Der EU-Rechnungshof hat irreführende Verbrauchsangaben bei Pkw entlarvt. Die Einführung strengerer Grenzwerte für den CO2-Ausstoss von Personenkraftwagen hat bisher kaum etwas gebracht, wie eine Prüfung der Behörde ergab. Hier muss strenger überwacht werden.
Der EU-Rechnungshof ist besorgt. Zwar sei es der EU in den vergangenen 30 Jahren gelungen, den Ausstoss von Treibhausgasen in vielen Bereichen zu senken. Gleichzeitig aber, so stellt die Behörde nach ihrer jüngsten Überprüfung der Werte fest, ist der CO2-Ausstoss im Verkehrssektor weiter gestiegen. Das hält der Europäische Rechnungshof für bedenklich, da im Jahr 2021 fast ein Achtel aller Treibhausgase in der EU aus dem Autoverkehr stammten. Würde man den im Labor ermittelten Verbrauchswerten der Hersteller glauben, wäre aber alles in Ordnung – sie hätten die Schadstoffe wie gefordert reduziert.
Eigentlich gibt es seit 2020 eine EU-Regelung, nach der die Emissionen im realen Strassenverkehr gemessen werden können. Die Behörden dürfen Stichproben in einer Häufigkeit entnehmen, die davon abhängt, wie viele Fahrzeuge ein Autohersteller in Verkehr gebracht hat. Die dabei gemessenen Werte zeigen, dass sich die Emissionen auf dem Prüfstand und die Emissionen im Strassenverkehr deutlich unterscheiden. Durch ein verlässliches Erhebungsverfahren wäre die Kontrolle darüber deutlich besser.
Das Elend in Zahlen: Bei Dieselfahrzeugen ermittelte der Rechnungshof eine Abweichung von 18,1 Prozent, bei Benzinern von 23,7 Prozent. Noch viel grösser ist die Differenz bei Plug-in-Hybriden: Da liegt der tatsächliche CO2-Wert sogar 250 Prozent über dem Laborwert. Fachleute überrascht das nicht.
Damit sind die Hersteller solcher Hybridautos, deren Batterie an der Steckdose aufgeladen werden kann, entlarvt. Sie versprechen den Kunden einen zweieinhalbmal geringeren Verbrauch und CO2-Ausstoss als im realen Fahrbetrieb. Der Europäische Rechnungshof belegt die Diskrepanz zwischen diesem Versprechen und der Realität in seinem Prüfbericht erstmals schwarz auf weiss und legt damit den Finger in die Wunde. Immerhin hat die EU-Kommission eingesehen, dass Plug-in-Hybridautos nicht mehr als emissionsarm eingestuft werden sollen. Allerdings erst ab 2025 – die Mühlen der Behörden mahlen langsam.
Um die Kluft zwischen Labor- und Realverbrauch zu verringern, wurde 2017 der genormte Verbrauchszyklus WLTP eingeführt. Folgt man den Untersuchungen des EU-Rechnungshofes, hat er jedoch nicht den gewünschten Effekt erzielt, insbesondere bei Plug-in-Hybridautos. Allerdings ist die Datenlage noch unbefriedigend. Die Untersuchung basiert auf Prüfungen der Behörde in drei EU-Mitgliedstaaten. Zwei davon (die Niederlande und Italien) haben jedoch in den Jahren 2020 und 2021 keine Stichproben im vorgeschriebenen Umfang durchgeführt. Dies könnte auf den Lockdown während der Corona-Pandemie zurückzuführen sein.
Der EU-Rechnungshof zeigt sich enttäuscht, denn er muss einräumen, dass er kaum verlässliche Zahlen und keine Handhabe gegen eine zu geringe Datenbasis hat. Es fehlen belastbare Daten, um konkrete Massnahmen zur Reduzierung der Treibhausgase im Pkw-Bereich zu fordern. Erst ab 2026 seien die Zahlen verlässlich genug, so Mariusz Pomienski vom Europäischen Rechnungshof. Unklar ist auch, wie die EU-Kommission mit den Ergebnissen der Studie umgehen wird.
Die derzeitige Diskrepanz zwischen theoretischem und tatsächlichem CO2-Ausstoss wirkt sich direkt auf die Finanzen der EU, aber auch der Hersteller aus. Eine Einstufung der Fahrzeuge nach ihrem tatsächlichen Verbrauch würde zu deutlich höheren Strafzahlungen bei Überschreitung der Grenzwerte und entsprechenden Mehreinnahmen für die EU führen.
Die Zahl der amtlichen Stichproben von realen Abgaswerten bei Autos im EU-Raum muss deutlich erhöht werden. Wichtig wäre auch, die Erhebung und Kontrolle der Daten zu vereinheitlichen. Eine Reihe von Mitgliedsstaaten hat eine eigene Autoindustrie und kann nicht in dem Masse neutral agieren, wie es für verlässliche Emissionsdaten notwendig wäre. Eine zentrale europäische Behörde sollte die Schadstoffwerte von Pkw immer auf die gleiche Weise erheben und dabei unabhängig agieren. Und erst dann wird klar, dass es nur einen Ausweg gibt, um den geltenden EU-Grenzwert von 95 Gramm CO2 pro Kilometer zu unterschreiten: die Abschaffung von Neuwagen mit Verbrennungsmotor – mit oder ohne Hybridunterstützung.