In einer Medienmitteilung soll die SVP Eritreer pauschal als Gewalttäter verunglimpft und erniedrigt haben. Nun hat das Bezirksgericht in Uster sein Urteil gefällt.
Es war ein folgenreicher Entscheid. Am 30. Juli 2019 publizierte die SVP des Kantons Zürich eine Medienmitteilung mit geharnischtem Inhalt. Der Titel: «Eritreischer ‹Flüchtling› aus Zürich bringt Bub um!»
Das Communiqué brachte der Partei und ihrem damaligen Präsidenten eine Anklage wegen Rassendiskriminierung ein.
Nun, fast sechs Jahre danach, hat das Bezirksgericht in Uster über die Frage entschieden, ob die SVP Eritreer damals pauschal als Gewalttäter verunglimpft und erniedrigt hatte.
Am Mittwoch hat das Gericht sein Urteil bekanntgegeben: Patrick Walder ist nicht schuldig und wird vom Vorwurf der Rassendiskriminierung vollumfänglich freigesprochen. Dem Beschuldigten wird eine Prozessentschädigung von 5000 Franken zugesprochen.
Der Freispruch erfolgte allerdings vor allem deshalb, weil Walder die Verantwortung für die damalige Medienmitteilung nicht rechtsgenügend nachgewiesen werden konnte. Die Beweise dafür seien schlicht zu vage, hielt der Richter bei der Urteilseröffnung fest.
Anders verhält es sich mit dem Inhalt der Medienmitteilung. Einige der Passagen hätten durchaus gegen die Rassismus-Strafnorm verstossen, sagte der Richter. An mehreren Stellen habe die Zürcher SVP eine unzulässige und undifferenzierte Verallgemeinerung vorgenommen. «Es liegt nicht mehr nur eine Übertreibung vor, wie sie im Wahlkampf erlaubt ist.» Vielmehr sei den Lesern des Communiqués zu verstehen gegeben worden, dass alle Eritreer nicht integrierbare Gewalttäter seien.
Der Richter sagte: «Das ist eine pauschale Herabsetzung, die die Menschenwürde verletzt.» Dadurch sei der Straftatbestand der Rassendiskriminierung erfüllt. «Mit der Pauschalisierung wird ein feindseliges, diskriminierendes Verhalten gefördert.»
Eine folgenreiche Medienmitteilung
Die Affäre ausgelöst hatte eine Schreckenstat am Frankfurter Hauptbahnhof. Am 29. Juli 2019 stiess ein psychisch kranker Mann einen achtjährigen Knaben vor einen einfahrenden Zug. Der Angriff endete tragisch. Der Knabe wurde vom Zug überrollt und starb. Bald zeigte sich: Der aus Eritrea stammende Täter war einige Jahre zuvor als Flüchtling in die Schweiz gekommen und lebte im Kanton Zürich.
Für die SVP Grund genug, eine scharf formulierte Mitteilung zu verschicken.
Darin hielt die Partei fest, der Mann habe aus reiner Mordlust gehandelt. Die Tat zeige, «dass es sich bei diesen Personen um nicht integrierbare Gewalttäter handelt, die in der Schweiz nichts verloren haben». Ein solcher Mord könne auch jederzeit in der Schweiz passieren. Die Mitteilung schloss mit der Forderung nach einer restriktiveren Asylpolitik.
Die Wortmeldung der SVP hatte Folgen: Der Eritreische Medienbund Schweiz sowie zwei Privatpersonen reichten Anzeige gegen die Partei ein. Schliesslich übernahm die Staatsanwaltschaft den Fall und erhob Anklage wegen Rassendiskriminierung.
In der Anklage hielt die Staatsanwaltschaft fest, die SVP habe mit der Mitteilung den Eindruck erweckt, Eritreer seien in ihrer Gesamtheit nicht integrierbare Gewalttäter und würden allesamt zu erhöhter Gewaltanwendung neigen. Damit seien sie in ihrem Ansehen verunglimpft und in ihrer Menschenwürde herabgesetzt worden.
Ins Visier nahmen die Ermittler Patrick Walder, zum damaligen Zeitpunkt interimistischer Parteipräsident der SVP des Kantons Zürich. Es wäre seine Pflicht gewesen, strafrechtlich relevante Inhalte zu unterbinden, warf ihm die Anklage vor. Er habe um die Wirkung einer solchen pauschalen Verunglimpfung durch eine Medienmitteilung gewusst.
Und: Er habe negative Ressentiments und die Schaffung eines feindseligen Klimas in der Öffentlichkeit gegenüber Eritreern und eritreischen Asylsuchenden in Kauf genommen.
«Rassistische Hetze»
Die Staatsanwaltschaft forderte deshalb eine Verurteilung wegen Rassendiskriminierung und eine bedingte Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 210 Franken sowie eine Busse von 800 Franken.
Eine der Klägerinnen gab vor Gericht zu Protokoll, dass sie sich noch nie so unerwünscht gefühlt habe wie damals, als sie die Medienmitteilung der SVP gelesen habe. Seit der «rassistischen Hetze der SVP» werde sie immer wieder erniedrigt und mit Vorurteilen konfrontiert.
Walder hingegen sprach vor Gericht von einer politischen Kampagne gegen die SVP. Es sei nie die Absicht gewesen, jemanden zu diskriminieren und Eritreer pauschal zu erniedrigen. Es sei vielmehr darum gegangen, die Asylpolitik des Bundes zu kritisieren. Es sei wichtig, auf Missstände hinzuweisen. Walder verwahrte sich deshalb gegen den Vorwurf, ein Rassist zu sein.
Gegen das nun ergangene Urteil wollen weder Anklage noch Verteidigung Berufung einlegen.
Urteil GG 250 002 vom 20. 5. 25, noch nicht rechtskräftig.