Vom 13. bis zum 16. Mai wird der amerikanische Präsident im Rahmen seiner ersten offiziellen Auslandreise Saudiarabien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate besuchen. Was ist von der Reise zu erwarten? Ein Überblick.

Warum reist Trump an den Golf?

Schwertkämpfe, Glitzer, Galadinner und ganz viel Gold: Als Donald Trump zu Beginn seiner ersten Amtszeit 2017 seine erste Auslandreise nach Riad unternahm, sorgte sein Auftritt in der Wüste noch für Unverständnis und Belustigung. Saudiarabien galt damals noch als stockkonservatives und verschlossenes Ölland, in das westliche Politiker nur fuhren, wenn es um Geld ging. Das hat sich inzwischen geändert.

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Riad ist zu einem wichtigen geopolitischen Akteur geworden – nicht nur in Nahost, sondern weltweit. Unter dem ehrgeizigen Kronprinzen Mohammed bin Salman hat sich das Land geöffnet. Inzwischen vermittelt es sogar zwischen Russland und der Ukraine. Im Nahen Osten gilt das Königreich spätestens seit der Schwächung seines Erzrivalen Iran als wichtigste Macht.

Will Trump in Nahost für Ruhe sorgen, führt deshalb kein Weg an den Saudi vorbei. Aber dem amerikanischen Präsidenten geht es nicht nur um Politik. Er sieht sich auch als Geschäftsmann – und am steinreichen Golf lassen sich grosse Abkommen schliessen. Daher reist Trump nach einem ersten Stopp in Riad am Dienstag und Mittwoch – wo er auch an einem Treffen des Golf-Kooperationsrates teilnehmen wird – weiter nach Katar und in die Vereinigten Arabischen Emirate.

Was wird von der Reise erwartet?

Selten ist ein Staatsbesuch von derart hohen Erwartungen begleitet worden wie Trumps Golf-Reise. Ob Gaza, die Ukraine, Iran oder die von Washington vom Zaun gebrochenen Handelskriege: An jeder Front könnte theoretisch jeden Augenblick ein Durchbruch erzielt werden. Trump hat die Erwartungen auch selbst geschürt. Immer wieder kündigte er Grosses an. Mal dachte er laut darüber nach, in Riad mit Wladimir Putin zusammenzutreffen; mal sprach er von «Rekord-Abkommen», die geschlossen würden, oder davon, bald schon «gewaltige Neuigkeiten» zu verkünden.

Ob es in Riad, Doha oder Abu Dhabi tatsächlich zu grossen Durchbrüchen kommt, ist aber fraglich. Zumindest dürfte die Reise Aufschluss darüber geben, wie Trump seine Aussenpolitik im Nahen Osten künftig gestalten will. Denn anders als während seiner ersten Amtszeit findet in der Region gerade eine Zeitenwende statt.

Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 kam es zu grossen Erschütterungen. Teheran, einst die bestimmende Macht in der Region, musste infolge der Niederlage des libanesischen Hizbullah im Krieg gegen Israel und des Sturzes des Asad-Regimes in Syrien herbe Rückschläge einstecken. Es bietet sich die Chance für ein neues Gleichgewicht der Macht.

Mit seiner unkonventionellen, brüsken Art kommt Trump in der arabischen Welt besser an als in Europa. Viele in der Region empfanden die Jahre unter dem unentschlossen wirkenden Joe Biden als bleierne Zeit. Sie hoffen, dass der neue Präsident die sich bietende Gelegenheit nun zu nutzen weiss.

Was erhoffen sich die Golfstaaten?

Vor allem Riad hat grosse Erwartungen an Trumps Besuch. Kronprinz Mohammed bin Salman will seine Beziehung zu den Amerikanern aufwerten. Er wünscht sich ein eigenes Atomprogramm und ein Verteidigungsabkommen mit Washington. Bislang war all dies noch an eine Bedingung geknüpft: die Normalisierung der Beziehungen mit Israel. Doch angesichts des Krieges in Gaza sind die Saudi nicht mehr bereit, einen solchen Schritt ohne die Schaffung eines Palästinenserstaates zu gehen. Nun hoffen sie, ein Abkommen mit den Amerikanern auch ohne Frieden mit Israel erreichen zu können.

Daneben erhoffen sich die Golfstaaten von Washington Investitionen und Technologietransfers. Vor allem die Vereinigten Arabischen Emirate, die dabei sind, sich als Tech-Macht zu etablieren, wünschen sich amerikanische Hochleistungschips. Das kleine Katar schliesslich will zeigen, dass es den Amerikanern auch unter Trump von Nutzen sein kann – sowohl als Vermittler in Konflikten wie dem Gaza-Krieg als auch als Spender von Boeing-Jets.

Trotz aller Euphorie stehen die Golfaraber Trump aber skeptischer gegenüber als noch 2017. Vor allem die Saudi haben nicht vergessen, dass er sie im Stich liess, als Iran 2019 die saudischen Ölanlagen angriff. Die Petro-Monarchien fahren deshalb längst einen unabhängigen Kurs. Zwar pflegen sie gute Beziehungen mit Washington. Gleichzeitig verkaufen sie ihr Öl und ihr Gas aber nach China und haben gute Kontakte nach Russland. Auch Iran haben sie sich inzwischen angenähert.

Was hat Trump davon?

Er werde schnell Frieden schaffen, hat Trump immer wieder gesagt. Aber obwohl er seine Emissäre in alle Richtungen aussandte, gehen die Kriege in der Ukraine und in Gaza vorerst weiter. Vor allem im Nahen Osten lässt sich eine Veränderung nicht ohne die Golfstaaten herbeiführen. Der amerikanische Präsident weiss deshalb, dass er Saudiarabien und die Emirate auf seiner Seite braucht.

Daneben geht es Trump aber auch um profanere Dinge. Mit seinen Handelskriegen droht er der amerikanischen Wirtschaft zu schaden. Nun hofft er am Golf auf lukrative Aufträge. So will er Rüstungsgüter verkaufen und die reichen Araber dazu bringen, Milliarden in die amerikanische Wirtschaft zu investieren. Laut Medienberichten verfolgt Trump das Ziel, mit Vereinbarungen und Investitionszusagen im Wert von 1000 Milliarden Dollar nach Hause zurückzukehren.

Wie wahrscheinlich ist ein grosses Abkommen?

Die Frage ist: Welches Abkommen? In Gaza stehen die Zeichen derzeit nicht auf Frieden, auch wenn die Amerikaner hinter den Kulissen offenbar grossen Druck auf Israeli und Palästinenser ausüben. So liess die Hamas am Dienstagabend überraschend eine amerikanische Geisel frei. Ob damit der Anfang vom Ende des Gaza-Krieges eingeläutet werden kann, ist aber unklar.

Auch anderswo wäre ein grosser Durchbruch eine Überraschung. So ist die Normalisierung zwischen Israel und Saudiarabien vorerst vom Tisch. Auch bei den Atomverhandlungen mit Iran ist kein entscheidender Fortschritt zu erwarten. Zwar trafen sich Vertreter Teherans und Washingtons am Sonntag ein weiteres Mal zu Gesprächen in Oman – die Differenzen sind aber immer noch gross.

Damit bleibt Trump die Hoffnung, wenigstens lukrative Geschäfte aufgleisen zu können. Doch auch da ist Vorsicht geboten: Die Golfstaaten sehen sich schon lange nicht mehr als spendable Gönner. Saudiarabien etwa will selbst Investitionen ins Land holen. Zudem macht bin Salman der tiefe Ölpreis zu schaffen. Der Prinz, der sein Land mit teuren Grossprojekten reformieren will, musste im vergangenen Jahr ein Defizit hinnehmen.

Wer könnte gewinnen – und wer verlieren?

Schon jetzt steht fest: Zu den Gewinnern gehören die Golfstaaten, allen voran Saudiarabien. Galt der autoritär herrschende Mohammed bin Salman vor ein paar Jahren im Westen noch als Schmuddelkind, so hat er sein Land inzwischen als globale Macht etabliert. Daran würde auch ein ergebnisloser Nahost-Trip des amerikanischen Präsidenten nichts ändern.

Sollte es dem saudischen Herrscher sogar gelingen, die Amerikaner von einem Verteidigungsabkommen zu überzeugen, ohne dafür den Preis einer Normalisierung mit Israel bezahlen zu müssen, wäre Trumps Besuch für ihn ein voller Erfolg.

Zu den Verlierern hingegen gehört vor allem Israel. 2017 war Trump nach seinem Antrittsbesuch in Riad sogleich weiter nach Jerusalem geeilt. Nun sieht er dazu keinen Anlass mehr. Jüngst ging in Israel sogar die Angst um, Trump könnte sich am Golf öffentlich zur Schaffung eines Palästinenserstaates bekennen.

Auch für die Europäer ist der Golf-Trip eine Enttäuschung. Einmal mehr zeigt sich, wo Trumps Prioritäten liegen – und dass sich die Welt verändert hat. Die Zeiten, in denen globale Politik nur in Washington, Paris, London und Berlin gemacht wurde, sind offensichtlich vorbei. Daran wird sich auch dann nichts ändern, wenn Trump vom Golf mit leeren Händen zurückkehrt.

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