Donnerstag, November 28

Eine neue Studie stellt fest: Positive Reiseerlebnisse fördern die Gesundheit, negative schaden ihr. Alles eine Frage der Einstellung, findet unser Autor – und schlägt selbst aus dem Jetlag noch gesundheitliches Kapital.

Es war ein Gefühl unendlicher Erleichterung, als ich am vergangenen Sonntag endlich den Sicherheitsgurt öffnen konnte. Gut achteinhalb Stunden in der Konservenbüchsenklasse lagen hinter mir, als die wie immer vollbesetzte – um nicht zu sagen: vollgestopfte – Boeing auf der Landebahn des heimischen Flughafens aufsetzte.

«Hauptsache, gesund»

In dieser Kolumne werfen Autorinnen und Autoren einen persönlichen Blick auf Themen aus Medizin und Gesundheit.

Eine Welle der Euphorie durchströmte mich, genährt zweifellos durch die Erkenntnis, dass nun, nach einer siebentägigen Kongressreise, dem Wiedersehen mit Frau, Kindern und Hund nichts mehr im Wege stand. Dass sich vor den Schaltern der Einwanderungsbehörde meiner amerikanischen Wahlheimat an diesem Abend nicht einmal der Ansatz einer Schlange fand und ich nach kaum 60 Sekunden der Kontrolle von dem freundlichen Uniformierten mit einem «Welcome home!» meines Weges geschickt wurde, löste einen neuerlichen Schub von Glückshormonen aus.

Positive Reiseerlebnisse verlangsamen den Alterungsprozess

Reisen kann glücklich machen – wenn alles gut verläuft. Dass es auch gesundheitlich positive Konsequenzen haben kann, legt eine neue Arbeit von Forschern der Edith Cowan University im australischen Perth nahe. Laut dieser Studie kann Reisen – es geht um primär touristische Erlebnisse, weniger um berufliche Trips – in der Diktion der Wissenschafter dabei helfen, einen «Status körperlicher Gesundheit» beizubehalten.

Die Quintessenz der Studie: Positive Reiseerlebnisse verlangsamen den Alterungsprozess, indem sie «das körperliche und geistige Wohlbefinden des Einzelnen verbessern». Das geschehe beispielsweise, wenn man neue Orte und Umgebungen kennenlerne, sich vermehrt körperlich betätige oder menschliche Gesellschaft suche – und generell durch «die Förderung positiver Gefühle».

Gerade in den Ferien kommunizieren wir typischerweise mehr und angeregter mit fremden Menschen, auch solchen aus wenig vertrauten Kulturen, als im heimischen Alltag – etwas, das wie Freundschaften im Allgemeinen als gesundheitsförderlich gilt.

Freilich weisen die Autoren darauf hin, dass das Reisen auch mit Risiken verbunden ist und ein negativer Verlauf gesundheitlich auch nachteilig sein kann. Indes hätten speziell auf die Gesundheit zugeschnittene Reisekonzepte wie Wellness- und Yoga-Reisen das Potenzial, zu einer längeren Lebenserwartung beizutragen.

Es kommt darauf an, was man daraus macht

Auch wenn ich auf dem jüngsten Kongress keine Wellness betrieben habe – allein, dass ich den langen Trip erfolgreich hinter mich gebracht habe, hinterlässt ein gutes Gefühl. Und selbst ein oft beklagter Nebeneffekt von Langstreckenflügen bringt mir noch einen Benefit. Ich kultiviere nämlich meinen Jetlag, geniesse das frühe Aufstehen, eine erste Tasse Tee und eine halbe Stunde mit einem Buch, während alle anderen noch schlafen und draussen herbstliche Dunkelheit herrscht.

Benjamin Franklin mag an einen solchen Rhythmus gedacht haben, als er den Ratschlag gab: Early to bed and early to rise makes a man healthy, wealthy and wise. Auch wenn sich die beiden letzteren Zustände bei mir noch nicht eingestellt haben – vielleicht fördert das gute Gefühl nach meiner problemlosen Reise zumindest meine Gesundheit.

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