Freitag, Februar 7

Die Reaktion aller Enttäuschten nach der Wahl von Donald Trump fiel erstaunlich ruhig aus. Kann der US-Präsident seinen Traum einer autokratisch regierten Plutokratie mit global eingesetzter, unilateraler Machtausübung umsetzen? Barrieren bestehen, Gegenbewegungen beginnen.

Wochen nach der Amtseinsetzung von US-Präsident Donald Trump deutet vieles darauf hin, dass er tatsächlich macht, was er vorausgesagt hat. Die Deportationen von auch nicht straffälligen Migranten haben begonnen, seine Gefolgsleute – wie etwa der unqualifizierte Verteidigungsminister Pete Hegseth – werden durch eine Trump-gefügige republikanische Mehrheit bestätigt.

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Allein schon die Drohung mit massiven Zöllen lässt bisherige Partnerländer der USA Konzessionen in Aussicht stellen – wo sie nicht bereits frontal angegriffen werden wie Kanada und Mexico – und Wirtschaftsvertreter frohlocken ob der kommenden Bonanza unter dem Motto «The business of business is business» und nicht etwa auch Nachhaltigkeit oder gar sozialer Ausgleich.

Die Wirtschaft jubelt?

Grosse Teile der Wirtschaft jubeln tatsächlich und beeilen sich, dem Propheten einer neuen Weltwirtschaftsordnung im Weissen Haus – allein Macht, Geld und Grösse zählen –, vor die Füsse zu fallen. Speziell frappierend war die etwas herablassende Verbrüderung Trumps mit dem Mogul Masayoshi Son (CEO von SoftBank), der neben ihm in Mar-a-Lago eine Investition von 100 Mrd. $ in den USA verkündete. Ein Mann aus Japan, dessen Land zumindest sicherheitspolitisch unter der neuen amerikanischen Regierung unsicheren Zeiten entgegen geht. Ähnlich auch Bernard Arnault, Chef des Luxusgüterkonzerns LVMH, der in seinem Lob für Trump immer gleich noch Spitzen gegen sein Heimatland Frankreich und die Europäische Union einbaut.

Der offensichtlichste Wendehals dürfte Metas Mark Zuckerberg sein, der plötzlich von schrankenloser Meinungsäusserungsfreiheit spricht und nicht mehr von Verantwortung der Datenportale für deren Inhalt. Googles Sundar Pichai hat auf den Google-Karten den Golf von Mexiko bereits in Amerikanischen Golf umgetauft. Zusammen mit den anderen US-Tech-Baronen sassen die Beiden dann auch bei der Amtseinsetzung als Teil der Grossfamilie Trump in der vordersten Reihe, nach Bezahlung eines ansehnlichen Obolus und als Teil eines Deals, der die Türen zum Trumpland öffnet. Dabei nimmt man zur Kenntnis, dass Zuckerberg über den Eintrittspreis zur Amtseinsetzung hinaus Trump 25 Mio. $ zahlen muss wegen der Schliessung von dessen Facebook-Konto nach dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021.

Immerhin hat das Auftauchen eines kleinen KI-Unternehmens aus China, DeepSeek, bislang unaufhaltsam vorwärts stürmende Tech-Aktien innehalten lassen und sogar die Frage nach dem Ende der amerikanischen Vorherrschaft bei künstlicher Intelligenz steht plötzlich im Raum. Lediglich ein Beispiel, dass Zweifel am Erfolg von Trump auch in Wirtschaftskreisen bestehen. Dies speziell, was Energie und Klimawandel anbelangt.

Öl, Gas und kein Klimawandel?

Trump ist aus dem Pariser Klimaabkommen ausgetreten und will fossilen Brennstoffen freien Lauf lassen unter seinem spezifischen Motto drill, baby, drill. Seinen entsprechenden Erlass (Executive Order) zur Blockierung von Bundesmitteln, von der Biden-Regierung für alternative Energien vorgesehen, musste er allerdings nach nur einem Tag wegen Protesten in den Bundesstaaten und offensichtlicher Undurchführbarkeit zurücknehmen.

In diesem spezifischen Fall von Subventionen, aber auch ganz generell, ist der Zug in Richtung Nachhaltigkeit bereits abgefahren. Gerade jetzt, unter dem Eindruck des Grossbrandes von Los Angeles in den USA oder von verheerenden Überschwemmungen in verschiedenen westeuropäischen Ländern, gewinnt die Einsicht Oberhand, dass die Klimaerwärmung ganz zuoberst auf der gesellschaftlichen Prioritätenliste stehen muss. Viele Wirtschaftsvertreter erkennen diesen langfristigen, aber unaufhaltsamen Trend in Richtung Nachhaltigkeit an. Sie haben sich bereits entsprechend positioniert und werden dies wegen vier Jahren Trump mit der Möglichkeit eines danach abermals erfolgenden Politikwechsel der USA nicht einfach aufgeben.

Der Globale Süden profitiert, oder auch nicht

Laut Umfragen ist, im Gegensatz zum Westen, eine Mehrheit im Globalen Süden der Meinung, dass Trump für ihre Länder besser sein werde als bisherige amerikanische Regierungen. Endlich ein starker Mann, der – wie sie sich das in der Regel von zu Hause gewohnt sind – Entscheidungen allein mit Blick auf unmittelbaren Profit fällt. Projekte also ohne Rattenschwanz von Bedingungen und Ermahnungen, was saubere Regierungsführung, Rechtsstaat und Menschenrechte anbelangt. Ähnlich wie das Peking mit dem Instrument der «Neuen Seidenstrasse» tut, aber erst noch mit amerikanischer, individualistischer Softpower und nicht kollektiver Uniformität verziert.

Diese Mehrheit könnte sich täuschen. Denn erstens haben mittlere und kleine Länder am meisten zu fürchten, wenn Trump wirklich die Axt an die bisherige, insgesamt von Regeln bestimmte Weltordnung anlegt. Mit Ausnahme von ganz wenigen Grossmächten wie China, Indien und allenfalls etwa noch Brasilien – sie kann auch ein Trump wegen ihrer demografischen und geografischen Grösse nicht erdrücken – werden sie am meisten leiden unter einer Hobbesschen Weltordnung, in der das Recht des Stärkeren gilt (might makes right).

Panama (Kanal), Mexiko (Strafzölle) und Kolumbien (Rückführung von nicht-straffälligen Emigranten) im zum Hinterhof der USA degradierten Südamerika haben dies bereits am eigenen Leib erfahren. Grönland/Dänemark ist ein Beispiel aus Europa. Trumps Vorschlag zur kompletten Umsiedlung der Palästinenser aus dem Gazastreifen nach Ägypten und Jordanien, ein eigentliches Ethnic Cleansing zeigt, wie er komplexe Krisenherde auch anderswo mit Brachialgewalt meint lösen zu können.

Weiter werden es Vertreter des Globalen Südens sein, die am meisten leiden unter einer zur isolationistischen Festung ausgebauten USA, die weder Entwicklungshilfe leistet noch als letztes Asyl von politisch Verfolgten und auch nicht als traditionelles Ziel von Studenten und jungen Himmelsstürmern aus der Dritten Welt dienen will. Trumps Bezeichnung aus seiner ersten Amtszeit von Afrika als «Shithole Countries» sollte eigentlich unvergessen sein.

Schliesslich sind es Entwicklungsländer speziell in Afrika und im Pazifik, die unter den Folgen des weltweiten Klimawandels und damit an dessen Verneinung durch die Trump-Regierung schon heute am meisten leiden – obwohl sie selbst nur einen kleinen Bruchteil schädlicher Emissionen verursachen.

Nach dem Gipfel folgt der Abstieg

Peak Trump wurde kürzlich von Stephen Walt, ein renommierter amerikanischer Kolumnist und Professor an der Stanford University mit klar konservativer Ausrichtung, ohne Fragezeichen geschrieben. Auch wenn dies zutrifft und Trump künftig eher an Einfluss und Macht verlieren sollte, beruhigt das nicht unbedingt. Jeder Bergsteiger weiss, dass Unfälle auf dem Abstieg vom Gipfel passieren. Solche sind mit Blick auf die einzige Konstante in Trumps Wirken, seine Unberechenbarkeit, jederzeit möglich.

Das sollte eigentlich auch der Schweizerischen Nationalbank bekannt sein, die laut Medienberichten als erstes ausländisches öffentliche Institution in Trump-Aktien (Truth Social) investiert hat. Trumps Social Media Plattform ist bekanntlich weder wahr noch sozial.

Daniel Woker

Daniel Woker ist ehemaliger Botschafter der Schweiz in Australien, Singapur und Kuwait. Davor war er erster Direktor des Genfer Zentrums für Sicherheitspolitik (GCSP), mit dem Titel eines Botschafters. Frühere diplomatische Posten umfassten Paris (Ministre Conseiller), Stockholm (stv. Missionschef) sowie Wirtschaftsrat an der Uno-Mission in New York. Heute arbeitet er als Spezialist für Geopolitik und Strategie, mit regelmässiger Vortragstätigkeit und Veröffentlichungen über den Grossraum Asien-Pazifik, speziell die ASEAN und Australien, über die arabische Halbinsel und die Entwicklung der EU. Zusammen mit dem früheren Schweizer Diplomaten Philippe Welti hat Woker das Unternehmen Share-an-Ambassador gegründet, das sich auf geopolitische Due Diligence spezialisiert.
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