Vielleicht wäre Lara Trump lieber Sängerin geworden. Aber die Schwiegertochter des Ex-Präsidenten hat auch politisches Showtalent, ist beliebt und lügt fast so schamlos wie ihr Schwiegervater. Wird sie Co-Vorsitzende der Republikanischen Partei?
Lara Trump weiss, was ihr Publikum hören will. Die 41-Jährige hat Donald Trumps endzeitliche Botschaften auf natürliche Weise verinnerlicht, aber überbringt sie mit hübschem Engelsgesicht: «Ihr habt vielleicht mitbekommen, dass mein Schwiegervater mich für den Co-Vorsitz des Republikanischen Parteikomitees vorgeschlagen hat», sagte sie vergangene Woche vor jubelnden Trump-Anhängern in South Carolina. «Etwas, das ich mir nie vorstellen konnte. Aber ich konnte mir auch nie vorstellen, dass es Amerika so schlechtgeht, dass wir am Ende wirklich jemanden brauchen, um uns zu retten.» Sie werde deshalb alles tun, um dieses Land zurück auf den richtigen Weg zu bringen.
In ihrer Ansprache traf Trump geschickt den Nerv ihrer konservativen Zuhörer. Niemand könne sich wirklich vorstellen, dass 81 Millionen Wähler vor vier Jahren für Joe Biden stimmten. «Die höchste Wahlbeteiligung der Geschichte: Nein, das glauben wir nicht», so wiederholte sie die grosse Lüge des ehemaligen Präsidenten über eine gefälschte Wahl. Beim Rennen um das Weisse Haus in diesem Jahr handle es sich nicht um einen Kampf zwischen Republikanern und Demokraten oder zwischen rechts und links. Nein: «Es geht um Gut gegen Böse.» Ihr Schwiegervater hätte diesen Kampf schon längst verloren, wenn der Allmächtige nicht an seiner Seite stünde. «Gott ist mit uns.»
Auf den Spuren von Maureen Reagan
Zwar klingt Lara wie Donald Trump, aber sie will aus seinen Fehlern lernen. Ihr Schwiegervater verteufelte 2020 die Briefwahl, weil er sie als eine Möglichkeit zum Betrug sah. Doch wenn eine Partei ihre Wähler nur am Wahltag an die Urnen ruft, geht sie ein grosses Risiko ein. Viele Bürger können an diesem einen Tag verhindert sein, müssen vielleicht arbeiten oder wagen sich bei schlechtem Wetter nicht aus dem Haus.
Deshalb erklärte Trumps Schwiegertochter nun in South Carolina: «Wir müssen die Leute dazu bringen, möglichst früh zu wählen.» Dadurch könnten sie so viele Stimmen für Donald Trump verbuchen, dass es egal sei, wie viele Wahlzettel die Demokraten noch um drei Uhr morgens in die Urnen kippten. «Wir müssen das Spiel anders spielen. Wir müssen Feuer mit Dynamit bekämpfen.»
Bereits am 8. März könnte Lara Trump beim Frühjahrstreffen des Nationalen Republikanischen Parteikomitees (RNC) in Houston von den 168 Mitgliedern zur Mitvorsitzenden gewählt werden. Das derzeitige Führungsduo um Ronna McDaniel und Drew McKissick hat bereits seinen Rücktritt angekündigt. Donald Trump vertraut vor allem McDaniel nicht mehr. Unter ihrer Führung präsentierte das RNC im vergangenen Jahr das tiefste Spendenaufkommen seit 30 Jahren. Zu Beginn dieses Jahres befanden sich in den Kassen nur noch 8 Millionen Dollar an liquiden Mitteln. Das Demokratische Parteikomitee wies hingegen Cash im Wert von 21 Millionen Dollar aus.
Neben seiner Schwiegertochter will der ehemalige Präsident nun Michael Whatley zum Vorsitzenden und seinen Wahlkampfmanager Chris LaCivita zum Geschäftsführer des RNC machen. Whatley gehörte bereits 2016 zu seinen frühesten Unterstützern. Wie Lara Trump stammt er aus dem Südstaat North Carolina, wo er der Vorsitzende der Republikanischen Partei ist.
Dass das Wahlkampfteam eines Präsidentschaftskandidaten auch die Kontrolle über den Parteiapparat übernimmt, ist in den USA nichts Aussergewöhnliches. Ungewohnt ist aber der frühe Zeitpunkt. Die Republikaner haben Trump noch nicht offiziell zu ihrem Kandidaten gekürt. Auch ist die Installierung eines Familienmitglieds speziell, auch wenn es dafür einen Präzedenzfall gibt: Maureen Reagan, die Tochter des Präsidenten Ronald Reagan, wurde 1987 zur Co-Vorsitzenden des RNC gewählt. Lara Trump sei eine grossartige Frau, meinte ein anonymes Mitglied des Parteikomitees gegenüber «Politico». Aber ihre Berufung durch ihren Schwiegervater trage den Beigeschmack der Vetternwirtschaft.
Donald Trump hat die Politik indes bereits früh zur Familiensache gemacht. Seine Tochter Ivanka verfügte über ein Büro im Weissen Haus. Auch ihr Mann Jared Kushner diente dem Präsidenten als Berater. Aber im Gegensatz zu Ivanka, die sich in ihrer politischen Rolle immer etwas unsicher fühlte und sich später zurückzog, wirkt Lara Trump als überzeugte Kämpferin authentisch. Gemeinsam mit ihrem Mann Eric, dem zweiten Sohn des ehemaligen Präsidenten, trat sie auch bei der Demonstration vor dem Sturm aufs Capitol am 6. Januar 2021 als Rednerin auf. Dort sagte sie: «Unsere Familie ist nicht nur für vier Jahre in diesen Kampf gezogen. Wir sind bis zum bitteren Ende dabei. Wir werden unser Land zurückholen.»
Vom Unterhaltungsfernsehen in die Politik
Lara Trump wuchs langsam in ihre heutige Stellung hinein. Wie ihr Schwiegervater brachte sie Medienerfahrung mit in die Politik. Nach einem Studium der Kommunikationswissenschaft in ihrem Heimatstaat North Carolina arbeitete sie als Produzentin für das Fernsehmagazin «Inside Edition» in New York. Die Unterhaltungssendung dreht sich vor allem um skurrile Geschichten, Verbrechen und Skandale.
Im Jahr 2014 feierte sie ihre Hochzeit mit Eric in Trumps Privatklub Mar-a-Lago in Florida. Kushner soll bei der Zeremonie zu ihr gesagt haben: «Du gewinnst nicht nur eine Familie, du bekommst auch 6 Millionen Follower auf Twitter.» Ganz so viele sind es nicht geworden. Aber auch 1,5 Millionen sind eine stattliche Zahl.
In seiner ersten Amtszeit lernte Donald Trump das Kommunikationstalent seiner Schwiegertochter schätzen. Nachdem sie 2017 und 2019 zwei Kinder zur Welt gebracht hatte, war sie im Wahlkampf 2020 im Beraterteam des Präsidenten. Nach seiner Abwahl war Lara Trump eine gefragte Kommentatorin beim konservativen Fernsehsender Fox News. Dass auch sie ein Flair sowohl für Politik als auch für das Showbusiness hat, bewies sie kürzlich mit einer akustischen Cover-Version von Tom Pettys kämpferischer Hymne «I won’t back down» (Ich gebe nicht nach). Das Lied schaffte es im vergangenen Oktober in den Digital Charts kurzzeitig in die Top Ten.
Weil der Song so gut zu Trumps politischer Botschaft passt, verwendet seine Schwiegertochter ihn nun als Eingangsmusik für ihren Webcast «The Right View» (die richtige oder auch die rechte Sichtweise). In der Sendung diskutiert Lara Trump mit Gleichgesinnten unermüdlich darüber, wie schrecklich Biden und wie toll Trump ist. So erklärte sie etwa dem früheren Baseball-Star Johnny Damon kürzlich, warum ihrem Schwiegervater in der Politik so viel Missmut entgegenschlägt: «Das Problem ist, dass er sich in eine Branche einmischt, in der sie ehrliche Menschen nicht mögen.»
Allerdings gibt es auch unter Republikanern vereinzelt Zweifel darüber, wie ehrlich und uneigennützig Lara Trump das RNC mitführen wird. Kritiker befürchten, dass die Familie des voraussichtlichen Präsidentschaftskandidaten die Finanzen der Partei anzapfen könnte, um dessen horrende Anwaltskosten zu decken. Aber es dürfte im RNC keinen grossen Widerstand gegen Donald Trumps Personalentscheide geben. Zu sehr hat er die Partei in seinem Griff. Steve Scheffler, ein Delegierter aus Iowa, meinte: «Ich denke gar, es wird einstimmig beschlossen.»