Samstag, Oktober 19

Nicht einmal die Bundespersonalverordnung kann die beiden trennen.

Brigitte Hauser-Süess könnte derzeit durch die Walliser Wälder wandern, Zeit mit ihren Enkeln verbringen oder sonst ihren wohlverdienten Ruhestand geniessen. Aber die im September 70 Jahre alt Gewordene denkt erst gar nicht daran und macht weiter das, was sie seit zwei Jahrzehnten macht: Bundesrätinnen beraten, im Moment Bundespräsidentin Viola Amherd.

Die gebürtige Luzernerin arbeitete schon für Ruth Metzler und Doris Leuthard. Eveline Widmer-Schlumpf bezeichnete Hauser-Süess am Schluss der Amtszeit als «Freundin». Bei Viola Amherd ist es vielleicht noch mehr. Denn Hauser-Süess hat Amherds politisches Talent vor 40 Jahren entdeckt und gefördert. Ohne Hauser-Süess wäre Amherd heute gar nicht Bundesrätin und wenn doch, dann nur eine halbe?

Die externe Intima

Jedenfalls ist Hauser-Süess für Amherd so wichtig, dass sie (als einzige persönliche Mitarbeiterin) ihre Chefin und den Gesamtbundesrat auf das jährliche Schulreisli begleiten durfte. An der Bürgenstock-Konferenz sass Hauser-Süess direkt hinter Amherd, in der gleichen Reihe wie die Staatssekretäre und Aussenminister. Hauser-Süess ist für Amherd so wichtig, dass sie weiterhin für sie arbeitet – wenn auch auf Mandatsbasis. Die Intima ist arbeitsrechtlich eine Externe geworden.

Das ist ein seltener Vorgang, vielleicht sogar ein einmaliger. Ende 2023 arbeiteten 31 Personen beim Bund (mit seinen über 40 000 Angestellten), die älter sind als 65 – darunter Hauser-Süess. Die Bundespersonalverordnung legt fest, dass die Arbeitsverhältnisse von Bundesbeamten spätestens mit Erreichen des 70. Lebensjahres enden. Darüber hinaus ist eine Weiterbeschäftigung im Anstellungsverhältnis nicht möglich. Es gebe kein Recht auf ein Weiterarbeiten in der bestehenden Funktion, hält das Eidgenössische Personalamt grundsätzlich fest.

Lohnklasse 31

Für Hauser-Süess zählt ohnehin nur das Recht auf Macht. Ansehen und Beifall haben sie nie sonderlich interessiert. Sie will gestalten, beeinflussen und mitbestimmen. So liess sie etwa, kaum hatte Amherd das VBS übernommen, mit Nicolas Perrin ihren Schwager an der Spitze des Rüstungskonzerns Ruag installieren. Die Schwägerschaft wurde der Öffentlichkeit (sowie dem Bundesrat) erst bekannt, als Perrin vom Amt zurücktreten musste.

Amherd und Hauser-Süess haben sich darauf geeinigt, dass sie ihren gemeinsamen Weg vorerst bis Ende Jahr weitergehen. «Die Auftragnehmerin führt die Beratung der Chefin VBS im Anschluss an ihre Pensionierung bis Ende 2024 weiter», heisst es im Vertrag. Die NZZ hat diesen über das Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ) angefordert. Amherd und Hauser-Süess liessen veranlassen, dass der Vertrag ausserhalb des BGÖ-Prozesses ausgehändigt wird – dafür aber geschwärzt.

Der pauschale Tagessatz bleibt der Öffentlichkeit genauso verwehrt wie die Einsicht in das vertraglich geregelte Kostendach. Auf Nachfrage heisst es seitens VBS lediglich, dass der definierte Tagessatz «auf dem bisherigen Lohn der Lohnklasse 31» basiere. Im Fall von Hauser-Süess ist von einem Bruttojahreslohn in der Höhe von 224 015 Franken auszugehen. Wie wurde der Tagessatz berechnet? Wie viele Steuerfranken hat Hauser-Süess in den letzten Monaten ihrer Berufslaufbahn noch zugute? Amherd, die sich auch den Kampf gegen die Desinformation auf die Fahne geschrieben hat, bevorzugt die Nicht-Information. Das BGÖ-Gesuch wurde seitens NZZ mit Bitte auf Entschwärzung erneuert.

Dass es auch ganz anders geht, zeigte unlängst Justizminister Beat Jans. Der Coaching-Vertrag zwischen seinem Kommunikationschef Oliver Washington und dem Berater Daniel Eckmann wurde innert weniger Stunden offengelegt. Hier betrug das Kostendach lediglich 6000 Franken. Die Dienste von Hauser-Süess dürften höher entgolten werden. Für Viola Amherd sind sie ohnehin unbezahlbar.

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