Es war keine Notwehr: Ein 30-jähriger Schweizer, der im November 2022 im Ustermer Zeughausareal einen 28-Jährigen erstach, erhält wegen vorsätzlicher Tötung 11 Jahre Freiheitsstrafe.

«Der Beschuldigte wollte nicht abwehren, er wollte gewinnen», erklärt der vorsitzende Richter Marcel Moser bei der Urteilseröffnung am Bezirksgericht Uster. Eine Notwehrsituation habe bei der Bluttat am 27. November 2022 auf dem Zeughausareal Uster klar nicht bestanden.

Mit acht Messerstichen in den Hals, das Gesicht und den Rücken war damals ein 28-jähriger Schweizer nach einer ausgelassenen Geburtstagsparty auf dem Parkplatz des Zeughauses in den Armen seiner Freundin verblutet.

Der 30-jährige beschuldigte Schweizer Produktionsmechaniker erhält eine Freiheitsstrafe von 11 Jahren wegen eventualvorsätzlicher Tötung sowie eine vollziehbare Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 50 Franken wegen Gewaltdarstellungen.

Nur geringe Einwirkung des Alkohols

Eine Gruppe von fünf Partygängern hatte in jener nasskalten Novembernacht um etwa 2 Uhr 45 morgens mit dem Geschäftsauto des 28-jährigen späteren Opfers vom Parkplatz wegfahren wollen. Der Beschuldigte war ins Auto mit zugestiegen und vom Besitzer zum Aussteigen aufgefordert worden. Es sei nur ein Fünfplätzer.

Das Gericht sei zu dem Schluss gekommen, dass der Beschuldigte danach zweifellos weiter provoziert habe und nicht einfach weggegangen sei, wie er behauptet habe, erklärt Richter Moser. Der Beschuldigte habe gezielt eine Flasche gegen das Auto geworfen, was aus den Zeugenaussagen hervorgehe. Es sei eine gezielte Provokation gewesen.

Deshalb könne man nicht von einem überraschenden Angriff des später Getöteten reden, auch wenn dieser möglicherweise den ersten Schlag ausgeführt habe. Es habe sich ein gegenseitiges Gerangel entwickelt. Von Panik oder Todesangst könne überhaupt keine Rede sein. Dann wäre nämlich nicht erklärbar, wie der Beschuldigte sein mitgeführtes Messer so problemlos gefunden habe und habe öffnen können.

Laut Richter Moser sieht das Gericht bei einem mittleren Blutalkoholwert von 1,38 und maximalen Wert von 1,77 Promille nur eine geringfügige Einwirkung auf den Beschuldigten. «Er hatte seine Handlungen unter Kontrolle.»

Der Beschuldigte habe selber keine sichtbaren schweren Verletzungen davongetragen. «Es bestand keine Gefahr, dass Sie abgemurkst werden», hält Moser fest. Es habe keine Notwehr bestanden – auch Notwehrexzess oder Putativnotwehr komme nicht infrage – sondern eine Situation, die der Beschuldigte wohl erwartet habe. Es habe sich auch eindeutig nicht um ein Messer zum Schnitzen von Holz oder zum Schneiden von Cervelats gehandelt, sondern um ein Messer, das klar als «Kampfmesserli» zu qualifizieren sei.

Der Beschuldigte habe das Messer fast selbstverständlich «eingesetzt». Er habe eine Affinität zu Gewalt und Messern, was auch die Beschlagnahmung von 90 Waffen bei der Hausdurchsuchung und «die ganze Hitler-Ideologie» zeigten, die er zu Hause mit Memorabilia zelebriert habe. Es sei auch eine Schutzbehauptung, dass er nichts von den Gewaltdarstellungen auf seinem Handy gewusst haben wolle. Er habe im Netz selber aktiv Anfragen wegen «Killervideos» gemacht.

Tötung war nicht das Ziel, aber wurde in Kauf genommen

Der Tatbestand Mord sei nicht erfüllt. Absolute Skrupellosigkeit, eine direkte Planung und Hinterhältigkeit lägen nicht vor, auch kein direkter Vorsatz, hält der Richter fest. Es habe sich nämlich nicht feststellen lassen, dass der Beschuldigte sein Opfer gezielt habe töten wollen. Er habe den Tod aber in Kauf genommen.

Die theoretische Einsatzstrafe legte das Gericht bei 15 Jahren fest. Davon zog es 3,5 Jahre ab, aufgrund der leicht verminderten Schuldfähigkeit, des Eventualvorsatzes und des Umstands, dass «das bedauernswerte Opfer nicht ganz passiv an der Vorgeschichte» beteiligt war. Ein weiteres halbes Jahr wurde aufgrund «einer gewissen Reue», des guten Führungsberichts aus dem Gefängnis und des Umstands gewährt, dass der Beschuldigte die Untersuchung nicht erschwert habe.

Drei Angehörigen des Todesopfers werden Genugtuungen zugesprochen: Die Lebenspartnerin erhält 10 000 Franken, die Schwester 15 000 Franken und die Mutter 25 000 Franken.

Richter Moser gibt dem 30-Jährigen zum Schluss mit auf den Weg: Auch wenn diese Strafe hart sei, im Alter von 40 Jahren könne er wieder ins Leben zurück, «ihr Opfer kann das nie mehr!».

Der Beschuldigte verbleibt in Sicherheitshaft.

Urteil DG240002 vom 5. 7. 2024, noch nicht rechtskräftig.

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