Sonntag, November 10

Das Schweizer Vegi-Startup eröffnet eine Fabrik im bayrischen Memmingen. Deutschland ist für Planted ein wichtiger Markt, doch die Preispolitik wirft Fragen auf.

Planted wagt den Schritt über die Grenze. Wie der Schweizer Hersteller von Fleischersatzprodukten vergangene Woche mitgeteilt hat, eröffnet er im bayrischen Memmingen eine neue Fabrik. Ab 2025 sollen dort Produkte überwiegend für den deutschen Markt hergestellt werden.

Während grosse Vegi-Unternehmen wie Oatly oder Beyond Meat mit rückläufigen Absätzen zu kämpfen haben, geht es bei Planted offenbar aufwärts. Die Fabrik im zürcherischen Kemptthal hat ihre Kapazitätsgrenze erreicht. «Wir platzen hier langsam aus allen Nähten», sagt Christoph Jenny, Mitgründer und Mitglied der Geschäftsführung. Darum wird die Produktion jetzt mindestens verdoppelt: In Memmingen kann Planted, ebenso wie in Kemptthal, pro Tag bis zu 20 Tonnen veganes «Fleisch» herstellen. Sollte die Nachfrage weiter steigen, kann die Produktionsmenge nochmals um dasselbe erhöht werden.

Wichtigster Exportmarkt

Nach Deutschland zu gehen, ergibt für Planted Sinn. Bereits heute macht das Unternehmen drei Viertel seines Umsatzes im Ausland, Deutschland ist dabei der wichtigste Markt. Im Nachbarland ist der Wettbewerb deutlich härter: «In der Schweiz sind wir die Nummer eins, in Österreich Nummer zwei, in Deutschland rücken wir bald in die Top Ten auf», sagt Christoph Jenny. Derzeit hat Planted einen Marktanteil von unter einem Prozent, der Platzhirsch Rügenwalder Mühle kommt auf 35 Prozent.

«Der Heimspiel-Faktor ist in der Schweiz sicher etwas grösser», sagt Jenny. Hinzu kommen eine preisbewusste Kundschaft sowie die Tatsache, dass Fleisch in Deutschland sehr günstig ist. Wer als Hersteller von Ersatzprodukten neue Konsumenten für sich gewinnen will, muss mit diesen tiefen Preisen mithalten können.

Das spiegelt sich auch in der Preispolitik von Planted: So kostet etwa das pflanzenbasierte Steak, das jüngste Produkt der Firma, in der Schweiz 7 Franken 95 – in Deutschland ist es für 3 Euro 99 erhältlich. Das Planted-Filet, das in der Schweiz ebenso viel kostet wie das Steak, geht in Deutschland sogar für 3 Euro 49 über die Ladentheke – und das, obwohl beide Produkte Stand jetzt noch in der Schweiz hergestellt werden.

Woher kommt der hohe Preisaufschlag?

Zur Erklärung der höheren Preise in der Heimat verweist Planted auf die unterschiedliche Kostenstruktur in den beiden Ländern, vor allem im Bereich Logistik. «In Deutschland können wir unsere Produkte in zentrale Lager schicken, wo sie dann verpackt und an den Detailhandel geliefert werden», sagt Christoph Jenny. «In der Schweiz müssen wir für jede einzelne Coop- und Migros-Filiale vorkommissionieren, was sie von uns bekommen. Das macht einen grossen Unterschied.» Zudem seien die Kosten für den Vertrieb in der Schweiz höher.

Kann das allein die grosse Preisdifferenz erklären? Der Konsumentenschutz bezweifelt das. Immer wieder hat er in den vergangenen Jahren die hohen Preise bei Fleischersatzprodukten als «nicht nachvollziehbar» kritisiert. Eine Studie des Basler Wirtschaftsforschungsinstituts BAK kam Anfang dieser Woche zu dem Schluss, dass unterschiedliche Kostenstrukturen in der Schweiz und im EU-Ausland Preisunterschiede von bis zu 50 Prozent erklären können. Im Fall der Planted-Produkte ist die Differenz jedoch fast doppelt so hoch.

«Noch nicht komplett selbsttragend»

Christoph Jenny betont, dass weder in Deutschland noch in der Schweiz die Hersteller die Befugnis haben, über die Ladenpreise zu entscheiden. «Am Ende darf der Detailhandel festlegen, zu welchem Preis er ein Produkt verkauft.» Allerdings verkauft Planted die Produkte in seinem Online-Shop zu denselben Preisen wie der Detailhandel.

Der Hauptgrund für den grossen Preisaufschlag dürfte also die Zahlungsbereitschaft der Schweizer Kundschaft sein – sowie die Tatsache, dass Planted nach wie vor versucht, die Gewinnzone zu erreichen. Man sei noch nicht komplett selbsttragend, so das Unternehmen, und daher während des Wachstums in neuen Märkten auf Fremdkapital angewiesen.

Klar ist: Durch die zukünftige Herstellung in Deutschland wird Planted sich weiteres Geld sparen können, etwa beim Zoll. Derzeit importiert das Unternehmen Rohstoffe, wie etwa Gelberbsen, noch in die Schweiz, um die verarbeiteten Produkte anschliessend nach Deutschland zu liefern. Das kostet. Die fünfzig Arbeitsplätze, die in Memmingen entstehen sollen, sind laut Jenny in Deutschland hingegen nicht wesentlich günstiger als in der Schweiz.

Deutschsprachiger Raum im Fokus

Welche Märkte Planted als Nächstes erobern will, lässt Christoph Jenny offen. Derzeit sei man mit dem Fokus auf den deutschsprachigen Raum zufrieden. «Die DACH-Länder funktionieren für uns sehr gut, weil wir mit unserem Verfahren ohne Zusatzstoffe punkten können. Hier war das Thema den Konsumenten früh sehr wichtig. Mittlerweile wird es aber immer mehr auch im Rest Europas relevant.» Neben Deutschland, der Schweiz und Österreich liefert Planted etwa in die Benelux-Länder, nach Frankreich und Grossbritannien.

Doch bevor man an weitere Standorte denken könne, müsse man sich in Deutschland etablieren, so Jenny. Planted will dort zukünftig an allen wichtigen «Category Entry Points» präsent sein – also überall dort, wo Konsumenten mit den Produkten in Berührung kommen könnten. Im stärker fragmentierten deutschen Detailhandel gibt es für Planted noch einige Supermarkt-Regale zu erobern. «Wenn wir das geschafft haben, können wir darüber nachdenken, wie es weitergeht. Im Bereich Grillieren sind wir zum Beispiel schon sehr stark, aber es gibt noch viel Arbeit.»

Neben dem Detailhandel spielt die Gastronomie eine wichtige Rolle. In der Schweiz sind Planted-Logos von Festivals oder Weihnachtsmärkten schon nicht mehr wegzudenken – das soll auch in Deutschland der Fall sein. Bereits gibt es in der Deutschen Bahn Planted-Currywurst zu essen, in Berlin wurden erste Döner-Buden mit dem Logo gesichtet. Das Unternehmen scheint also auf einem guten Weg zu sein.

Exit mobile version