Mittwoch, Oktober 9

Das bayrische Unternehmen hat stark an Umsatz eingebüsst. Mit Sammelfiguren des Fussballnationalteams will Playmobil während der Heim-EM den Befreiungsschlag schaffen.

Die meisten Fussballer legen Wert auf ihre Frisuren. Wie sehr die Stars des deutschen Nationalteams ihr Playmobil-Alter-Ego mögen, sei deshalb dahingestellt. Getreu dem Naturell der kultigen Spielfiguren kommen die Haare auch bei den Stars des Deutschen Fussball-Bundes (DFB) einem Deckel gleich. Trotzdem erkennt man aus der neuen Playmobil-Serie die wellige Pracht Thomas Müllers heraus, den bärtigen Ilkay Gündogan und den Scheitel Niclas Füllkrugs. Dabei behilflich sind sicher auch ihre Trikotnummern.

Die Fussball-Europameisterschaft in Deutschland steht an. Und das kriselnde Unternehmen Playmobil wittert ein Geschäft wie ein Goalgetter seine Chance. Ab der kommenden Woche bis Ende Juni bringt es 18 Figuren der deutschen Nationalspieler auf den Markt. Auffindbar werden sie aber nicht in jeder Spielzeugabteilung sein. Erhältlich sind sie nur bei Edeka. Ähnlich wie bei den Sticker-Alben zu den Fussball-Grossevents wird auch in diesem Fall das Sammeln im Vordergrund stehen.

Kostspieliger Transfer ins Kinderzimmer

Der Marktwert der Kicker schrumpft dabei auf Playmobil-Format. Im Supermarkt wird der Starspieler Jamal Musiala wie all seine Kollegen 5.99 Euro kosten. Wer das ganze Kader ins Kinderzimmer transferieren will, muss 108 Euro hinblättern. Etwas günstiger gibt es die 7,5 Zentimeter grossen Figuren, wenn man im Vorfeld Treuepunkte hamstert.

Sammelaktionen sind in Supermärkten beliebt. Und wenn Familien mit Kindern profitieren, umso mehr. Für Edeka und Playmobil könnte eine Win-win-Situation entstehen. Mit der bevorstehenden EM im eigenen Land erhofft sich der deutsche Spielzeughersteller einen Befreiungsschlag. Seit geraumer Zeit laufen die Geschäfte für das Unternehmen aus Bayern nicht besonders rund. Der einstige Konkurrent Lego liegt inzwischen weit in Führung. Von einem wahren Kampf kann nicht mehr die Rede sein.

Umsatz um ein Drittel gesunken

Bei Playmobil brachen in jüngerer Zeit die Umsätze ein. Im Geschäftsjahr 2021/2022 lagen sie noch bei 736 Millionen Euro. Vergangene Woche vermeldete das Unternehmen das Absacken auf 490 Millionen Euro. In nur zwei Jahren büsste Playmobil somit ein Drittel des Umsatzes ein. Ende 2023 vermuteten verschiedene Medien, Playmobil habe erstmals in der fünfzigjährigen Erfolgsgeschichte einen Verlust eingefahren. Rund 700 der 4000 Stellen sollten laut Aussagen des neuen Chefs Bahri Kurter gestrichen werden.

Lego vermeldete 2023 hingegen einen Umsatz von fast 66 Milliarden Euro – das 15-Fache von Playmobil. Dahinter stehen unterschiedliche Zielgruppen, grundverschiedene Konzepte. Lego hat früh seine Kundschaft stark diversifiziert und auf mehrere Altersklassen bis hin zu den Erwachsenen ausgeweitet. Von den grossen Duplo-Teilen für Kleinkinder über die ausgefeilten Lego-Technic-Sets für Teenager bis hin zu Sammlersets für ergraute Nostalgiker bieten die Dänen eine breite Palette.

Hinzu kommt das Geschäft mit Lizenzartikeln anderer Marken wie etwa aus der Filmwelt oder der Modebranche. Mit Legosteinen kann man «Star Wars»-Raumschiffe oder die Zaubererschule Hogwarts aus «Harry Potter» zusammenbauen. Vergleichsweise spät ist Playmobil im Jahr 2016 solche Kooperationen eingegangen – etwa mit Automarken oder den Rechtehaltern von «Asterix». Inzwischen gibt es Sets zu TV-Serien aus den 1980er Jahren wie «Das A-Team» oder «Knight Rider». Sie stehen wohl eher in den Regalen der Papas als in denjenigen der Noahs.

Der Playmobil-Firmengründer Horst Brandstätter hatte sich lange dagegen gewehrt. Hinter dem Konzept von Playmobil steht das freie Spiel mit den Figuren. Sie sollten die Phantasie anregen und nicht zu stark definierte Charaktere vorgeben. Der Handlungsspielraum eines Rettungssanitäters im Ambulanz-Set ist schliesslich etwas breiter als derjenige von Darth Vader.

Digitale Konkurrenz

Inzwischen intensiviert aber auch Playmobil das Geschäft mit Partnerschaften. Die veränderte Kinderwelt erfordert dies. Grund für den Rückgang der Umsätze waren laut offiziellen Angaben des Unternehmens Lieferengpässe von Materialien, aber auch gestiegene Kosten bei Produktion und Vertrieb. Zentral sind aber die Spielgewohnheiten. Sei Playmobil früher bis ins Alter von zehn Jahren gedacht gewesen, sprächen die Figuren inzwischen nur noch Kinder bis höchstens acht Jahre an, sagte der Unternehmenschef Kurter gegenüber der «Zeit».

Und gegen die geballte Offensive der digitalen Spiele kann sich Playmobil nur schlecht behaupten. Mit den Helden des deutschen Nationalteams will Playmobil nun kontern. Auch wenn die Frisuren nicht so toll sind wie in echt. Eins ist garantiert: Sie werden wie Beton bis ins Penaltyschiessen halten.

Exit mobile version