Montag, Januar 13

Nach dem Börsenboom zeigt sich eine riesige Kluft zwischen den Pensionskassen. Die Verzinsungen reichen von 1,5 bis 9 Prozent.

«2024 ist ein Glanzjahr für uns», strahlt Laurent Schlaefli. Der Geschäftsführer der Pensionskasse Profond kann seinen Versicherten richtig viel Geld ausschütten: 8 Prozent beträgt die Zinsgutschrift für die Erwerbstätigen. Erst einmal, im Jahr 1997, war die Vergütung noch höher. Wer beispielsweise eine halbe Million Franken an PK-Vermögen angespart hat, ist damit um 40 000 Franken reicher geworden. Die gleiche Summe auf dem Sparkonto hätte hingegen magere 2000 Franken an Zins abgeworfen.

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Die grosszügige Ausschüttung kann sich Profond leisten, weil die Pensionskasse mit ihren 70 000 Versicherten an den Finanzmärkten eine Rendite von 9,6 Prozent erwirtschaftet hat. «Zwar hat die Schweizer Börse etwas enttäuscht», so Schlaefli, «dafür konnten vor allem amerikanische Aktien mit einer super Performance überzeugen.» Profond gehört zu jenen Kassen, die einen besonders hohen Anteil in Aktien und Immobilien investiert haben. Festverzinsliche Gelder machen bei ihr lediglich 14 Prozent des Portfolios aus.

Auch Pensionskassen mit weniger Aktien haben 2024 allerdings sehr gut verdient. Gemäss einer Schätzung der Beratungsfirma Complementa erreichte die durchschnittliche Rendite 7,6 Prozent. Bei investierten Geldern von 1200 Milliarden Franken bedeutet dies: Die Versicherten haben dank der beruflichen Vorsorge einen Jahresgewinn von 90 Milliarden eingefahren. Das ist das Doppelte der jährlich ausbezahlten AHV-Renten.

UBS-Angestellte profitieren am stärksten

Doch was passiert nun mit diesen Erträgen? Stocken die Pensionskassen weiter ihre Reserven auf, oder fliessen die Einnahmen effektiv in die Taschen der Versicherten? «Die Mehrheit der Kassen ist sehr solid aufgestellt, was ihnen hohe Zinsgutschriften ermöglicht», sagt der Complementa-Chef Markus Wirth. Nach seiner Schätzung erhalten die Erwerbstätigen für 2024 eine durchschnittliche Verzinsung von knapp 4 Prozent – ein solcher Wert wurde in den letzten beiden Jahrzehnten nur einmal überboten.

Dabei zeigt sich jedoch eine enorme Kluft zwischen den verschiedenen Kassen: Zu den grössten Profiteuren zählen die Mitarbeitenden von UBS oder Sulzer, die eine Verzinsung von 9 Prozent erhalten. Auch die Migros-Angestellten gehören mit 7,5 Prozent zur Spitzengruppe. Auf der anderen Seite müssen sich die Bundesbeamten mit einer Zinsgutschrift von mageren 1,5 Prozent begnügen. Auch das Aargauer Staatspersonal erhält weniger als 2 Prozent.

In guten Börsenjahren sei diese Spannbreite jeweils besonders gross, erklärt Wirth: «Es ist keine Überraschung, dass öffentlichrechtliche Kassen jetzt eher tiefe Zinsen gewähren. Denn viele von ihnen wurden mit knappen Mitteln ausgestattet und müssen die erzielten Gewinne zuerst dazu nutzen, ihre Rücklagen zu verbessern.»

Der Drang nach Sicherheit ist auch dadurch begründet, dass die Vorsorgegelder kapitalgeschützt sind. Das heisst: Einmal gutgeschriebene Gelder bleiben unangetastet, selbst wenn es an der Börse zu einem Crash kommen sollte. Allerdings könne ein zu grosses Polster ebenfalls zu Ungerechtigkeiten führen, mahnt Wirth: «Wenn ein Mitarbeiter das Unternehmen verlässt, so muss er die gebildeten Kapitalreserven zurücklassen, obwohl er mit seinen Einzahlungen dazu beigetragen hat.»

Die Frage der Fairness stellt sich ebenso zwischen den Erwerbstätigen und den Rentnern in einer Pensionskasse. Weil die Pensionierten über Jahre hinweg mit zu hohen Zinsversprechen in den Ruhestand gingen, kam es zu einer Umverteilung in Milliardenhöhe. Dies zeigt sich auch in den Daten von Complementa: Während die Rentner über die letzten 20 Jahre eine mittlere jährliche Verzinsung von 2,8 Prozent erhielten, mussten die Erwerbstätigen mit 2,3 Prozent vorliebnehmen.

Seit 2019 allerdings hat dieser Trend gekehrt, und die Lücke schliesst sich wieder – dank dem Boom an den Börsen. Die mittlere Vergütung zugunsten der aktiv Versicherten von zuletzt knapp 4 Prozent ist doppelt so hoch wie das Zinsversprechen an die Pensionierten, welches inzwischen unter 2 Prozent gesunken ist. «Das verdeutlicht, dass die Pensionskassen ihre Hausaufgaben gemacht haben», betont Wirth. «Da die Erwerbstätigen das Anlagerisiko tragen müssen, ist es durchaus gerechtfertigt, dass sie in guten Jahren stärker profitieren.»

Zudem gibt es bereits vereinzelte Institute, welche den Rentnern einen speziellen Bonus gewähren. So hat die Migros-Pensionskasse sämtliche Renten um 4,5 Prozent erhöht sowie eine Sonderzahlung von 2000 Franken genehmigt. «Wenn sich die Märkte weiterhin positiv entwickeln, müssen die Pensionskassen prüfen, wie sie insbesondere die Einbussen der zuletzt pensionierten Jahrgänge ausgleichen können», bestätigt Laurent Schlaefli. Überdies hätten manche Kassen ihre Umwandlungssätze so stark abgesenkt, dass eine Erhöhung sinnvoll wäre.

Keine Furcht vor einem Crash

Doch wie gut ist eine Pensionskasse wie Profond gegen einen erneuten Einbruch an den Finanzmärkten gewappnet? Die Bewertungen an den Aktienmärkten sind im historischen Vergleich hoch. Ausserdem tendieren die Zinsen der Schweizer Staatsanleihen wieder gegen null. Schlaefli gibt dennoch Entwarnung. Entscheidend sei für ihn der Kapitalfluss aus den laufenden Erträgen: «Wir müssen sicherstellen, dass die Einnahmen aus den Dividenden und den Immobilien die Rentenverpflichtungen decken können. Dies ist für die nächsten Jahre gewährleistet.» Nach seiner Überzeugung hätten auch andere Kassen das Potenzial, höhere Renditen zu erzielen. Eine übertrieben vorsichtige Anlagepolitik sei nicht im Interesse der Versicherten.

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