Freitag, Oktober 18

Die Regierung stellt im Land das Internet ab. Die Resultate lassen auf sich warten.

Am Donnerstagabend war bis nach Mitternacht nicht klar, wer die pakistanischen Wahlen gewinnen wird. Die Resultate liessen länger auf sich warten, zwischendurch war aber selbst die Website der Wahlkommission nicht mehr zugänglich. Erst am Freitag dürfte der Wahlsieger bekanntwerden.

Die Wahlen in Pakistan fanden in einer Atmosphäre des Misstrauens statt. Die Regierung hatte das mobile Internet im Land blockiert, es blieb bis am Abend, Stunden nachdem die Wahllokale geschlossen waren, unerreichbar. Laut dem Innenministerium handelt es sich um eine Sicherheitsmassnahme, um Terrorismus zu verhindern. Trotzdem kam es am Donnerstag zu Anschlägen: 12 Personen kamen bei Attacken ums Leben, unter ihnen zwei Kinder bei der Explosion einer Bombe in der Nähe eines Wahllokals. Erst am Vortag waren bei zwei Anschlägen im westpakistanischen Baluchistan 28 Menschen ums Leben gekommen – die Explosionen ereigneten sich in der Nähe von Wahlbüros.

Enorme Sicherheitsmassnahmen

Über 5000 Kandidaten stellten sich in Pakistan zur Wahl, unter ihnen gerade einmal 313 Frauen. Sie alle kämpften um einen Sitz im nationalen Parlament. 128 Millionen Wähler sind in Pakistan registriert. Die Blockade des mobilen Internets bedeutete aber, dass weniger als gewohnt an den Wahlen teilnehmen konnten. Laut Berichten aus Pakistans zweitgrösster Stadt Lahore war der Aufmarsch vor den Wahllokalen bescheidener als in anderen Jahren. Bewohner beklagten sich, dass sie ohne mobiles Internet keine Fahrgelegenheiten zu den Wahllokalen organisieren könnten. Auch die Parteien beklagten sich über das Abschalten des Internets.

Die Sicherheitsmassnahmen vor den Wahllokalen waren enorm. Mehrere wurden von Armeeangehörigen oder bewaffneten Sicherheitsleuten bewacht. Insgesamt waren 600 000 Polizisten und Soldaten im Einsatz. Die Präsenz des Militärs bestätigte viele Bürger und Bürgerinnen in ihrem Misstrauen, dass ihre Stimme überhaupt zählen wird.

Die diesjährigen Wahlen gehören zu den umstrittensten seit der Gründung des Staates 1947. Pakistans Geschichte ist reich an politischen Unruhen und Militärcoups. Selten jedoch hat das Militär so offensichtlich in den demokratischen Verlauf einer Wahl eingegriffen.

Die populärste Partei, die PTI des ehemaligen Premierministers Imran Khan, ist gar nicht erst zur Wahl zugelassen. Khan hatte sich noch im Amt mit den Generälen überworfen, 2022 wurde er abgesetzt und stört seither mit Protesten und Störaktionen den Politbetrieb im Land.

Seine Kandidaten müssen als Unabhängige antreten. Viele getrauten sich in den vergangenen Tagen nicht, überhaupt Wahlkampf zu machen, denn im Vorfeld der Wahlen waren mehrere PTI-Parteikader und Kandidaten verhaftet worden. Imran Khan selber sitzt seit Monaten in Haft. Er wurde in den Tagen vor den Wahlen gleich zu drei Gefängnisstrafen verurteilt – eine erhielt er wegen unerlaubter Annahme von Geschenken, eine wegen Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen und eine weitere, weil seine Ehe angeblich islamisches Recht verletzt. Der Ex-Mann seiner Frau Bushra Bibi hatte das Paar angeklagt, die beiden hätten nach der Scheidung Bibis nicht drei Monate bis zur neuerlichen Hochzeit gewartet.

Khans Partei PTI kam in den Massenmedien vor den Wahlen kaum noch vor, obwohl sie im Land über eine grosse Anhängerschaft verfügt. Die Wahlberichterstattung der lokalen Medien unterliegt starken Restriktionen. Auch ausländische Journalisten, die über die Wahlen vor Ort berichten, wurden vom Geheimdienst beobachtet.

Angebliche Manipulation beklagt

Die ersten, unbestätigten Tendenzen aus den ausgezählten Wahldistrikten zeigten am Donnerstagabend allerdings, dass die unabhängigen Kandidaten der PTI besser abgeschnitten haben könnten, als es den Militärs lieb sein kann. Offizielle Wahlresultate dürften erst am Freitag bekanntwerden.

Mehrere Parteien beklagten sich öffentlich über angebliche Manipulation bei den Wahlen. Hunderte Stimmen seien aus Wahllokalen entwendet worden. Einzig der Spitzenkandidat und Favorit der Generäle, Nawaz Sharif, bezeichnete die Wahlen am Donnerstagnachmittag gegenüber Reportern als «absolut fair».

Wer auch immer Pakistan in den kommenden Jahren regieren wird, es warten riesige Herausforderungen. Das Land ist gespalten, die Unzufriedenheit mit dem Militär als inoffizieller höchster Instanz im Land wächst. Das hat auch mit der angespannten wirtschaftlichen Lage zu tun. Die Inflation ist hoch, die Währung schwach, selbst Pakistans Elite spürt die Folgen der anhaltenden Wirtschaftskrise. Es dürften weitere unruhige Monate auf das Land zukommen.

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