Mittwoch, Januar 22

Bei der Online-Apotheke bleibt eine Trendwende weiterhin aus. Der Abstand zum Konkurrenten Redcare Pharmacy wächst dramatisch. DocMorris strapaziert die Geduld der Anleger.

Geschätzte Leserin, geschätzter Leser

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

Themarket.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Nicht schon wieder – das dürfte leidgeprüften Anlegerinnen und Anlegern angesichts der derzeitigen finanziellen Entwicklung von DocMorris durch den Kopf gehen. Mir geht es nicht anders. Es ist gerade einmal zwei Jahre her, dass die Online-Apotheke nach monatelanger Hängepartie den finanziellen Kollaps abwenden konnte – zunächst mit Kapitalmassnahmen, dann mit dem Verkauf des Schweizer Geschäfts. Die verspätete Einführung des E-Rezepts in Deutschland hatte dem Unternehmen mit Sitz in Frauenfeld fast das Genick gebrochen.

Ich schrieb damals, dass sich DocMorris mit den erhaltenen Mitteln und dem Fokus auf Deutschland eine zweite Chance beschafft hat. Zwei Jahre später lautet das ernüchternde Zwischenfazit: DocMorris läuft Gefahr, diese Chance zu verspielen. Die heute Dienstag publizierten Umsatzzahlen für das vierte Quartal lassen noch immer keine wirkliche Trendwende erahnen, die finanzielle Lage dürfte sich schon bald wieder verschärfen.

DocMorris wird von Redcare abgehängt

Für die Aktionäre ist das vor allem eines: frustrierend. Das gilt in erster Linie für das Geschäft mit verschreibungspflichtigen Medikamenten (Rx), dem zentralen Bestandteil des Investment Case. Trotz verstärkter Marketingaufwendungen ist das Rx-Segment im Schlussquartal nur um magere 16,6% auf 53 Mio. Fr. gewachsen. Das ist noch weniger als die ohnehin wenig ambitionierten Analystenschätzungen.

Doch noch bitterer wird es, wenn man den Vergleich zum Konkurrenten Redcare Pharmacy zieht: Die Deutschen meldeten vorletzte Woche für das vierte Quartal ein Umsatzplus im Rx-Geschäft von 142% auf knapp 100 Mio. €. Das Geschäft mit verschreibungspflichtigen Medikamenten ist bei Redcare also fast doppelt so gross, und wächst dennoch um ein Vielfaches schneller.

Dass DocMorris in der heutigen Mitteilung betont, das Wachstum des Rx-Geschäfts habe sich im Dezember bis zur Weihnachtswoche um 30% fortgesetzt und in den ersten Wochen 2025 sogar beschleunigt, mag erfreulich sein. Gleichzeitig zeigt es jedoch, dass man bei DocMorris derzeit jeden Strohhalm ergreift – oder ergreifen muss –, um Zuversicht zu verbreiten. Es wirkt fast wie ein Appell an die Aktionäre: Bitte noch ein wenig durchhalten, die Trendwende naht.

Marketingausgaben ohne Wirkung?

Doch die mageren 16,6% Umsatzwachstum im Rx-Geschäft sprechen eine deutliche Sprache. Es ist mir ein Rätsel, wohin die im vierten Quartal ausgeweiteten Marketingausgaben von DocMorris eigentlich fliessen. Als ich mich zuletzt einige Wochen in Deutschland aufhielt, war Günther Jauch allgegenwärtig. Egal, ob im Fernsehen oder auf Plakaten am Bahnhof – überall hielt er sein Handy mit der App des DocMorris-Konkurrenten Redcare in die Kamera. Von DocMorris hingegen fehlte jede Spur.

Etwas überspitzt formuliert: Als uninformierter Konsument in Deutschland schwirren mir Günther Jauch und seine Redcare-App im Kopf herum, während ich nicht einmal wüsste, dass DocMorris überhaupt existiert. Klar ist, die stärkere Präsenz der Deutschen auf den Werbeflächen ist ihrer finanziell komfortablen Lage zuzuschreiben. Das vergrössert meine Fragezeichen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung von DocMorris jedoch noch weiter.

Braucht es erneut Kapitalmassnahmen?

Stand Ende 2024 beziffert das Unternehmen seine liquiden Mittel auf 95 Mio. Fr. Wie ich gehört habe, lautete die meistgestellte Frage an DocMorris auf der Baader Swiss Equities Conference vorletzte Woche: Wie will das Unternehmen bei einem voraussichtlich weiterhin negativen freien Cashflow 2025 und 2026 die im September nächsten Jahres fällige Wandelanleihe über 95 Mio. Franken zurückzahlen? CEO Walter Hess und sein CFO Daniel Wüest sollen betont haben, dass man in der komfortablen Situation sei, das Ausmass der Verluste aktiv steuern zu können, da diese grösstenteils von den Marketingausgaben der Gruppe abhängen.

Das Problem ist aber: DocMorris muss ins Marketing investieren, um bekannter zu werden, den Umsatz zu steigern und damit endlich nachhaltig profitabel zu werden. Auch wenn das Unternehmen betont, durch den Verkauf nicht betriebsnotwendiger Immobilien noch rund 10 bis 50 Mio. Fr. erzielen zu können, halten Marktbeobachter erneute Kapitalmassnahmen für unausweichlich. Das spiegelt sich auch im steigenden Interesse der Leerverkäufer. Ende Dezember waren 45% aller ausstehenden Aktien ausgeliehen, womit man unangefochten den Spitzenplatz an der Schweizer Börse belegt.

Die DocMorris-Aktien verlieren heute rund 4% und notieren bei etwas über 20 Fr. Auf Sicht von zwölf Monaten beträgt das Minus rund 75%. Am 13. März präsentiert das Unternehmen seinen vollständigen Zahlenkranz. Der Markt wird dann genau hinhören, ob und was das Management zu den Entwicklungen in den ersten Monaten 2025 zu sagen hat. Bis dahin bleibt DocMorris weiterhin den Beweis einer Trendwende schuldig.

Freundlich grüsst im Namen von Mr Market

Henning Hölder

Exit mobile version