Donnerstag, Januar 9

Offensichtlich träumt der frühere und künftige US-Präsident davon, sein Land geografisch zu vergrössern. Dabei schliesst er auch militärischen Zwang gegen ein Nato-Mitglied wie Dänemark nicht aus.

Im Wahlkampf versprach Donald Trump seinen Wählern, Amerika wieder grossartig zu machen: «Make America great again!» Offensichtlich träumt der frühere und künftige Präsident dabei auch davon, sein Land geografisch zu vergrössern. Bereits vor Weihnachten drohte er damit, den Panamakanal wieder unter die Kontrolle der USA zu bringen, sollte der chinesische Einfluss an dem geostrategisch wichtigen Wasserweg weiter zunehmen. Ausserdem erneuerte er seinen Wunsch, Grönland zu erwerben. In den vergangenen Wochen schwadronierte Trump auch darüber, dass Kanada der 51. Gliedstaat der Vereinigten Staaten werden sollte.

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Bei einer Pressekonferenz in Mar-a-Lago am Dienstag bekräftigte Trump seine expansionistischen Ansprüche und ging noch einen Schritt weiter. David Sanger von der «New York Times» wollte vom angehenden Präsidenten wissen, ob er im Falle des Panamakanals und Grönlands der Welt versichern könne, dass er weder wirtschaftlichen noch militärischen Zwang ausüben werde, um diese Gebiete unter amerikanische Kontrolle zu bringen. «Nein, ich kann dies in beiden Fällen nicht ausschliessen», antwortete Trump. Es könne sein, dass man etwas unternehmen müsse.

Der Wahnsinn als kaltblütiges Kalkül?

Einerseits überrascht es kaum, dass Trump die Anwendung militärischer Gewalt nicht ausschliessen will. «Für ihn scheinen extreme Ideen eine Verhandlungsstrategie zu sein», schrieb die «Washington Post» am Dienstag. Wie einst Präsident Richard Nixon gilt auch Trump als Anhänger der sogenannten «Madman Theory». Der Denkansatz geht davon aus, dass ein als zu allem bereit und als verrückt wahrgenommener Staatschef grössere Chancen hat, seine Verhandlungspartner zu Zugeständnissen zu bringen.

Andrerseits gehört das halbautonome Grönland völkerrechtlich zu Dänemark – einem Nato-Mitglied. Gemäss Artikel 5 des Nato-Vertrags ist ein Angriff auf einen Bündnispartner ein Angriff auf alle Mitglieder. Würde Grönland militärisch angegriffen, müssten ihm demnach alle Nato-Staaten kollektiv zu Hilfe eilen. Allerdings ist nicht definiert, was passieren sollte, wenn ein Nato-Mitglied ein anderes Mitglied der Allianz angreifen würde. Die «Post» meint dazu: «Es hört sich lächerlich an und wird vermutlich niemals eintreten. Aber selbst die implizite Drohung ist ein Ding.»

Es sei nicht klar, ob Dänemark überhaupt einen rechtlichen Anspruch auf Grönland habe, erklärte Trump am Dienstag. «Aber wenn dem so ist, sollten sie darauf verzichten, denn wir brauchen es für unsere nationale Sicherheit.» Für den Fall, dass Kopenhagen nicht kooperieren sollte, drohte Trump mit «sehr hohen Zöllen».

Um dem Ansinnen seines Vaters noch mehr mediale Aufmerksamkeit zu verleihen, flog sein Sohn Donald junior am Dienstag für eine informelle Kurzvisite nach Grönland. Er traf sich dabei mit angeblichen Trump-Anhängern und teilte die Fotos davon bei dem Kurznachrichtendienst X. Zu einem Post schrieb er: «Grönland liebt Amerika und Trump!!!»

Im Falle von Kanada schloss Trump indes militärische Druckmittel aus. Er werde auf wirtschaftliche Massnahmen setzen, meinte der angehende Präsident. Gleichzeitig bezeichnete er die amerikanisch-kanadische Grenze als «künstlich gezogene Linie»: «Kanada und die USA, das wäre wirklich etwas. Du entfernst die künstlich gezogene Linie und schaust dir an, wie das aussieht.» Ein kanadischer Anschluss wäre in Trumps Augen auch besser für die nationale Sicherheit. Amerika bezahle «jährlich Hunderte Milliarden» von Dollar, um Kanada zu beschützen, beklagte er sich.

Während der Pressekonferenz bekräftigte Trump auch seine Drohung, Mexiko mit höheren Zöllen zu belasten, um es für die anhaltende Zuwanderung zu bestrafen. Zudem kündigte er an, den Golf von Mexiko in Golf von Amerika umzubenennen.

«Alaska war auch ein ziemlich gutes Geschäft»

Wie ernsthaft Trumps Absichten sind und wie entschlossen er sie verfolgen wird, muss sich indes noch zeigen. Im Falle von Kanada und Mexiko dürfte es vor allem darum gehen, für künftige Handelsgespräche eine Drohkulisse aufzubauen. Den auf Sicherheitsfragen spezialisierten David Sanger erinnerten die Pressekonferenz und Trumps «chaotischer Bewusstseinsstrom» an dessen erste Amtszeit. Für das «Wall Street Journal» skizzierte der angehende Präsident hingegen durchaus eine kohärente aussenpolitische Agenda, die «sich nicht auf globale Allianzen und den Freihandel stützt, sondern auf wirtschaftlichen Zwang und unilaterale militärische Macht, auch gegen Verbündete».

Die Idee, dass Grossmächte ihren Einfluss in ihrer Nachbarschaft behaupten und ihre Interessen gegen schwächere Staaten durchsetzen sollten, ist nicht neu. Und im Grunde scheint Trump dabei ähnlich wie der Kremlchef Wladimir Putin zu denken. Wie die russische Propaganda suggerierte der künftige amerikanische Präsident am Dienstag, dass ein möglicher Nato-Beitritt der Ukraine der Auslöser für den Angriffskrieg gewesen sei. Russland habe einen Nato-Beitritt der Ukraine stets kategorisch abgelehnt, meinte Trump. Aber Biden habe darauf bestanden, dass Kiew dem Bündnis beitreten dürfe. «Nun, dann hätte Russland jemand an seiner Türschwelle, und ich könnte seine Gefühle darüber verstehen.»

Während republikanische Politiker die expansionistischen Ankündigungen ihres angehenden Präsidenten begrüssten oder dazu schwiegen, bezeichnete der demokratische Abgeordnete Jim Himes die impliziten Drohungen gegenüber Dänemark als «völligen Wahnsinn». Der demokratische Fraktionsführer im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, schrieb auf X: «Die Demokraten sind darauf fokussiert, die hohen Lebenskosten in Amerika zu senken, nicht darauf, in Grönland einzumarschieren.»

Nicht alle Demokraten reagierten indes ablehnend auf Trumps Ideen. Der demokratische Gouverneur von Colorado, Jared Polis, forderte zunächst die Anerkennung bereits amerikanischer Gebiete als vollberechtigte Mitglieder der Union: «Wenn sich die Menschen in Grönland dafür entscheiden, dem grossartigsten Land der Welt beizutreten, begrüsse ich sie als den 53. Gliedstaat nach Puerto Rico und Washington DC.» Auch der demokratische Senator John Fetterman zeigte sich in einem Interview mit Fox News offen. Er lehne eine militärische Eroberung ab, aber wenn Grönland für einen Kauf zu haben sei, warum nicht: «Ich denke, Alaska war auch ein ziemlich gutes Geschäft.»

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