Donnerstag, März 6

Der Handelskonflikt setzt die Bekleidungs- und Sportindustrie in Amerika wegen ihrer Abhängigkeit von Importen unter Druck.

«Denk nicht zu sehr darüber nach, was sich auf dem Gipfel befindet. Nimm Schritt für Schritt, und freu dich über jedes Level, das du erreichst»: Dieser Grundsatz gelte im Business wie im Sport, sagte On-Gründer Olivier Bernhard vor drei Jahren im Gespräch mit dem amerikanischen Fernsehsender CNBC.

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Der frühere Spitzen-Triathlet stand mit On damals unter Zugzwang. Nachdem Bernhard die Firma 2010 mit Caspar Coppetti und David Allemann gegründet hatte, war sie zu einem kleinen Nischenanbieter mit einer treuen Fan-Gemeinde unter Läufern herangewachsen. Doch erst mit dem Laufboom in der Pandemie explodierte die Nachfrage nach On-Schuhen, was dem Unternehmen 2021 einen erfolgreichen Börsengang in New York beschert hatte.

Ab 2022 hat der Sportschuhhersteller aber mehrfach Mühe bekundet, den hohen Erwartungen gerecht zu werden und in die stattliche Aktienbewertung hineinzuwachsen. Die Medien berichteten über die hohe Vergütung der Chefs oder über die günstige Produktion in Vietnam, obgleich die Firma doch mit dem Schweizerkreuz werbe. Im ersten Halbjahr 2024 kämpfte man in den USA – wo über die Hälfte des Umsatzes herkommt – schliesslich mit Vertriebsproblemen.

Aber On ist weitergerannt und nähert sich jetzt mit rasanten Schritten dem nächsten Gipfel. Das zeigen die Zahlen vom Schlussquartal 2024, die der Sportschuhhersteller am Dienstag vorgestellt hat.

Positionierung als Premium-Anbieter

Der Umsatz kletterte auf 607 Millionen Franken, 35,7 Prozent mehr als im Vorjahresquartal, die Bruttomarge liegt bei hohen 62,1 Prozent. Die Vertriebsprobleme hat man bewältigt; ein automatisiertes grosses Lagerhaus in Atlanta soll die Distribution in den USA fortan spürbar effizienter machen, so dass On auch das künftige Wachstum gut bewältigen sollte.

On hat, auch dank Werbekampagnen mit Stars wie Zendaya, bei der Generation Z an Bekanntheit gewonnen und schafft es im wichtigsten Absatzmarkt, den USA, die hohen Preise durchzusetzen, die man als selbsterklärter Premium-Anbieter verlangen will. Technologische Innovation, neue Modelle und gutes Marketing sollen diese Positionierung absichern.

Co-Gründer David Allemann zeigte sich im Gespräch mit Analysten jedenfalls in guter Laune und sagte mit Blick auf das bevorstehende 15-Jahr-Jubiläum: «Wir glauben, dass die besten Tage vor uns liegen, und wir sind bereit, die nächsten 15 Jahre anzupacken.»

Trumps Zölle sind die nächste Herausforderung

Der nächste Berg ist aber schon in Sichtweite. Er heisst Donald Trump. Der amerikanische Präsident droht derzeit mit Zöllen gegen zahlreiche Handelspartner. Die Bekleidungs- und Sportindustrie in Amerika ist wegen ihrer Abhängigkeit von Importen besonders stark gefährdet: Fast alle in den USA verkauften Schuhe werden importiert, vornehmlich aus Asien. Der Verband der US-Schuhhersteller, aber auch einzelne Unternehmen wie Nike oder Adidas haben schon mehrfach vor den Zöllen gewarnt, weil diese zu höheren Schuhpreisen führen würden.

Die 20 Prozent Strafzölle, die Trump per Dienstag auf Importe aus China verhängt hat, werden vor allem günstige Schuhmarken treffen. Bei ihnen machen die Produktionskosten einen grösseren Teil der Gesamtausgaben aus. Zudem richten sie sich an amerikanische Gering- und Normalverdiener, die derzeit ihr Geld beisammenhalten und sehr sensibel auf höhere Preise reagieren.

Die grossen Sportschuhhersteller wie Nike, Adidas oder Asics haben seit Trumps erstem Handelskonflikt mit China 2018 ihre Produktion zwar erstaunlich rasch nach Vietnam und Indonesien verlagert. Im vergangenen Jahr produzierten viele von ihnen dennoch weiterhin 20 bis 30 Prozent ihrer Schuhe in China.

Bei Sportschuhen im High-End-Bereich hat sich die Produktion aber aus China wegbewegt. On produziert Schuhe vornehmlich in Vietnam und in Indonesien. Wegen seines grossen Handelsbilanzüberschusses mit den USA könnte aber auch Vietnam bald auf Trumps Radar auftauchen.

Lightspray könnte Zoll-Probleme lösen

«Wir verfolgen die Handelspolitik aktiv und sichern unsere Lieferkettenflexibilität durch diversifizierte Produktion in unterschiedlichen Ländern», richtet On auf Anfrage aus. Dabei soll ein neues Produkt helfen: «Investitionen in innovative Technologien wie Lightspray zeigen unsere Ambitionen, langfristig über andere Standorte der Produktion nachzudenken.»

Mit der Lightspray-Linie verspricht On, dass Schuhe nicht mehr in einer Grossfabrik genäht und verschifft werden, sondern von einem Roboter innert Minuten mit einer Spray-Technik fabriziert – in Kundennähe. Die 2024 vorgestellte Technologie könnte das Zollproblem damit in Zukunft elegant lösen, ihre Skalierung braucht aber Zeit.

Falls US-Zölle für Importe von Vietnam fällig würden, werde man bei der Preisgestaltung im US-Markt alle relevanten Faktoren sorgfältig abwägen, teilt On mit. Dazu würden etwa Produktionskosten, Marktdynamik und Zölle gehören.

Kaufkräftige Kunden zahlen notfalls auch mehr

Finanzchef und Co-CEO Martin Hoffmann hatte den Analysten die Strategie bereits im November, kurz nach der Wahl Trumps, dargelegt: Geplante Preiserhöhungen würden On in eine starke Position versetzen, um die Marke zu schützen, sagte Hoffmann, auch vor dem Hintergrund der laufenden Zoll-Diskussion. Anders ausgedrückt: Als Luxus-Anbieter will sich On ohnehin an zahlungskräftige Kunden wenden. Die zahlen für ihre Lieblings-Laufschuhe oder ihre Büro-Sneakers auch 10 Dollar mehr, wenn nötig.

Aber natürlich weiss man in Zürich um die Volatilität des Welthandels. Hoffmann sagte den Analysten an diesem Dienstag, dass die makroökonomische Lage ein Grund dafür sei, dass On fürs zweite Halbjahr 2025 eher vorsichtig plant. Vorsicht ist indes ein relativer Begriff: On strebt einen Jahresumsatz von 2,94 Milliarden Franken an, ein Plus von 27 Prozent gegenüber 2024.

Bei den Anlegern kommt gut an, dass der Schweizer Sportartikelhersteller die Erwartungen im vierten Quartal übererfüllt hat und sich weiter ambitioniert zeigt. Die On-Aktien legten im Tagesverlauf um mehr als 6 Prozent zu. «Freu dich über jedes Level, das du erreichst»: Selten fiel es On einfacher, den Ratschlag von Co-Gründer Bernhard zu befolgen.

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