Montag, November 17

Der Bundestag soll heute wieder einmal über eine Lieferung von Marschflugkörpern an die Ukraine abstimmen. Diesmal kommt der Antrag von den Liberalen, die bisher im Parlament immer dagegen waren.

Einen Monat nach dem Bruch der Regierungskoalition in Deutschland wollen die Liberalen heute etwas tun, was sie zuvor im Parlament mehrfach abgelehnt hatten: Der Bundestag soll die sofortige Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine beschliessen. Ein entsprechender Antrag wird am Mittag im Plenum beraten.

Der Antrag unterscheidet sich inhaltlich nicht wesentlich von denen, die der Oppositionsführer Friedrich Merz von den Unionsparteien CDU und CSU mehrfach in den Bundestag eingebracht hatte. Die Politik des Bundeskanzlers, die Ukraine lediglich so lange wie nötig statt mit allem Nötigen zu unterstützen, werde der Bedrohung, die bereits seit Beginn des russischen Angriffskrieges und gerade in dieser kritischen Lage herrsche, in keiner Weise gerecht, schreiben die FDP-Abgeordneten in ihrer Parlamentsvorlage.

Es sei verantwortungslos und eine Bankrotterklärung, wenn Deutschland die Ukraine jetzt nicht mit allem benötigten militärischen Gerät unterstütze, über das es verfüge, heisst es darin weiter.

Insbesondere seit dem Einsatz von 10 000 nordkoreanischen Soldaten an der Front, dem jüngsten Eskalationsschritt des russischen Präsidenten Wladimir Putin, müssten «alle benötigten Waffen und alle benötigte Munition ohne weitere Verzögerung und ohne Reichweitenbeschränkung» zur Verfügung gestellt werden. Dazu zähle «allen voran» die Lieferung des Marschflugkörpers Taurus, um die Ukraine in die Lage zu versetzen, Angriffe auf militärische Ziele wie Munitionsdepots, Logistikzentren, Versorgungsrouten und Führungsstäbe weit hinter den Frontlinien durchzuführen.

Bemerkenswert ist, dass unter den 43 Abgeordneten, die den Antrag gezeichnet haben, zwei wichtige FDP-Repräsentanten fehlen. Sowohl der Parteichef Christian Lindner als auch der verteidigungspolitische Sprecher der Liberalen, Alexander Müller, sind nicht als Absender in dem Papier aufgeführt. Dabei hatte sich Lindner wiederholt für eine Lieferung des Taurus an die Ukraine ausgesprochen.

Grüne und Liberale stimmen mit Olaf Scholz

Das hatte allerdings nicht dazu geführt, dass er sich vehement dafür eingesetzt hätte. Anfang dieses Jahres hatten Christlichdemokraten und Christlichsoziale zwei Anträge in den Bundestag eingebracht, mit denen die damalige rot-grün-gelbe Regierung aufgefordert werden sollte, «endlich und unverzüglich der Ukraine einsatzbereite Taurus-Marschflugkörper der Bundeswehr in grösstmöglichem Umfang bereitzustellen».

Weil auch wichtige Repräsentanten der Grünen und der FDP für eine solche Lieferung plädierten, drohte die Abstimmung damals zum Misstrauensvotum gegen den sozialdemokratischen Kanzler Olaf Scholz zu werden. Doch sowohl Grüne als auch Liberale stimmten schliesslich gegen den Antrag der Union. Die Bewaffnung der Ukraine mit einem mutmasslich sehr wirksamen deutschen Waffensystem war ihnen einen möglichen Bruch der Regierungskoalition offenbar nicht wert.

Der heutige Antrag der FDP ist aus Sicht der Unionsparteien daher nichts anderes als Wahlkampf. Die FDP habe in der Wahlperiode mehrfach Gelegenheit gehabt, den Anträgen der Union zuzustimmen, sagte Johann Wadephul, aussen- und sicherheitspolitischer Fachmann der CDU-CSU-Fraktion, in der «Bild»-Zeitung. «Warum sie damals dagegen, jetzt plötzlich dafür ist, kann man wohl nur mit dem Wahlkampf erklären.» Da die Grünen definitiv dagegen stimmen würden und der Kanzler ohnehin starrsinnig bleibe, werde die Union nicht mitmachen, erklärte Wadephul.

Die um ihre Existenz kämpfende Ukraine bittet Deutschland seit geraumer Zeit um die Lieferung weitreichender Präzisionswaffen, um Russland auch in seinem Hinterland angreifen zu können. Von dort starten insbesondere die Raketen, Drohnen und Kampfflugzeuge mit den verheerenden Gleitbomben. Damit zerstören Putins Truppen seit Monaten systematisch ukrainische Städte und die Energieversorgung.

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