Prinz Harry wirft der Zeitung den Gebrauch unzulässiger Recherchemittel vor. Das könnte teuer werden – für ihn selbst.
Seit Dienstag läuft in einem Gerichtssaal in London ein weiterer Prozess zwischen Prinz Harry und der englischen Boulevardpresse. Der zweite Sohn von König Charles III. wirft der Zeitung «The Sun» vor, bei der Recherche von mehreren Artikeln unzulässige Methoden angewendet zu haben. Der ehemalige Labour-Politiker Tom Watson hat sich der Klage angeschlossen, was dem Fall zusätzliches Gewicht gibt.
«The Sun» soll unter anderem einen Privatdetektiv engagiert und Sprachnachrichten abgehört haben. Die Kläger sind der Meinung, dass mehrere Artikel nur dank solchen unzulässigen Mitteln hätten zustande kommen können. Prinz Harry soll während der Verhandlungen selbst in den Zeugenstand treten. Der Verlag News Group Newspapers (NGN), dem «The Sun» gehört, streitet die Vorwürfe ab. Das Unternehmen gehört dem amerikanischen Medienmogul Rupert Murdoch.
Der zehnwöchige Prozess reiht sich ein in eine lange Liste von Rechtsstreiten zwischen Prinz Harry und englischen Boulevardmedien. Die ältesten Fälle sind mehr als zwanzig Jahre alt. Schon vor 2010 wurden etwa «The Sun» zweifelhafte Praktiken vorgeworfen. Ein Abhörskandal im Jahr 2011 führte schliesslich dazu, dass der Verlag NGN die Zeitung «News of the World» einstellen und für Gerichtskosten und Abfindungen in Milliardenhöhe aufkommen musste. «News of the World» hatte Telefon-Hacking betrieben und anderweit unrechtmässig Informationen beschafft.
Für Prinz Harry ist der jüngste Fall ein weiterer Prozess gegen die Boulevardpresse. Vor zwei Jahren gewann er vor Gericht gegen die Mirror-Gruppe. Der Verlag gibt die Boulevardzeitungen «Daily Mirror», «Sunday Mirror» sowie «Sunday People» heraus. Prinz Harry erhielt eine Abfindung von 140 600 Pfund, umgerechnet 155 000 Franken.
Die Vendetta
Prinz Harry hatte lange den Ruf, ein Skandalprinz zu sein, sein Verhalten sorgte regelmässig für Aufsehen: Drogenkonsum und Entzugskur im Jahr 2002, eine Naziverkleidung auf einer Kostümparty 2005, Nacktfotos in Las Vegas 2012. Die Boulevardzeitungen berichteten selbstredend prominent über die Fehltritte. Doch Prinz Harrys Abneigung gegen die «tabloid press», wie die Boulevardzeitungen in Grossbritannien genannt werden, reicht weiter zurück.
Am 31. August 1997 starb Prinzessin Diana, Harrys Mutter. Er hat mehrfach geäussert, dass er Paparazzi und Journalisten für ihren Unfalltod im Pont-de-L’Alma-Tunnel in Paris verantwortlich macht. Prinzessin Diana, ihr damaliger Partner Dodi Al-Fayed und ihr Fahrer waren damals vor Paparazzi geflohen. Der Unfall schockierte die Welt. Und Prinz Harry kämpft seither immer wieder rechtlich gegen Medienhäuser.
Für Prinz Harry könnte es teuer werden
Beim jüngsten Prozess gegen «The Sun» ist Harry nicht alleine. Mitankläger ist der ehemalige Labour-Politiker Tom Watson. Prinz Harry und Watson gehen mit dem Prozess ein finanzielles Risiko ein. Schlägt ein Kläger in Grossbritannien ein Vergleichsangebot aus und erhält später vor Gericht weniger als die Summe, die ihm angeboten wurde, muss er die gesamten Prozesskosten tragen – auch die der Gegenseite. Dies soll Kläger dazu animieren, Vergleichsangebote ernsthaft zu prüfen.
Diese Umstände haben in diesem Fall dazu geführt, dass sich mehrere potenzielle Kläger dagegen entschieden haben, sich gemeinsam mit Prinz Harry und Tom Watson einer Sammelklage anzuschliessen. So etwa der britische Schauspieler Hugh Grant oder der ehemalige Fussballer Paul Gascoigne. Die meisten haben sich aussergerichtlich mit NGN geeinigt.
Ob Prinz Harry auch dieses Mal als Gewinner aus dem Prozess gegen ein Boulevardmedium herausgeht, wird sich in den nächsten zehn Wochen zeigen.
Mit Agenturmaterial.