Überdurchschnittliche Löhne, Teuerungsausgleich, und die Krippe wird auch mitfinanziert: Im Parlament wächst der Unmut über die generöse Personalpolitik beim Bund. Eine Motion fordert nun mehr Markt für die Bundesverwaltung.

Ab September wird das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann von einer Doppelspitze geführt. Die promovierte Geschlechterforscherin Stéphanie Lachat und der promovierte Neuropsychologe Gian Beeli werden die bisherige Amtsinhaberin Sylvie Durrer, die in Pension geht, ablösen. Lachat und Beeli werden nicht zu je 50 Prozent angestellt, sondern zu je 90 Prozent – die 100-Prozent-Stelle von Durrer wird somit durch eine 180-Prozent-Stelle ersetzt.

Warum das Gleichstellungsbüro beim Bund eine Co-Leitung mit einem 180-Prozent-Pensum erfordert, ist alles andere als einsichtig. Mit 32 Mitarbeitern verteilt auf knapp 23 Stellen bleibt der Personalbestand überblickbar – es gibt weitaus grössere Ämter, die von einer Person allein geleitet werden. Vielleicht wollte sich die Departementsvorsteherin Elisabeth Baume-Schneider besonders progressiv zeigen, indem sie auf ein gemischtes Führungsteam setzte.

Sehr viele Akademiker

Gleichwohl bleibt die Frage: Warum müssen es 180 Prozent sein? Die Doppelspitze habe «aufgrund einer internen Kompensation» und Anpassungen im Organigramm keine Mehrkosten zur Folge, teilt das Generalsekretariat des Innendepartements mit. Die Frage, in welcher Lohnklasse die beiden Co-Leiter eingereiht sind, beantwortet das Generalsekretariat nicht. Man habe aber die geteilte Verantwortlichkeit für das Gleichstellungsbüro mitberücksichtigt, was eine Tieferbewertung der Funktion «Direktor/in» nach sich gezogen habe.

Dass die Doppelspitze keine Mehrkosten verursacht, mag im Moment zutreffen. Doch der Lohn der beiden Co-Leiter wird von nun an kontinuierlich steigen. Und es wäre erstaunlich, wenn die zwei 90-Prozent-Pensen zusammen nicht bald einmal mehr kosten würden als ein höher eingestuftes 100-Prozent-Pensum, Organigramm hin oder her.

Die Episode bestätigt den Eindruck, den man vom Bund hat: Wenn es um das Personal geht, herrscht die pure Grosszügigkeit. Man leistet sich Dinge, die in der Privatwirtschaft kaum möglich wären – oder die wenigstens nicht vom Steuerzahler bezahlt werden müssen. Die Personalpolitik beim Bund mit seinen rund 40 000 Mitarbeitern ist zwar schon lange ein Thema, und der hohe Durchschnittslohn gibt schon seit Jahren zu reden. 2023 lag er bei 129 583 Franken; 2019 waren es noch 123 116 Franken. Man habe viele Monopolberufe, stelle viele Akademiker ein und verlange ausgewiesene Sprachkenntnisse, das wirke sich dann eben beim Lohn aus, lautet die Standardantwort.

Lohnprämie und weitere Zugaben

Doch der Unmut über die generösen Arbeitsbedingungen nimmt zu. Das hat wesentlich mit einer Studie des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) an der Universität Luzern von 2023 zu tun. Die Studie zeigte erstmals, dass Angestellte beim Bund mit ähnlicher Tätigkeit und bei gleichen Merkmalen (Alter, Geschlecht oder Bildung) rund 12 Prozent mehr verdienen als ihr statistischer Zwilling in der Privatwirtschaft. Vor kurzem hat das IWP eine aktualisierte und auf eine breitere Grundlage abgestützte Version der Lohnstudie publiziert, welche die Ergebnisse von 2023 bestätigt.

Wie viel der Bund bezahlt, lässt sich den Lohntabellen und der Einstufung der Referenzfunktionen entnehmen, die man auf der Website des Eidgenössischen Personalamts findet. Hier ein paar Beispiele: Ein Direktor eines Bundesamts verdient jährlich bis zu 335 000 Franken, der Leiter des Rechtsdiensts eines Bundesamtes bis zu 224 000 Franken. Für Personalchefs eines grossen Bundesamts liegt der Höchstlohn bei 182 000 Franken, für wissenschaftliche Mitarbeiter wie Juristen oder Ökonomen sind es maximal 165 000 Franken, ebenso für Mediensprecher eines Departements. Web-Spezialisten kommen auf bis zu 136 000 Franken, Assistentinnen auf bis zu 97 000 Franken, und wer bei der Gebäudesicherheit oder in der Logistik tätig ist, verdient maximal 91 000 Franken.

Die Angestellten steigen jedes Jahr innerhalb ihrer Gehaltsklasse auf, bis sie das Maximum erreichen. Wessen Leistung als «sehr gut» beurteilt wird, dessen Lohn steigt um 3 bis 4 Prozent an, bei «gut» sind es 1,5 bis 2,5 Prozent. Knapp 19 Prozent der Mitarbeiter fielen 2023 in die erste Gruppe, 78 Prozent in die zweite Gruppe – diese Zahlen wecken Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Personalbeurteilung. Hinzu kommt ein Ortszuschlag, der in den Städten bis zu 5850 Franken beträgt; zusätzlich werden Leistungs- und Spontanprämien und weitere Zulagen ausgerichtet. Für 2023 gewährte der Bund zudem 2,5 Prozent Teuerungsausgleich – bei einer Inflation von 2,1 Prozent – und damit deutlich mehr als in der Privatwirtschaft. Auch andere Grosszügigkeiten sind vorgesehen, so eine Beteiligung an den Krippenkosten: Der Bund bezahlt seinen Mitarbeitern bis zu 1500 Franken pro Kind und Monat, und das bis zum Schuleintritt. Anspruchsberechtigt sind Eltern mit einem Einkommen von maximal 240 000 Franken.

Hunderte Millionen Franken sparen

Die neuen Erkenntnisse zu den Lohnprivilegien in der Bundesverwaltung könnten in Kombination mit dem finanziellen Engpass beim Bund nun Bewegung erzeugen; schliesslich machen die Personalkosten mit 6,2 Milliarden Franken (2023) einen beachtlichen Posten des Budgets aus. Als Reaktion auf die IWP-Studie wurden im Parlament mehrere Vorstösse eingereicht, um die «unlauteren Praktiken» zu bekämpfen. So muss das Eidgenössische Finanzdepartement einen Vergleich der Arbeitsbedingungen im öffentlichen und im privaten Sektor erstellen; die Ergebnisse sollen noch dieses Jahr vorliegen.

Mehr Druck gibt es nun durch eine Motion von Jürg Grossen, Präsident der Grünliberalen und Berner Nationalrat. Grossen, selber Unternehmer und bei der Personalsuche im Kanton Bern mit der Konkurrenz durch die Verwaltung besonders gefordert, verlangt vom Bundesrat, dass die Löhne in der Bundesverwaltung künftig marktgerechter sind und nicht stärker steigen als die Durchschnittslöhne der Privatwirtschaft. Zu diesem Zweck sollen die Lohnanpassungen beim Bund zeitlich verzögert erfolgen, wenn die Daten zur Lohnentwicklung im Privatsektor vorliegen. Würde man auf die übermässigen Lohnsteigerungen verzichten, so könnte man, da diese Steigerungen kumulativ wirken, in einigen Jahren mehrere hundert Millionen Franken einsparen, rechnet Grossen vor.

Der Vorstoss kommt möglicherweise gerade zum richtigen Zeitpunkt. Die grünliberale Motion wird von Vertretern der Mitte, der FDP und der SVP unterstützt. Das reicht für eine solide Mehrheit in beiden Räten aus. Ein klares Signal aus dem Parlament könnte den etwas erlahmten Anstrengungen des Bundesrates, das Salärsystem der Bundesverwaltung zu verbessern und vom garantierten jährlichen Lohnanstieg wegzukommen, neuen Schwung geben. Die entsprechenden Arbeiten laufen schon seit Jahren.

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