Freitag, Oktober 11

Der Freisinn will die Volksschule retten – und scheut dabei auch vor Verboten nicht zurück.

Thierry Burkart ist vieles gewohnt. Als Präsident der FDP eckt man immer an, intern und extern, in den beiden Kammern, in allen Landesteilen. Die Reaktionen auf das Bildungspapier, das seine Partei vor den Sommerferien vorgestellt hatte, hätten aber alles in den Schatten gestellt. «Ich habe in meiner Amtszeit noch nie so viele Zuschriften erhalten», sagte Burkart am Freitag anlässlich einer ersten Zwischenbilanz. Vor allem ungewohnt für den Parteipräsidenten: Die Rückmeldungen seien zum überwiegenden Teil positiv ausgefallen. Hat die FDP einen Nerv getroffen?

Keine Frühfremdsprache, keine Smartphones

Für eine nationale Partei ist es schwierig, in der Bildungspolitik konkret zu werden. Wie wenige andere Bereiche ist vor allem die obligatorische Schule sehr föderalistisch organisiert, mit Stunden- und Ferienplänen, die sich selbst noch in kleinräumigen Regionen unterscheiden. Deshalb geht es der freisinnigen Mutterpartei in erster Linie darum, sich in ihrer ursprünglichen Breite zu präsentieren und sich auch von einer emotionalen Seite zu zeigen.

Burkart wurde von Sabina Freiermuth und Florence Bettschart-Narbel, zwei kantonalen Bildungspolitikerinnen, flankiert. Sie lasen aus Briefen einer aufgewühlten Lehrerin vor und erzählten vom Deutschunterricht der eigenen Kinder. Bettschart-Narbel machte nochmals deutlich, dass man die Frühfremdsprache in der Primarschule genauso verbieten will wie das Smartphone im Unterricht. Liberal sein heisst nicht, alles hinzunehmen.

Die FDP hat gemerkt, dass Schule ähnlich ist wie Fussball: Alle haben einen emotionalen Bezug zum Thema (und sei es eine ausgeprägte Abneigung) und deshalb auch den Anspruch, mitzureden. Das garantiert Schlagzeilen, aber auch vertiefte Debatten. Burkart weiss, dass es Jahre braucht, um gewisse Paradigmen zu wechseln. Bis es so weit ist, hat die FDP eine digitale «Kummerbox» eingerichtet. Man rufe alle Bürger dazu auf, «sich gemeinsam mit uns für eine zukunftsfähige Volksschule einzusetzen». Partizipative Elemente im Politmarketing – das dürfte man vor allem von der Linken abgeschaut haben. Auch Parteien haben nie ausgelernt.

Vor allem aber hat sich der Freisinn ein Narrativ mit gegenreformerischen Zügen zu eigen gemacht. «So retten wir die Volksschule» – damit artikuliert die Partei Fehlentwicklungen, die im ganzen Land gären. Die Analyse der Partei, wonach die integrative Schule in der heutigen Form gescheitert sei, sei in vielen Rückmeldungen geteilt worden, sagte Burkart. Die Schule muss allen die gleichen Chancen bieten, nicht alle gleichmachen – es ist der ideelle Kern des Konflikts und aus bürgerlicher Sicht erfreulich, wenn hier die freisinnigen Reflexzonen funktionieren.

Arbeit in den Kantonen

Um in den 17 von den Delegierten gutgeheissenen Handlungsfeldern weiterzukommen, soll die Arbeit nun in den Kantonen weitergehen. Man werde in den kantonalen Parlamenten demnächst schon über dreissig Vorstösse eingereicht haben, hiess es am Freitag. Und wenn die kantonalen Regierungen sich diesen verwehrten, so werde man als nationale Partei erneut nachstossen, sagte Burkart zum Vorgehen. Bei der Bildung wird es sein wie beim Asylkurs, den die FDP unter Burkart verschärft hat: Die Prüfung wartet bei den Wahlen 2027.

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