Montag, Oktober 28

Wegen des Verdachts sexueller Übergriffe auf zwei Frauen muss der französische Schauspieler vor Gericht. Ihm droht Gefängnis. Nun wird der Prozess verschoben – Depardieu selbst bittet darum.

(dpa) Der Strafprozess gegen den französischen Schauspieler Gérard Depardieu wegen des Vorwurfs sexueller Belästigung ist auf Bitten des Angeklagten verschoben worden. Das Pariser Strafgericht entschied nach anderthalbstündiger Beratung, erst Ende März in der Sache zu verhandeln. Es kam damit dem Antrag von Depardieus Anwalt Jérémie Assous nach, der wegen des Gesundheitszustands des 75-jährigen Depardieus um einen neuen Termin gebeten hatte. Bis Anfang März muss die Verteidigung des Schauspielers ein medizinisches Gutachten vorlegen.

Wie Verteidiger Assous im Sender France Info zuvor erklärte, haben Depardieus Ärzte diesem verboten, bei der Anhörung zu erscheinen. Der Darsteller bitte um eine Terminverschiebung, um persönlich anwesend sein zu können. Er würde gerne zu Wort kommen, erklärte der Anwalt weiter. Ursprünglich wollte der Pariser Strafgerichtshof an diesem Montag verhandeln. Auch das Urteil war erwartet worden.

Depardieu drohen fünf Jahre Freiheitsentzug

Im Verfahren geht es um zwei Fälle, die sich 2021 bei Dreharbeiten zu dem Film «Les volets verts» (Die grünen Fensterläden) von Regisseur Jean Becker ereignet haben sollen. Die beiden Frauen werfen Depardieu vor, sie an den Brüsten und am Gesäss begrapscht zu haben.

Eine der beiden Klägerinnen, eine Dekorateurin, beschuldigt laut Informationen der Pariser Staatsanwaltschaft den Schauspieler, sie an sich gezogen zu haben, als er in einem Korridor sass und sie an ihm vorbeiging. Dabei soll er sie mit seinen Beinen eingeklemmt, ihr Gesäss, ihr Geschlecht und ihre Brust über ihrer Kleidung berührt haben.

Dabei soll er seine Gesten mit obszönen Bemerkungen begleitet haben. Sie hat im Februar gegen ihn wegen sexueller Übergriffe, sexueller Belästigung und sexistischer Beleidigungen Klage erhoben.

Die zweite Frau, eine Assistentin des Regisseurs, gab laut Staatsanwaltschaft an, dass Depardieu sie am Drehort an Brust und Gesäss berührt haben soll. Zuvor soll er sie bereits auf der Strasse belästigt haben. Sie reichte im März 2024 Klage ein.

Depardieu bestreitet die Vorwürfe. Ihm drohen in dem Verfahren bis zu fünf Jahre Freiheitsentzug und 75 000 Euro Geldstrafe.

Dem Schauspieler drohen weitere Prozesse

Schon seit Jahren melden sich immer wieder Frauen zu Wort, die Depardieu sexueller Übergriffe beschuldigen. Erstmals muss er deshalb nun vor Gericht. Der Fall erfährt in Frankreich für grosse Aufmerksamkeit. Der Gerichtssaal war prall gefüllt, obwohl klar war, dass der Schauspieler selbst nicht erscheinen würde. Vor dem Gericht demonstrierten Dutzende in Unterstützung der klagenden Frauen.

Depardieu droht auch in einem weiteren Fall ein Prozess. So hat ihn 2018 die Schauspielerin Charlotte Arnould verklagt. Seit 2020 wird in diesem Fall ermittelt. An Arnould soll er sich zweimal vergangen haben. In dem Fall könnte Depardieu der nächste Prozess drohen. Der Schauspieler bestreitet die Vorwürfe vollständig. In der Zeitung «Le Figaro» schrieb er: «Niemals, nie habe ich eine Frau missbraucht.»

Die Online-Zeitung «Mediapart», die regelmässig mit Enthüllungsgeschichten für Aufsehen sorgt, veröffentlichte im April 2023 einen Artikel, in dem 13 Frauen ihn sexueller Übergriffe oder unangemessener sexueller Äusserungen beschuldigten. Sie prangern Vorfälle an, die sich hauptsächlich bei Dreharbeiten von Filmen zwischen 2004 und 2022 ereignet haben sollen.

Depardieu bestreitet die Vorwürfe

Depardieu bestreitet die Vorwürfe vollständig. In einem in der Zeitung «Le Figaro» Anfang Oktober 2023 veröffentlichten Brief bezeichnet er sich als Opfer einer «medialen Lynchjustiz». Darin gab er zu, sein ganzes Leben lang «provoziert, übertrieben, manchmal ausfällig» gewesen zu sein, aber kein Vergewaltiger zu sein. Des Weiteren schrieb er, dass Arnould freiwillig mit ihm auf sein Zimmer gegangen sei.

Ende 2023 schockierte Depardieu auch mit frauenfeindlichen und entwürdigenden Kommentaren in dem ausgestrahlten investigativen TV-Magazin «Complément d’enquête» über seine Reise nach Nordkorea, auf der er unter anderem ein Gestüt besuchte.

In der Reportage sagt er vor laufender Kamera während ein junges Mädchen auf einem Pferd im Bild erscheint: «Frauen reiten gerne, weil ihre Klitoris am Sattel reibt». Depardieu behauptet, dass die Bilder aus dem Kontext genommen worden und fiktiv seien. Mitte Oktober hat ein Pariser Gericht angeordnet, ein Gutachten zu erstellen, um festzustellen, ob die Aufnahmen manipuliert wurden.

Depardieu hat in über 200 Filmen gespielt, viele sind zu Klassikern des Kinos geworden, wie «Die Ausgebufften», «Cyrano von Bergerac» und «Die letzte Metro». Seit den sich häufenden Anschuldigungen nehmen jedoch immer mehr Menschen Abstand zu ihm.

France Télévisions, Frankreichs öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt, liess vor Wochen schon wissen, dass man Sendepläne mit Depardieu überprüfen und erst einmal alle Projekte mit ihm auf Eis legen werde. Auch auf eine Zusammenarbeit mit ihm für den Animationsfilm «La plus précieuse des marchandises» von Michel Hazanavicius wurde verzichtet – im gegenseitigen Einvernehmen, wie es hiess.

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