Freitag, Oktober 18

Der Aktienkurs des Sportschuhherstellers erreicht Rekordwerte, und auch in den USA startet On durch. Von der Zusammenarbeit mit dem Megastar Zendaya erhofft sich die Marke neuen Glanz, vor allem in der Heimat.

Die beste Schweizer Aktie in diesem Jahr ist nicht an der Schweizer Börse zu finden, sondern in New York. Es sind die Aktien des Zürcher Sportschuhherstellers On. Diese Woche handeln sie wieder in Griffnähe des Allzeithochs von knapp 53 Dollar. Seit Januar haben die Titel mehr als 80 Prozent an Wert gewonnen. An eine solche Performance kommt derzeit keine andere Aktie aus der Schweiz heran.

Zum Vergleich: Die drei besten SMI-Aktien schafften seit Jahresbeginn 52 Prozent (Lonza), 33 Prozent (ABB) und 28 Prozent (Givaudan). Der steile Kursanstieg hat On innert kurzer Zeit zu einem Börsen-Schwergewicht gemacht. Mittlerweile hat die erst im Jahr 2010 von David Allemann, Olivier Bernhard und Caspar Coppetti gegründete Firma einen Wert von umgerechnet fast 14 Milliarden Franken.

On würde in der ersten Börsenliga spielen

In der Schweiz wäre On mit einer solchen Kapitalisierung ein Kandidat für die Aufnahme in den Leitindex SMI. On lässt aber nicht nur die Aktien aus der Heimat alt aussehen, auch die um ein Vielfaches grössere Konkurrenz aus der Sportartikelbranche wie Adidas oder Nike können derzeit nicht mit den Schweizern mithalten.

Der Börsenerfolg ist auf starken Finanzzahlen abgestützt. Im ersten Halbjahr hat On den Umsatz um fast ein Viertel auf über eine Milliarde Franken gesteigert. Die Bruttomarge beträgt fast 60 Prozent, was der Profitabilität zugutekommt: Der Nettogewinn ist mit 122 Millionen Franken zweieinhalbmal so hoch wie im Vorjahressemester. Das heisst On wächst nicht nur schnell, sondern verdient auch viel Geld, besonders in Amerika. Mittlerweile sind die USA der wichtigste Markt. In der Schweiz fallen nur noch 2 Prozent des gesamten Umsatzes an.

Dabei wurde die Entscheidung der Gründer, den Börsengang im Jahr 2021 nach New York zu verlegen, in der Heimat mit Unverständnis quittiert. In einem Interview mit der Pendlerzeitung «20 Minuten» begründete Mitgründer Coppetti den Entscheid damit, dass On an der SIX der einzige Sportartikelhersteller gewesen wäre, an der US-Börse gebe es mindestens zwanzig davon. Letztlich stelle sich die Frage: «Willst du Regionalliga spielen oder Champions League?»

Image-Auffrischung mit Zendaya

Die Ambitionen der Zürcher sind global. Der bisherige Erfolg lässt sich aber nicht nur am Aktienkurs ablesen, sondern auch im Marketing. Das bekannteste Aushängeschild war bisher der Ex-Tennis-Star und Mitinvestor Roger Federer. Hinzu kommen Dutzende Athleten aus Leichtathletik, Tennis oder Radsport. Dann hat On entschieden, eine neue Richtung einzuschlagen. Im Sommer lancierte die Sportmarke eine neue, mehrjährige Partnerschaft mit der Schauspielerin Zendaya.

Die vielseitig begabte Künstlerin ist besonders bei Jüngeren populär und wurde durch Filme wie «Dune» oder die Serie «Euphoria» weltbekannt. Zendaya soll helfen, den Glamour-Aspekt der Marke zu betonen. Zendaya spielt in ihrem jüngsten Streifen, der Romanze «Challengers», zwar eine Tennisspielerin, sie ist aber keine Sportlerin.

Und besonders in der Schweiz soll Zendaya für mehr Coolness sorgen. Denn im Gegensatz zu den USA, wo On als Marke für Leistungssportler wahrgenommen wird, haftet ihr in der Heimat etwas Altbackenes an. Das könnte daran liegen, dass die Schuhe hier gerne auch von gesetzteren Menschen getragen werden.

Zwei Markenbilder zu haben, sei nie gut für eine Marke, sagt Coppetti. Es sei zu beobachten, dass die Coolness von On quasi aus dem Ausland wieder in die Schweiz importiert werde. Eine neue Kampagne namens Dream On, bei der Zendaya auf Schweizer Alpwiesen nahe Vals wandelt, wurde soeben lanciert und soll helfen, das Bünzli-Image abzustreifen. Kampagnen mit ihr nur für die Schweiz seien aber keine geplant.

Denn werbetechnisch funktioniert Zendaya weltweit. Sie war auch schon das Aushängeschild von Luxusmodehäusern wie Valentino oder Louis Vuitton. Das passt zu On, die sich konsequent im hochpreisigen Segment positioniert haben: Manche Schuhe kosten bis zu 500 Franken, unter 200 ist fast keiner zu haben. Wie viel Zendaya für ihre Auftritte bekommt, gibt die Firma nicht preis; auch nicht, ob sie wie Roger Federer über Aktien an On beteiligt wurde. Zendaya soll aber wie die Tennislegende bei der Entwicklung von Schuhen und Kleidern involviert sein.

Kotierung in den USA war goldrichtig

Dass On als schnell wachsendes Schweizer Unternehmen in die USA gegangen ist, um sich dort an der Börse kotieren zu lassen, war goldrichtig. Mitte September 2021 kamen die On-Aktien an der New Yorker Börse (NYSE) zum Ausgabepreis von 24 Dollar in den Handel, mittlerweile hat sich der Kurs verdoppelt. Das ging nicht ohne Rückschläge, zumal das steigende Zinsumfeld 2022 und 2023 für hoch bewertete Wachstumsaktien wie On schwierig war. Ob On auch an der SIX einen solchen Lauf hätte hinlegen können, ist fraglich.

Die starke Wertzunahme kommt auch den Gründern zugute. Sie halten noch zwischen 4,7 und 5,7 Prozent der Namenaktien und zusätzliche Inhaberaktien, die ihnen zusammen die Stimmenmehrheit garantieren. Ihre Aktienpakete haben derzeit einen theoretischen Wert von umgerechnet zwischen 200 und 300 Millionen Franken. Auch die hohen jährlichen Bezüge von den Gründern und Co-CEO haben in der Schweiz immer wieder Empörung und Unverständnis hervorgerufen und waren auch dem Image der Marke abträglich.

Der finanzielle Erfolg von On ist fraglos. Doch kann das alternde Start-up das Wachstumstempo aufrechterhalten? Denn im Vergleich zu den Anfangsjahren hat sich dieses zwar verlangsamt. Der Umsatz ist fast 15 Mal grösser als im Jahr 2018, dabei hat sich die Betriebsgewinnmarge von rund 11 Prozent auf über 16 ausgeweitet – das heisst, die Firma wird immer profitabler.

Auch die Produkt-Pipeline ist voll: Cloudsurfer, Cloudnova, Cloudboom Strike, LightSpray, und Zendayas Cloudtilt-Schuhe warten auf Kundschaft – denn auch wenn On ihre Sportkleider aggressiv bewirbt, 95 Prozent des Umsatzes stammt nach wie vor aus dem Schuhverkauf.

Konkurrenten wie Hoka oder Brooks geben Gas

Ein Selbstläufer ist das Wachstum aber nicht. Der Sneaker-Markt gilt als hoch kompetitiv. Nike wird unter neuer Führung viel daran setzen, bei Jogging-Schuhen Marktanteile zurückzugewinnen, und Spezialmarken wie Brooks oder Hoka buhlen um die gleiche kaufkräftige Kundschaft wie On. Auch bei Adidas läuft das Geschäft wieder rund. Somit kann sich On nicht mehr nur auf die USA für weiteres Wachstum verlassen.

Damit kommt China ins Visier. Die ersten Gehversuche sind vielversprechend. Auch in China soll On daran sein , sich immer mehr als trendige Sportmarke zu etablieren. Zu diesem Schluss kommt ein Analyst von JP Morgan nach dem Besuch etlicher Luxus-Shoppingcenter in chinesischen Grossstädten. Das Potenzial ist angesichts der wachsenden chinesischen Mittelschicht enorm.

Für eine weitere Verlangsamung des Wachstums gibt es keine Hinweise, die gesetzten Finanzziele für 2024 dürften problemlos erreicht werden. Doch mit dem Erfolg wächst auch das Risiko. Die On-Aktien sind mittlerweile ähnlich hoch bewertet wie jene von Börsenliebling Nvidia. Auch Leerverkäufer haben sich positioniert und spekulieren auf Kursrückschläge.

Mitte November wird On die neuesten Quartalszahlen präsentieren. Sie dürften erneut hervorragend ausfallen. Doch mit Erfolg allein lässt sich das Herz der Schweizer nicht gewinnen. Das hat On in den letzten Jahren erfahren dürfen.

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