Donnerstag, November 7

Auf einer Investorenkonferenz hat Princeton-Ökonom Markus Brunnermeier seine Prognosen für die zweite Trump-Ära dargelegt. Er erwartet Zölle, höhere Schulden und Inflation. Tech-Milliardäre würden stark an politischem Einfluss gewinnen. Er sieht sogar das Risiko oligarchischer Tendenzen. Elon Musk werde eine Digitalwährung starten.

Der Ökonom Markus Brunnermeier lehrt seit mehr als 25 Jahren an der US-Eliteuniversität Princeton. Der Bayer ist einer der renommiertesten Ökonomen aus Deutschland. Er berät die Bundesbank und das Haushaltsbüro des US-Kongresses.

Am Donnerstag stand er auf der Bühne der Alten Oper in Frankfurt bei der Investmentkonferenz des Fondsanbieters Lupus alpha. Im Gespräch mit der Chefkorrespondentin bei Deutsche Welle TV Melinda Crane gab er einen Ausblick auf die zweite Regierungszeit von US-Präsident Donald Trump. The Market fasst seine Thesen zusammen.

Brunnermeier erwartet, dass die Republikaner ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verteidigen werden und damit beide Kammern des US-Kongresses kontrollieren. «Es werden grosse Veränderungen kommen», prognostiziert er.

Umfangreiche Stimulierungsprogramme oder Steuersenkungen seien möglich. Die Verschuldung werde höchstwahrscheinlich weiter hochgefahren. Die Renditen auf US-Staatsanleihen würden wohl steigen. Dies werde auch zu Inflation führen.

Die Frage sei, wie das Federal Reserve (Fed) die inflationären Folgen von Trumps Politik einhegen könne. Es sei möglich, dass ein Machtkampf entstehe zwischen Regierung und dem Fed.

Trump hatte sich im Wahlkampf kritisch über die Unabhängigkeit der US-Notenbank geäussert. Brunnermeier hält eine Einschränkung dieser Unabhängigkeit für möglich. Die Lage sei anders als in Europa, wo die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) durch einen internationalen Vertrag geregelt sei. «Beim Fed ist das ein einfaches Gesetz. Mit der Mehrheit in beiden Häusern könnte Trump das jederzeit ändern.»

Der Ökonom sieht personelle Konsequenzen an der Spitze der Notenbank voraus. «Es wird sehr schwierig werden für Jay Powell. Ich fürchte, dass Trump ihn als Schuldigen für eine hohe Inflation opfern wird.»

Den Fed-Verantwortlichen empfiehlt Brunnermeier, an die Öffentlichkeit zu gehen, um für ihre Unabhängigkeit zu werben. «Ohne den Rückhalt der Bevölkerung wird es schwierig.»

Die US-Politik bewege sich weg von der alten Strategie, China zu isolieren, was schon Obama versucht habe, hin zu einer neuen Strategie, bei der die USA sich selbst isolieren. «Trump wird Zölle einführen und erhöhen. Es wird zu Handelskriegen kommen», meint Brunnermeier. Diese führten zu mehr Unsicherheit und Verlagerungen der Produktion.

Deutschland sei als exportstarke Wirtschaft negativ betroffen, wenn Zölle erhoben werden und die Welt in Teile zerfalle. Allerdings wirke der absehbare und von den Märkten bereits teils antizipierte Dollaranstieg aufgrund von Trumps Politik hier entlastend. «Wenn der Dollar 10% steigt und es Zölle von 10% gibt, gleicht sich das aus.»

Brunnermeier prognostiziert einen Übergang von einer «Green Transition» zu einer «Tech Transition». «Die Green Transition wird wesentlich weniger bedeutend werden in den USA und das wird auf Europa überschwappen», sagt er.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe angedeutet, dass der Green Deal weniger staatlich und mehr privat finanziert werden solle. «Hier wird die Luft herausgelassen», urteilt der Ökonom.

Die grossen Tech-Unternehmen würden stark von der Trump-Regierung profitieren, sagt Brunnermeier. «Silicon Valley wird an Einfluss gewinnen. Auch durch Elon Musk und solche Leute.» Der Trend zu einer stärkeren Regulierung der Branche unter der Regierung von Joe Biden dürfte beendet sein.

Viele neue Technologien, darunter künstliche Intelligenz, würden zu einer Transformation führen. «Das wird viel verändern und zum Teil auf Europa herüberschwappen.» Das begründet seine These von der anstehenden Tech-Transformation.

«Es wird eine massive Entbürokratisierung kommen unter Trump», erwartet der Ökonom. Trump-Berater Elon Musk werde wahrscheinlich der «Entbürokratisierungszar».

Nach der Übernahme durch Twitter habe Musk den Ansatz gehabt, erst einmal einen grossen Teil der Angestellten zu entlassen und dann zu schauen, welche Stellen vielleicht wieder besetzt werden müssten. «Es würde mich nicht überraschen, wenn ganze Behörden abgeschafft oder zusammengelegt werden.»

Brunnermeier erwartet, das Tech-Unternehmen eigene, digitale Währungen einführen. «Wir werden wieder privates digitales Geld sehen.» Facebook hatte bereits vor mehreren Jahren ein solches Projekt gestartet, wurde jedoch gebremst durch die Aufsichtsbehörden, wie der Ökonom sagt.

«Ich bin überzeugt, dass Musk mit Twitter ein globales Zahlungssystem einführen wird, als Stablecoin zum Dollar», prognostiziert Brunnermeier. Stablecoins sind digitale Währungen auf Basis der Blockchain-Technologie, deren Kurs an eine andere Währung wie den Dollar gekoppelt ist. «Auch andere Tech-Unternehmen, die Angst hatten, reguliert zu werden, werden in diesem Bereich aktiv werden.»

Digitalwährungen von Tech-Unternehmen könnten rasch Verbreitung finden, weil sie von den vielen bestehenden Nutzern der Plattformen einfach in der bestehenden, weit verbreiteten Anwendung genutzt werden könnten. Notenbanken sehen dies teils mit Sorge, weil es ihre Kontrolle über die Währung gefährdet.

Als ein Publikumsmitglied Brunnermeier fragt, ob der Ökonom die Gefahr sehe, dass eine autokratisch und durch Oligarchen geprägte neue Staatsform entstehen könne, antwortet dieser: «Ich würde es nicht ausschliessen.» Eine Entwicklung in diese Richtung sei sogar wahrscheinlich.

Anders als in gewissen Schwellenländern dürften persönliche Freiheiten in den USA jedoch nicht eingeschränkt werden. Meinungsfreiheit und ähnliche Rechte seien tief eingegraben in den Köpfen der Amerikaner. «Das wird schon verteidigt werden», sagt Brunnermeier und fügt hinzu: «Wir alle müssen für die Demokratie einstehen.»

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