Mittwoch, März 19

Donald Trump drängt zu einem Waffenstillstand in der Ukraine. Doch in einem Telefongespräch konnte er dem Kremlchef Putin am Dienstag nur zwei Zugeständnisse abringen: Moskau will Kiews Kraftwerke vorerst verschonen und über eine maritime Waffenruhe sprechen.

Das zweite offizielle Telefongespräch zwischen dem amerikanischen Präsidenten und dem Kremlchef Wladimir Putin wurde am Dienstag mit Spannung erwartet. Donald Trump drängt zu einer bedingungslosen Waffenruhe in der Ukraine, die zunächst mindestens 30 Tage dauern soll. Kiew konnte Trump für diesen Vorschlag bereits gewinnen, indem er kürzlich die Waffenlieferungen an die Ukrainer zurückhielt. Nun lag der Ball beim Kremlchef Wladimir Putin. Dieser musste zeigen, ob er ebenfalls bereit ist, die Waffen schweigen zu lassen.

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Rund zwei Stunden sprachen Trump und Putin. Doch am Ende blieb das Resultat bescheiden. Putin beharrt weitgehend auf seinen Maximalforderungen. Um den amerikanischen Präsidenten nicht ganz mit leeren Händen zurückzulassen, machte er aber ein substanzielles Zugeständnis: Er willigte ein, seinen Streitkräften sofort den Befehl zu geben, in den nächsten 30 Tagen die ukrainische Infrastruktur für die Energieversorgung nicht mehr anzugreifen. Putin stimmte zudem Verhandlungen über «die konkreten Details» einer Waffenruhe im Schwarzen Meer zu.

Einstellung der Waffenlieferungen ist «Schlüsselbedingung»

Der russische Staatschef informierte Trump zudem über den gegenseitigen Austausch von jeweils 175 Soldaten zwischen Moskau und Kiew am 19. März. Zusätzlich würden als «Geste des guten Willens» auch 23 schwerverletzte ukrainische Soldaten übergeben, die sich in russischen Spitälern befänden. Putin schlug Trump zudem vor, Eishockeyspiele durchzuführen mit Spielern aus der amerikanischen NHL und der russischen KHL. Der amerikanische Präsident soll dies begrüsst haben.

Während das Weisse Haus eine sehr knappe Zusammenfassung des Anrufs veröffentlichte, listete der Kreml in seiner Pressemitteilung seine Forderungen nochmals klar auf. Russland wolle eine friedliche Lösung des Konflikts, aber dafür müssten dessen «ursprüngliche Gründe» berücksichtigt werden, betonte Putin im Gespräch mit Trump. Im Klartext bedeutet dies, dass die Ukraine auf eine Integration in die Nato und auch die EU verzichten muss und am Ende im besten Fall ein von Moskau gesteuerter Vasallenstaat sein soll.

Putin verlangte zudem als «Schlüsselbedingung» eine «vollständige Einstellung» der ausländischen Militärhilfe und der Lieferung von Geheimdienstinformationen an Kiew, um eine Eskalation des Konflikts zu verhindern und eine diplomatische Lösung zu ermöglichen. Die Ukraine müsse zudem die Mobilisierung neuer Soldaten einstellen. Der Kremlchef betonte gegenüber Trump, dass das «Kiewer Regime» keine friedliche Einigung wolle und frühere Übereinkünfte wiederholt «sabotiert» habe.

Vor dem Telefonanruf hatte sich die amerikanische Seite optimistisch gezeigt, dass sich eine baldige Lösung abzeichnen könnte. Trump meinte, er wolle mit Putin bereits darüber reden, welche Territorien die Ukraine abgeben könnte. Doch gemäss der russischen Pressemitteilung haben sich die beiden Seiten nun lediglich auf die Bildung einer «russisch-amerikanischen Expertengruppe» geeinigt, um die offenen Fragen zu lösen. Dies scheint zu bedeuten, dass die Ukraine bei diesen Gesprächen erneut ausgeschlossen würde.

Neben der Ukraine sprachen die beiden Präsidenten auch über den Nahen Osten. Es würden gemeinsame Anstrengungen unternommen, um die Brennpunkte in der Region zu stabilisieren, hiess es in der russischen Presseerklärung. Das Weisse Haus betonte das grosse Potenzial einer künftigen russisch-amerikanischen Kooperation für die «geopolitische Stabilität» und «enorme wirtschaftliche Deals».

Selenski ist bereit zu partieller Waffenruhe

In einem Post auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social zeigte sich Trump nach dem Gespräch trotz den geringen Fortschritten optimistisch. Der Anruf sei «sehr gut und produktiv» gewesen. Beide Seiten gingen nun davon aus, dass sie schnell auf eine «komplette Waffenruhe» hinarbeiten würden. Doch dies muss sich noch zeigen. Trump hatte versprochen, dass er in der Ukraine einen Frieden «innerhalb von 24 Stunden» vermitteln könne. Nun ist er zwei Monate im Amt.

In einer ersten Reaktion zeigte sich der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski bereit, die russische Energieinfrastruktur ebenfalls zu verschonen. Er wolle die Details aber zuerst mit Trump besprechen. Im Grunde hatte Selenski jedoch selbst zunächst eine partielle Waffenruhe zur See und für weitreichende Angriffe in der Luft vorgeschlagen. Doch Washington verlangte von ihm, dass er in eine bedingungslose und vollständige Waffenruhe einwilligt. Selenski wäre bereit dazu, aber Putin offensichtlich noch nicht.

Würde Trump die russischen Bedingungen akzeptieren, könnte der Ukraine womöglich ein ähnliches Szenario wie bei früheren Waffenstillständen mit Russland drohen. Ohne westliche Sicherheitsgarantien und Waffenlieferungen an Kiew wäre die Versuchung für Putin gross, einen neuen Angriff auf das Nachbarland zu unternehmen.

Um ein solches Szenario auszuschliessen, müsste Washington nun auch Druck auf Moskau ausüben. Doch bisher hat Trump lediglich mit weiteren Wirtschaftssanktionen gegen Moskau gedroht, während er immer weitere Konzessionen gegenüber Putin machte. Am Montag informierten die USA ihre europäischen Partner, dass sie sich aus einer multilateralen Gruppe zur Untersuchung von russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine zurückziehen. Offenbar auf Putins Wunsch zog Trump seinen Unterhändler Keith Kellogg am Samstag endgültig von den Friedensgesprächen mit Moskau ab. Der ehemalige Generalleutnant galt dem Kremlchef als zu Ukraine-freundlich.

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