Montag, Oktober 7

Das Zürcher Medienhaus konzentriert sich auf seine vier stärksten Medientitel. Wie der Stellenabbau auf den Redaktionen aussehen wird, ist noch offen.

Die Unruhe in den Tamedia-Redaktionen war schon in den letzten Tagen gross, befürchtet wurde ein «Sparhammer» oder ein «Kahlschlag». Nun ist klar: Das Medienhaus, das unter anderem den «Tages-Anzeiger», den «Bund» oder die «Basler Zeitung» herausgibt, wird stark abbauen. Das Zürcher Medienhaus streicht insgesamt 290 von 1400 Stellen, schliesst zwei von drei Druckereien und konzentriert sich im Digitalen auf seine vier stärksten Medientitel.

Betroffen sind die Druckzentren in Lausanne und in Zürich, die bereits im März 2025 beziehungsweise Ende 2026 schliessen sollen. Der Standort Bern soll ausgebaut werden, um den eigenen Titeln sowie den externen Kunden – zu denen auch die NZZ gehört – «langfristige Produktionssicherheit» zu bieten. Anfang Jahr hatte die «NZZ am Sonntag» noch berichtet, dass alle Druckereien bis im Jahr 2032 geschlossen werden sollen. An einer Pressekonferenz hiess es nun, für die letzte verbleibende Druckerei in Bern gebe es «kein Ablaufdatum». Durch die Schliessung der anderen zwei Druckereien werden 200 Vollzeitstellen abgebaut. Daran führe kein Weg vorbei, hiess es, denn die Druckereien seien im Durchschnitt nur noch zu knapp 50 Prozent ausgelastet.

Neue Reichweiten-Strategie

Zu grundlegenden Änderungen kommt es auch bei den Medientiteln von Tamedia. Die beiden Angebote «# 12 App» und «Verkehrsmonitor» werden eingestellt. Um die Reichweite erhöhen zu können, setzt das Medienunternehmen künftig im Digitalen auf die vier stärksten Marken: «Tages-Anzeiger», «BZ Berner Zeitung», «Basler Zeitung» und «24 heures». Die beiden Traditionstitel «Bund» und «Tribune de Genève» sollen ihren eigenen digitalen Auftritt behalten. Tamedia-Titel mit weniger Reichweite (darunter die Zürcher und Berner Regionalzeitungen wie «Landbote», «Zürichsee-Zeitung» oder «Thuner Tagblatt») sollen «digital mit unterschiedlichen Konzepten in die vier grossen Plattformen integriert werden».

Konkret bedeutet das für die Leserinnen und Leser von «Zürichsee-Zeitung» oder «Thuner Tagblatt», dass sie regionale Inhalte künftig als Menu unter www.tagesanzeiger.ch oder www.bernerzeitung.ch finden werden. Am Printangebot soll sich hingegen nichts ändern. Auf Papier bleiben auch kleine Titel wie der «Sihltaler» bestehen. Das dürfte zum einen mit der indirekten Presseförderung des Bundes zu tun haben, zum andern mit der Tatsache, dass auch bei Tamedia die Printprodukte noch mehr Geld abwerfen als die digitalen.

Auch der Umbau bei den Redaktionen ist mit einem Personalabbau verbunden. Betroffen sind – unter Vorbehalt des Ergebnisses des gesetzlich vorgeschriebenen Konsultationsverfahrens – 90 Vollzeitstellen. Auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Redaktionen sollen die Kündigungen mit Sozialplänen oder Frühpensionierungen abgefedert werden. Auf welchen Redaktionen genau gespart werde und wie die Aufteilung zwischen Welschschweiz und Deutschschweiz aussehen werde, sei noch offen, hiess es an der Pressekonferenz.

Parallel zu der Umstrukturierung bei den Druckereien und den Redaktionen stellt sich Tamedia im Bereich der Werbevermarktung neu auf. Unter dem Namen Tamedia Advertising werden ab Anfang 2025 auch die Teams von Goldbach Premium Publishing integriert. Der Mutterkonzern hatte die Vermarkterin Goldbach Group 2018 übernommen.

Überraschend kommt der radikale Umbau bei Tamedia nicht. Das Verlagshaus hatte bereits im vergangenen Herbst einen Stellenabbau angekündigt. In der Westschweiz war der Abbau von 28 Stellen verkündet worden, in der Deutschschweiz traf es 20 Stellen. Der Stellenabbau war Teil eines Sparpakets von insgesamt 6 Millionen Franken.

«Digitale Transformation beschleunigen»

Die neue Strategie wurde unter der Medienmanagerin Jessica Peppel-Schulz entwickelt. Die gebürtige Hamburgerin ist seit Herbst 2023 CEO von Tamedia. An der Pressekonferenz sagte sie, das Unternehmen Tamedia müsse jetzt «neu aufgestellt» werden. Ziel der Umstrukturierung ist es, die digitale Transformation zu beschleunigen, um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen. Dafür sollen auch neue Stellen für Spezialisten geschaffen werden. Die Betriebsgewinn-Marge bei Tamedia liegt derzeit bei 2,6 Prozent. Wie an internen Informationen bekanntwurde, soll das Ziel bei 8 bis 10 Prozent liegen.

Für die Umsetzung der neuen Strategie hat Tamedia das Management neu organisiert. Neben Peppel-Schulz besteht die Chefetage aus dem publizistischen Leiter Simon Bärtschi, Marc Isler, der neu die Bereiche Consumer Business und Advertising verantwortet, Patrick Rexroth (Chief Digital Officer) und Franz Bürgi (Chief Information Officer).

Tamedia ist ein Unternehmen der TX Group. Bei ihm sind die Bezahlmedien vereinigt. Die Gratismedien um «20 Minuten» bilden eine eigene Einheit. Die TX Group, die sich auch an Online-Marktplätzen wie Jobs, Ricardo, Homegate oder Scout24 beteiligt, hielt ihren Umsatz im ersten Halbjahr 2024 dank einer Übernahme stabil bei 461 Millionen Franken. Organisch sank der Umsatz der Gruppe im Vergleich zur Vorjahresperiode aber um rund 6 Prozent. Sowohl die Werbeeinnahmen bei Tamedia und «20 Minuten» als auch das Druckgeschäft entwickelten sich rückläufig. Die Betriebsgewinn-Marge der TX Group belief sich auf 5,1 Prozent.

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