Samstag, Oktober 5

079 heisst das neuste Projekt des Telekomkonzerns, das sich an die junge Kundschaft richten soll. Damit hat die Swisscom es sogar auf die Laufstege von Paris geschafft. Dass ein Staatskonzern sich in die Modewelt wagt, überrascht.

«Mit einem Reissverschluss ist es im Grunde wie mit der Swisscom», sagt Florian Maag. Maag ist Projektleiter bei der Swisscom, doch an diesem Montagabend steht er in einem Studio an der Zürcher Birmensdorferstrasse und zieht eine Daunenjacke aus einem Kleiderständer hervor. «Man beschäftigt sich erst damit, wenn etwas kaputt ist.» Maag zieht den Reissverschluss der Jacke auf und zu, er funktioniert reibungslos.

Er stammt von der Firma Riri, einem Schweizer Traditionsunternehmen – noch etwas, das die Reissverschlüsse mit der Swisscom gemeinsam haben. Nun stellt Riri im Auftrag der Swisscom Reissverschlüsse für Daunenjacken, Parkas und Pullover her, eine Zusammenarbeit, die in den Aufgabenbereich von Florian Maag fällt. Er und seine Kollegin Andrea Burghart sind vor bald einem Jahr gewissermassen von der Unternehmenskommunikation der Swisscom in die Modewelt gewechselt. Gemeinsam verantworten sie das neuste Projekt des Telekomkonzerns: das Label 079.

079 ist als Imagekampagne der Unternehmenskommunikation angelegt, je nach Projektphase umfasst das Team drei bis vier Vollzeitstellen. Zum Budget macht die Swisscom keine Angaben, spricht jedoch von «Kosten im Rahmen einer normalen Kampagne». Was es mit dem Label auf sich hat, ist zunächst gar nicht so einfach zu erfassen. Maag und Burghart sprechen von einer «Plattform», einer «Community». «Über 079 soll sichtbar werden, was alles an Kreativität in der Schweiz steckt», sagt Andrea Burghart. «Wir wollen Kreative zusammenbringen.» Kreativität, das könne alles sein: Künstler, Musiker – oder eben Modedesigner.

Schweizer Mode von Schweizer Designern

Vergangene Woche stellte das Label des Telekomunternehmens in der Galerie Karma im Zürcher Quartier Wiedikon seine erste Kollektion für den Herbst/Winter vor. Es gibt Pullover, Strickkleider, Daunenjacken oder Hemden, alles modern gestaltet, von jungen Designern entworfen. Und fast alles made in Switzerland – was sich auch in den Preisen widerspiegelt. Ein weisses T-Shirt mit Druck gibt es für 79 Franken, für einen Pullover muss man 249 Franken hinlegen. Hier bleibt die Swisscom sich treu.

Unter den Partnerunternehmen in der Schweiz sind neben Riri aus dem Tessin der Haute-Couture-Schneider Topa aus dem Kanton St. Gallen und der Strick-Hersteller Frilo aus Langenthal. Auch die Designer der Stücke stammen aus der Schweiz. «Es gibt so viele kreative Schweizerinnen und Schweizer, die ins Ausland gehen, weil sie dort mehr Möglichkeiten haben», beklagt Florian Maag. «Wir bieten eine Bühne, um ihr Schaffen sichtbar zu machen.»

So auch bei Ottolinger, einem Label von zwei Designerinnen aus Basel, das seinen Sitz in Berlin hat. In Kürze soll eine gemeinsame Kollektion von Ottolinger und 079 in den Verkauf kommen, einzelne Stücke daraus wurden Anfang des Jahres sogar auf der Pariser Fashion Week präsentiert.

In Kontakt mit der jungen Generation

Die Swisscom auf der Fashion Week – wie passt das zusammen? «Mode vernetzt Menschen», ist auf der Website von 079 zu lesen. «Jedes T-Shirt kann kommunizieren.» Mit wem die Swisscom in diesem Fall kommunizieren will, ist klar: mit jungen, modebewussten Menschen, für die der Konzern bisher viel zu «uncool» war.

«Wir wollen eine junge, weltoffene Generation ansprechen», sagt Florian Maag. Das Label sei eine «neue Art der Kommunikation», die man ausprobieren wolle – um auf andere Art und Weise in Kontakt zu kommen. «079 ist kein neues Geschäftsmodell», betont Andrea Burghart. «Jeder Franken, den wir einnehmen, wird wieder in das Projekt gesteckt – sozusagen Non-Profit.» Auf zweieinhalb Jahre ist das Vorhaben angelegt, im Winter 2026 wird die finale Kollektion vorgestellt. Wie es dann weitergeht, ist offen – das Projekt sei «ständig in Bewegung», so Maag und Burghart.

Jeder Schweizer kennt die 079-Vorwahl

Die Nummer 079, so die beiden Projektleiter, sei mit der Identität der Schweiz eng verknüpft. «Der Mobilfunk hat Anfang der 1990er-Jahre einen Umbruch in der Telekommunikation eingeleitet», erzählt Florian Maag. Wer einen Mobilfunkvertrag bei der Swisscom abschloss, erhielt automatische eine Handynummer mit der Vorwahl 079. «Fast jeder Schweizer hat irgendeine persönliche Verbindung mit der Nummer – ob er sie heute noch hat oder nicht.»

Auch der Song «079» des Berner Duos Lo & Leduc handelt davon. Er gilt als einer der grössten Schweizer Hits der letzten Jahre. Der Sänger will darin unbedingt die Nummer einer Frau erhalten, doch diese rückt nicht damit raus. «Gäb si mir wenigschtens d Vorwau», heisst es darin, «De gäbs nume no zehn Millione Kombinatione.» Das sind mehr 079-Nummern, als es überhaupt Schweizer gibt.

Lo & Leduc - 079

Halb versteckt, aber doch dabei

Dass hinter dem Label 079 die Swisscom steckt, ist erst auf den zweiten Blick ersichtlich. «Eine Initiative der Swisscom», so heisst es auf der 079-Website, das Logo des Telekomkonzerns sucht man vergeblich. Stattdessen prangt auf vielen Kleidungsstücken eine stilisierte SIM-Karte über der Nummer. «Man versteckt sich nicht, schreit es aber auch nicht heraus», sagt Andrea Burghart. «Eine erste Marktforschung hat gezeigt, dass die Nummer sehr wohl mit der Swisscom in Verbindung gebracht wird.»

Auch die Lancierung geschah ganz langsam, ohne grosse Kommunikation seitens der Swisscom. Das Marketing läuft, zielgruppengerecht, vor allem über Social Media. Für die Kampagne wurden Schweizer Promis wie der Rapper Stress und der Tennisprofi Dominik Stricker engagiert. Im April kamen die ersten Kleidungsstücke auf den Markt, im Sommer folgte eine Sonderkollektion zur Fussball-EM. Nun ist die erste «richtige» Kollektion erhältlich – online, aber zunehmend auch in den Läden.

Seit vergangener Woche sind die Kleidungsstücke bei Jelmoli ausgestellt, auch Les Deux in Zug und Doodah in Basel haben 079 im Angebot. Weitere Läden sollen folgen. «Wir wollen, dass man die Sachen in die Hand nehmen und anprobieren kann», sagt Florian Maag. «Gerade auch weil das mit klassischen Swisscom-Produkten wie TV, Internet- oder Mobilfunkverträgen nicht geht.» Dann muss es wohl Mode sein. Ob die schwerfällige Swisscom mit der hippen Modewelt Schritt halten kann, wird sich zeigen. Falls nicht, bleiben ja noch die Mobilfunkverträge – ob mit oder ohne 079-Nummer.

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