Sonntag, November 24

Jedes Jahr schickt eine britische Organisation Freiwillige auf einen Stützpunkt in der Antarktis. Dort gibt es kein fliessendes Wasser, und es ist kalt – dafür arbeitet man in einer spektakulären Landschaft.

Wer Pinguine mag und es gerne kalt mag, für den ist es ein Traumjob: Pöstler sein auf der Goudier-Insel in der Antarktis, einem der abgelegensten Flecken der Erde. Dort befindet sich das südlichste Postamt der Welt.

Fünf Männer und Frauen aus Grossbritannien dürfen für fünf Monate auf der Insel leben. Sie wurden ausgewählt, den Aussenposten des UK Antarctic Heritage Trust (UKAHT) in der Antarktis zu besetzen. Die Organisation verwaltet die historischen britischen Stützpunkte in der Antarktis. Die Freiwilligen sind in der früheren Forschungsstation Port Lockroy auf der Goudier-Insel stationiert. Sie sind für die Post zuständig, betreuen das Museum sowie den dazugehörigen Shop. Daneben leisten sie Naturschutzarbeit.

Pinguine zählen unter garstigen Bedingungen

Denn gleichzeitig mit der Ankunft der Freiwilligen kommen auf der Insel auch die Eselspinguine für ihre Brutzeit an. Eine Aufgabe des Teams ist daher, die Nester der Eselspinguine sowie deren Eier und Küken zu zählen.

Eselspinguine gelten als die schnellsten Schwimmer ihrer Art. Ihren Namen haben sie von ihrem Schrei, der an jenen der Esel erinnert. Mit dem Schrei warnen sie vor Eierdieben, er ist aber auch in der Paarungszeit zu hören.

Die Goudier-Insel hat die Grösse eines Fussballfelds und liegt westlich der Antarktischen Halbinsel. Die Bedingungen dort sind garstig. Die nächsten Monate scheint fast durchgehend die Sonne, die Temperaturen liegen aber um den Gefrierpunkt. Zudem gibt es kein fliessendes Wasser und daher auch keine Toilette mit Wasserspülung. Dafür wird man mit einer spektakulären Landschaft belohnt.

Die Forschungsstation Port Lockroy auf der Goudier-Insel wurde im Zweiten Weltkrieg vom britischen Militär erschlossen. Es war der erste durchgehend besetzte britische Stützpunkt in der Antarktis. Der Ort bietet eine geschützte Bucht, die schon im frühen 20. Jahrhundert von Walfängern genutzt worden war. Bis 1962 befand sich auf der Insel eine Forschungsstation.

1995 wurde entschieden, Port Lockroy und die drei dazugehörigen Gebäude in die Obhut von UKAHT zu geben und zu einer historischen Stätte zu machen. Heute legen dort im antarktischen Sommer von November bis März regelmässig Kreuzfahrtschiffe an. 18 000 Besucher zählt die sonst unbewohnte Insel pro Saison.

Ein «verrücktes» Postamt

Der 34-jährige George Clarke ist einer der fünf Freiwilligen, die ab November auf der Insel leben werden. Er wird für das Postamt zuständig sein. Bisher war Clarke an Musikfestivals für den Aufbau von grossen Festzelten zuständig. Als er gesehen habe, dass man Leute für den Posten in der Antarktis suche, habe er sich einfach beworben.

«Ich dachte, es wäre etwas Neues, etwas Aufregendes – und dass ich nichts zu verlieren hätte», sagte er der britischen Zeitung «The Guardian». Er freue sich, aufzuwachen und den morgendlichen Kaffee mit Blick über die Antarktis zu geniessen: «Hoffentlich sehe ich auch einen Wal.»

Es sei zwar etwas «verrückt», dass es auf der Insel ein Postamt gebe – aber für viele Besucher sei es ein Ereignis, einen Brief vom südlichsten Postamt der Welt zu versenden.

Eine kleine Box mit persönlichen Gegenständen

Die Freiwilligen müssen für ihren fünfmonatigen Aufenthalt auf Komfort verzichten. Sie dürfen nur eine kleine Box, gefüllt mit einer begrenzten Anzahl an Spielen, Büchern oder Fotos, mitnehmen. Sie schlafen in einem Gemeinschaftsraum in einer Wellblechhütte, wie sie ähnlich auch von der britischen Armee in den Weltkriegen verwendet wurde. Am Abend kochen die Freiwilligen gemeinsam, schauen einen Film oder hören der Präsentation eines Teilnehmers zu über ein Thema, das ihm am Herzen liegt. So will es die Tradition auf Stützpunkten in der Antarktis.

Laut Clarke gibt es zwar Internet auf der Insel, man habe sich aber untereinander darauf geeinigt, es selten zu benutzen. «Ein Teil der Freude, einen so abgelegenen Ort zu besuchen, besteht darin, ein wenig von der Welt abgeschnitten zu sein», sagte er dem «Guardian». Er glaube nicht, dass sie jeden Abend am Handy hängen würden.

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