Freitag, Oktober 18

Migros, Coop, Aldi und Lidl haben fast zeitgleich grosse Abschläge auf ein Schweizer Lieblingsprodukt gewährt. Haben sie uns davor etwa abgezockt?

In den Schweizer Kühlregalen tobt ein Preiskrieg. Dabei geht es nicht um irgendeinen ausländischen Käse, sondern ein für Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten hochemotionales Produkt: die Biomilch. Migros, Coop, Aldi und Lidl haben diese fast über Nacht spürbar günstiger gemacht.

So kostete der Liter bei der Migros bis vor kurzem 2 Franken. Nun gibt’s den denselben Milchkarton für 1.85 Franken. Das ist nur noch eine minimale Differenz zu den 1.80 Franken, welche die Migros für die konventionelle Milch verlangt.

Die Discounter Aldi und Lidl wiederum verkaufen den Liter Biomilch für 1.80 Franken. Am teuersten ist Coop. Aber auch dort fiel der Liter zuletzt von 2 Franken auf 1.90.

Swissmilk bestätigt Entwicklung

Der Branchenverband Swissmilk bestätigt die Entwicklung gestützt auf Zahlen des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW). Kostete der Liter Biomilch im Jahr 2023 im Schnitt konstant rund 1.96 Franken, liegt der Preis nun bei 1.91.

Doch warum ist so ein Preissturz möglich, und wieso kommt er genau jetzt? Laut Swissmilk geht dieser nicht zulasten der Bauern. Diese erhalten genauso viel für ihr Produkt wie vergangenes Jahr. Auch an einem Biomilch-Überschuss kann es nicht liegen. Zuletzt ging die Produktionsmenge sogar etwas zurück. Das würde eigentlich für eine Preiserhöhung sprechen.

Die Spurensuche führt also zu den Detailhändlern. Entweder arbeiten Migros, Coop, Lidl und Aldi im Bereich Biomilch auf einmal viel produktiver und geben diese Effizienzgewinne an die Kunden weiter.

Oder aber: Der Preisabschlag geht auf Kosten ihrer Margen. So ist es wohl auch: «Wir haben die Milch aufgrund der Marktsituation verbilligt. Andere Retailer haben den Preis gesenkt, und wir sind nachgezogen.» Das Rohmaterial habe sich nicht verbilligt, schreibt etwa die Migros.

Streit mit Preisüberwacher

Das ist zwar erfreulich für die geneigten Konsumenten, wirft aber weitere Fragen auf. Wie es ist möglich, auf einen Schlag solche Preisnachlässe zu gewähren. War die Biomilch zuletzt etwa überteuert?

Um die Bio-Preise in der Schweiz tobt seit Jahren ein Streit. Sie sind so hoch wie nirgends sonst in Europa. Im Schnitt kostet ein Produkt mit Bio-Label rund 50 Prozent mehr als sein Pendant ohne. Nur jeder fünfte Konsument ist bereit, so viel mehr dafür zu bezahlen.

Anfang 2023 hat der Preisüberwacher die Diskussion weiter angeheizt. Auch er kam zum Schluss, dass die Bio-Produkte zu teuer seien, und forderte Migros und Coop dazu auf, sie zu verbilligen. Allerdings waren die Milchpreise damals nicht Teil der Untersuchung.

Die Detailhändler wehren sich gegen die Darstellung, dass sie mit Bio-Produkten, die nachweislich besser für die Umwelt sind, übermässig viel verdienen würden. «In der Preisgestaltung machen wir keinen Unterschied zwischen konventioneller Ware und Bio. Das heisst, wir wenden bei beidem dieselben Margen an», schreibt beispielsweise Aldi. Die anderen Supermarkt-Betreiber argumentieren gleich.

Die genauen Zahlen behalten die Detailhändler wie immer für sich. Und so bleibt beim Trinken der süsslich-cremigen Milch doch der bittere Nachgeschmack, dass man bis jetzt möglicherweise zu viel dafür bezahlt hat.

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