt und Einschüchterungen ein Klima der Angst geschaffen. Coventry pflegt nicht nur eine Nähe zu Demokratie-Verächtern, was bei Sportfunktionären fast zum guten Ton gehört. Sie gehört selber einem repressiven Regime an.

Das wirkt nicht nach einem Aufbruch in die Zukunft, sondern nach einem Rückfall in alte Zeiten. Zur Erinnerung: Juan Antonio Samaranch, IOK-Präsident von 1980 bis 2001, war vorher Sportminister unter dem spanischen Diktator Francisco Franco gewesen.

Der Anspruch, Sport und Politik seien zu trennen, scheitert seit Jahrzehnten an der Realität. Mit Coventrys Wahl wird er ein weiteres Mal zur Farce, wie so häufig in den letzten Jahren. Obwohl die Olympischen Spiele während der Ära des scheidenden IOK-Präsidenten Thomas Bach in Staaten wie Russland und China stattfanden, propagierte dieser stets die politische Neutralität. Dass nun eine aktive Politikerin auf Bach folgt, die er zudem im Wahlkampf protegiert haben soll, wirkt wie eine zynische Schluss-Pointe.

Derweil verliert die olympische Bewegung schleichend an Bedeutung. Im 20. Jahrhundert hatten sich die Spiele zum globalen Erfolgsprodukt entwickelt. Im Vierjahresturnus kam es an den Wettkämpfen, die inspirierend und völkerverbindend sein konnten, zu ikonischen Momenten. Es wird im 21. Jahrhundert immer schwerer, Derartiges zu wiederholen – alleine schon, weil das lineare Fernsehen für jüngere Menschen kaum noch eine Rolle spielt.

Coventry steht vor der monumentalen Herausforderung, die Vermarktung der Spiele und das Erscheinungsbild des Sports neu auszurichten. Wie schwer das wird, zeigte sich nach den Sommerspielen 2024 in Paris, als mit Toyota, Panasonic und Bridgestone gleich drei wichtige Sponsoren ihren Rückzug verkündeten. Akio Toyoda, der Verwaltungsratspräsident von Toyota, begründete den Abschied von Olympia mit einem ernüchternden Fazit: «Ich habe mich jetzt eine Weile gefragt, ob bei den Spielen wirklich die Aktiven an erster Stelle stehen.»

Die angehende IOK-Präsidentin Coventry war 2004 und 2008 Olympiasiegerin im Schwimmen, später wurde sie Präsidentin der Athleten-Kommission. Sie dürfte bei einigen Athletinnen und Athleten über einen Vertrauensvorschuss verfügen. Das ist eine Chance, mehr aber nicht. Ihre Pläne sind bisher vage geblieben, an öffentlichen Auftritten vermied sie klare Aussagen. Ob die Olympischen Spiele unter Coventry ökonomisch erfolgreich und gesellschaftlich relevant bleiben, ist völlig offen.

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