Die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD stehen unter keinem guten Stern: Differenzen in der Steuer-, der Unternehmens- und der Migrationspolitik machen den Verhandlern zu schaffen.
Die Erlaubnis zum Schuldenmachen hat sich das künftige Bündnis aus CDU, CSU und SPD mit der Verfassungsänderung erfolgreich gesichert. Man könnte meinen, dass die Koalitionsverhandlungen geschmeidig laufen sollten. Doch das Gegenteil scheint der Fall zu sein.
So hat der SPD-Generalsekretär Matthias Miersch im Gespräch mit der «Bild am Sonntag» klargemacht, dass er für eine Wiedereinführung der E-Auto-Prämie ist. Miersch sagte wörtlich: «Ich bin auf alle Fälle für einen Kaufanreiz. Gerade für Menschen, die nicht ein neues Auto einfach mal so kaufen können.» Dabei hatte die alte Bundesregierung die Förderung beendet. Der staatliche Zuschuss für E-Autos ist eine von vielen Subventionen, deren Umfang von Ökonomen seit Jahren kritisiert wird.
Es ist nicht der einzige Streitpunkt in der Wirtschaftspolitik, der für Unstimmigkeiten sorgt. Laut der «Bild»-Zeitung drängt die SPD auf eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 47 Prozent. Dieser Steuersatz greift derzeit ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 68 481 Euro. Auch der Höchststeuersatz, auch als Reichensteuer bezeichnet, soll nach den Vorstellungen der SPD von 45 auf 49 Prozent angehoben werden.
Im Gegenzug plant die SPD, mittlere und niedrige Einkommen steuerlich zu entlasten. Konkrete Details zu diesen Plänen fehlen aber. Die von der SPD vorgeschlagene Vermögenssteuer wurde laut Berichten von der Union abgelehnt.
Eine weitere Streitfrage ist die Unternehmensbesteuerung. Während die SPD frühestens ab 2029 eine Senkung der Unternehmenssteuern in Betracht zieht, betrachten CDU und CSU diesen Zeitpunkt als viel zu spät und unzureichend. Eine Einigung in dieser Frage scheint derzeit nicht in Sicht, und jedes Zugeständnis der Union würde die ohnehin hohe Steuerlast in Deutschland weiter erhöhen.
Migrationspolitik als Zankapfel
Auch in der Migrationspolitik scheinen Konservative und Sozialdemokraten nur schwer zueinanderzufinden. Der CDU-Chef und designierte Kanzler Friedrich Merz hatte im Wahlkampf eine radikale Abkehr von der bisherigen Asylpolitik versprochen. Bereits am ersten Amtstag wollte Merz die Richtlinienkompetenz nutzen, um Migranten, die ein Asylgesuch stellen, von der Bundespolizei zurückweisen zu lassen.
Die Massnahme hätte zu einem spürbaren Rückgang von Asylanträgen aus Hauptherkunftsländern wie Syrien, dem Irak, Afghanistan und der Türkei führen können. Im vergangenen Jahr stellten rund 250 000 Menschen in Deutschland einen Asylantrag.
Von diesem strikten Kurs scheint die Union sich bereits verabschiedet zu haben. Das Sondierungspapier der Koalitionsverhandlungen sieht vor, dass Zurückweisungen in Abstimmung mit den europäischen Partnern erfolgen sollen – das lässt viel Interpretationsspielraum. Die SPD lehnt es laut mehreren Medienberichten strikt ab, Asylmigranten, die bereits durch sichere Drittstaaten gereist sind, konsequent an der deutschen Grenze zurückzuweisen.
Auch die sogenannte Brot-Bett-Seife-Regelung, nach der abgelehnte Asylbewerber nur noch Unterkunft und Verpflegung erhalten sollen – anstelle von rund 500 Euro monatlich, die Asylbewerbern heute in Deutschland zustehen –, wollen die Sozialdemokraten verhindern. Stattdessen plädiert die Arbeitsgruppe Migration dafür, die Abschiebungen für die über 200 000 Ausreisepflichtigen auszusetzen.
Sollten sich die Sozialdemokraten mit ihrer Haltung zur Migrationspolitik durchsetzen, würde dies das von der Union versprochene Vorhaben einer grundlegenden Wende in der Asylpolitik torpedieren. Auch in wirtschaftspolitischen Fragen, insbesondere bei der Steuerpolitik und der Unternehmensbesteuerung, liegen die Parteien weltanschaulich weit auseinander. Nicht einmal die vereinbarte Erlaubnis zur Neuverschuldung scheint diese Meinungsverschiedenheiten überdecken zu können.